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Tempus (German Edition)

Tempus (German Edition)

Titel: Tempus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maud Schwarz
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lange hatte warten lassen. Sie kam zu spät. Sie war selbst schuld daran, wenn ich ihr nichts über mich und meine Gehirnerschütterung erzählte! Ich wollte einfach nur noch meine Ruhe haben.
    Ich hörte, wie Filippa leise zu ihrem Bett tappte, sich auszog und hinlegte, während ich mit geschlossenen Augen über meine Zukunft nachdachte. Eine Zukunft, die aller Wahrscheinlichkeit nach in der Vergangenheit lag. Eine beklemmende Vorstellung.

Marcius’ Botschaft

    Gleich nach dem Aufstehen kam Kleon zu uns ins Zimmer. Da es keine Tür gab, an die er klopfen konnte, kündigte er sich durch ein Räuspern an.
    »Der junge Herr lässt dir ausrichten, dass du als Gast in diesem Haus bleiben darfst. Allerdings bittet er dich, das Anwesen von Senator Lucius nicht zu verlassen. Wann immer du in die Stadt willst, sollst du Bescheid sagen, damit dich einer von uns begleitet.« Kleon stand vor dem Schemel, auf dem ich gerade saß und mir die Haare kämmte, und sah mich eindringlich an. »Ich hoffe, du begreifst, welche Gunstbezeugung das ist. Du hättest auch als Sklavin enden können.«
    Mein Mund zuckte. Ich konnte mich nicht entscheiden, ob ich nach Luft schnappen oder Kleon eine scharfe Antwort servieren sollte. Den letzten Satz hätte er sich wirklich sparen können – er war eine unnötige Gemeinheit. Eigentlich hatte ich nach den gestrigen Ereignissen gehofft, unser Verhältnis hätte sich gebessert, doch da hatte ich mich wohl wie so oft getäuscht. Andererseits ahnte ich, dass Marcius’ Anordnung für ihn und Filippa sehr verletzend sein musste. Ausgerechnet ich, die Fremde, galt als Gast, während sie Sklaven waren und blieben. Nützliches Handwerkszeug und Handelsware. Mehr nicht.
    Ich beschloss, einfach nur tief durchzuatmen.
    »Warum hat mir Marcius das nicht selbst mitgeteilt?«, fragte ich Filippa, kaum dass Kleon gegangen war. Über Nacht hatte meine Wut auf sie nachgelassen und glücklicherweise auch meine Kopfschmerzen.
    Mit großen Augen sah sie mich an. »Warum sollte er? Dafür ist Kleon da! Sei doch froh, dass du hier bleiben kannst. Also wenn du nicht glücklich darüber bist, ich bin es. Komm, ich mache dir jetzt die Haare!« Sie nahm mir den Kamm aus der Hand.
    »Nicht, das kann ich selbst«, wehrte ich sie ab.
    »Was ist? Habe ich etwas verkehrt gemacht?«
    »Nein, ich kann das nur selbst tun. Du musst das nicht machen.«
    Ich wollte nicht, dass sich Filippa mir gegenüber wie eine Bedienstete benahm oder fühlte. In Afrika hatten wir zwar Hauspersonal gehabt, das hatte für seine Arbeit jedoch Geld bekommen und mir auch nie die Haare gekämmt.
    »Ich würde dich gern wie eine richtige Römerin frisieren. Es würde dir bestimmt gut stehen.« Sie hielt den Kopf etwas schief und sah mich bittend an.
    »Ich weiß nicht.«
    »Es würde mir nicht nur Spaß machen, es könnte auch hilfreich sein«, meinte sie vorsichtig.
    »Wieso?«
    »Du siehst anders aus als wir. Und du benimmst dich auch so.« Filippa wählte jedes Wort sehr bedächtig. »Das macht die meisten hier – sagen wir mal – vorsichtig. Wenn du so aussiehst wie eine Römerin, gibt sich das vielleicht.«
    Erst wollte ich hochfahren und ihr sagen, dass das Quatsch sei und es mir zudem gleichgültig sei, was die anderen über mich dachten. Da das jedoch nicht stimmte und ich auch nicht wusste, was Quatsch auf Lateinisch hieß, gab ich mit einem Seufzer nach.
    »Na gut, meinetwegen.«
    Augenblicklich machte sich Filippa an die Arbeit. Sie kämmte meine Haare zurück, teilte einzelne Strähnen ab und toupierte sie. Anschließend zwirbelte sie die Strähnen mehrmals um ihren Ringfinger und steckte die so entstandenen Haarkringel mit Nadeln an meinem Hinterkopf fest. Andere Strähnen flocht sie zu Zöpfen und befestigte sie ebenfalls am Hinterkopf. Nach und nach entstand eine kunstvolle Hochsteckfrisur.
    »Jetzt siehst du aus wie eine vornehme Römerin. Sieh nur!« Sie reichte mir einen Handspiegel, der ganz und gar aus Bronze bestand. Die Spiegelfläche war so glatt poliert, dass ich mich in ihr tatsächlich sehen konnte.
    »Hmm, hübsch.« Ich drehte meinen Kopf von rechts nach links. Ob ich nun einer Römerin glich und mich die anderen deswegen eher akzeptieren würden, wagte ich weiterhin zu bezweifeln. Für meine Begriffe sah ich einfach nur verkleidetaus. Viel interessanter als meine neue Frisur fand ich die Tatsache, dass Filippa offenbar keinen Spiegel aus Glas besaß. Ob der noch nicht erfunden worden war? Ich konnte sie schlecht danach

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