Tempus (German Edition)
Kleon auf ein Gebäude zeigte, schüttelte ich nur stumm den Kopf.
»Jetzt waren wir bei allen Gasthöfen, die es in der Umgebung gibt.« Kleon blieb stehen und kratzte sich nachdenklich am Kopf. »Bist du sicher, dass keiner davon der richtige war?«
»Ja, ich bin mir ganz sicher«, sagte ich leise. Ich war von dem sinnlosen Suchen völlig erschöpft und durstig. Am Schlimmsten fand ich aber die Aussicht, Hedda und Erik niemals wiederzusehen. Ich war gefangen in einer anderen Zeit und an einem Ort, in dem es laut war und stank. Rom gefiel mir von Minute zu Minute weniger.
Direkt neben uns brach auf einmal ohne erkennbaren Grund ein Tumult aus. Ehe ich mich versah, hatten sich schreiende Menschen zwischen Kleon und mich gedrängt. Nur noch kurz konnte ich sein Gesicht in der Menge ausmachen, dann war es verschwunden.
»Keine Sorge, mein Täubchen, bei mir bist du in Sicherheit.« Der schmierige Kerl, der vorhin meinen Arm getätschelt hatte, stand wie aus heiterem Himmel neben mir und zog mich in ein kleines Haus auf der anderen Straßenseite.
Ich versuchte, mich aus seinem Griff zu befreien und rief so laut ich konnte: »Lass mich los!« Vergebens. In dem Getümmel gingen meine Schreie unter. Niemand nahm Notiz von mir. Der Mann schubste mich in aller Seelenruhe in einen dunklen, übel riechenden Raum.
»Lass mich los«, schrie ich erneut.
»Nun hab dich doch nicht so«, sagte er und verzog seine Lippen zu einem bösartigen Lächeln. Schlechter Atem schlug mir entgegen. Angewidert verzog ich das Gesicht und trat ihm mit aller Kraft gegen das Schienbein.
»Na, na, du kleine Kratzbürste!« Er gab mir einen Stoß gegen die Brust, sodass ich auf ein Bett fiel, das sich direkt hinter mir befand. Breitbeinig stand der Mann vor mir und blickte auf mich herab. Er hatte fettige Haare und einen dicken Bauch. Mit einem schnalzenden Geräusch knotete er seinen Ledergürtel auf und ließ ihn durch seine Finger gleiten. Sie waren dreckig und dick.
Panisch sah ich mich in dem dunklen Raum nach einer Fluchtmöglichkeit oder Waffe um. Der Mann verfolgte meinen Blick und grinste hämisch. Schritt für Schritt kam er auf mich zu. Ich rutschte auf dem Bett, das an einer Wand stand, so weit ich konnte nach hinten.
»Wenn du mir etwas tust, dann ...«, drohte ich halbherzig.
»Was dann? Deine Kleidung sieht sonderbar aus«, stellte er unvermittelt fest. Er musterte mich von oben bis unten und ließ abermals den Ledergürtel durch seine Hände gleiten. »Besser du machst keine Schwierigkeiten!«
Jetzt oder nie! Ich schnellte von dem Bett hoch und versuchte, mich mit aller Kraft an dem Fiesling vorbei in Richtung Haustür zu drängeln. Er hatte offenbar damit gerechnet und fing mich mit seinen Armen ab. Nach einem kurzen Gerangel, das ihm Spaß zu machen schien, schleuderte er mich mit voller Wucht auf das Bett zurück. Ich landete unsanft auf dem Po, kippte nach hinten über und haute mit dem Kopf hart gegen die Wand. Für einen kurzen Augenblick wurde mir schwarz vor Augen. Nur das Keuchen des Mannes nahm ich wahr. Es kam bedrohlich näher und näher. Als ich wieder klar sehen konnte, machte der Kerl gerade Anstalten, seine Tunika hochzuheben. Angeekelt wandte ich den Kopf ab.
»Wie gesagt: Besser du machst keine Schwierigkeiten«, knurrte er.
»Das rate ich dir auch!« Kleon tauchte völlig unerwartet mit einem Knüppel bewaffnet im Türrahmen auf. Wo hatte er den auf einmal her? Noch nie hatte ich mich über seinen Anblick so gefreut wie in dieser Sekunde. Ich schickte ein Dankgebet zum Himmel.
Der Mann drehte sich zu Kleon um. »Was hast du hier zu suchen? Das ist mein Haus«, herrschte er ihn an.
»Schon möglich«, meinte Kleon mit leiser Stimme, »aber es ist nicht dein Mädchen. Elina, komm wir gehen!«
»Hier geht niemand, wenn ich es nicht erlaube.« Der Mann griff nach einem Messer, das auf einer Bank lag.
»Wie du meinst«, hörte ich Kleon sagen. Voller Entsetzen sah ich, wie er den Knüppel sinken ließ und auf dem Absatz kehrtmachte. Mir blieb fast das Herz stehen. Kleon ließ mich allein! Einfach allein. Bei diesem grauenvollen Mann. Das konnte er doch nicht machen! Er konnte doch nicht einfach weggehen. Aber er tat es, er ließ mich im Stich.
»Ach, übrigens«, Kleon blickte kurz über die Schulter, »das Mädchen steht unter dem persönlichen Schutz von Senator Lucius Sulla. Erwähnte ich das schon?« Herablassend musterte er den Raum, um mit gelangweilter Stimme fortzufahren. »Zufällig weiß ich,
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