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Tempus (German Edition)

Tempus (German Edition)

Titel: Tempus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maud Schwarz
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ich wieder seine warmen Lippen auf meinem Mund. Hatte ihm der Kuss denn gar nichts bedeutet? Oder hatte er sich aus Vernunftgründen gegen mich entschieden? Er hatte ja gesagt, dass er über uns nachdenken wollte. Vielleicht war es ja das Ergebnis seiner Überlegungen, mir wieder aus dem Weg zu gehen? Aber warum sagte er mir das nicht wenigstens, statt mich so auf die Folter zu spannen? Niedergeschlagen schlich ich in Filippas Zimmer, wo meine Freundin gerade eine Tunika für mich nähte. Ich hatte sie nicht darum gebeten. Es war ihre Idee gewesen. Sie fand, dass ich unbedingt mehr Kleidung bräuchte, womit sie sicherlich auch recht hatte. Allerdings hatte ich im Moment wenig Sinn für derartige Dinge.
    »Da bist du ja! Ich wollte dich schon holen lassen. Ich bin so weit fertig. Du kannst sie anprobieren. Wenn sie dir passt, werde ich dir noch zwei oder drei im selben Stil nähen, damit du was zum Wechseln hast«, empfing mich Filippa.
    »Toll«, brubbelte ich und zog mir die blaue Tunika über den Kopf, die ursprünglich mal ihr gehörte hatte. Vorsichtig half mir Filippa in einen Wust von Stoff, der voller Nadeln steckte.
    »Dort müsste ich noch ein bisschen was abnähen. Hier auch. Ansonsten passt sie.« Filippa ging um mich herum, musterte kritisch ihr Werk und zupfte mehrmals an der rosafarbenen Tunika, die am Halsausschnitt, den Ärmelrändern und am Rocksaum mit zarten, goldgelben Ornamenten verziert war.
    »Die ist ja bestickt,« war das Einzige, was mir dazu einfiel.
    »Ich hielt es für passend, da du ja jetzt in den vornehmen Kreisen verkehrst«, meinte Filippa mit einem eigenartigen Lächeln.
    »Sehr witzig!«
    »Wo seid ihr gestern zusammen hingeritten?«, fragte sie unvermittelt, ohne auf meinen Einwurf einzugehen.
    Ich trippelte unruhig auf der Stelle. Ihre Frage brachte mich in Verlegenheit. Es gab keine vernünftige Erklärung für unseren Ausritt außer der Wahrheit und die mochte ich ihr nicht erzählen. Auch Marcius fand, dass es besser sei, wenn ich mit niemandem über meine Herkunft sprach.
    »Er wollte mir einfach nur Rom zeigen«, erwiderte ich so harmlos wie möglich.
    »Einfach nur so?«
    »Ja.«
    »Glaub ich nicht«, sagte Filippa und piekste mich dabei versehentlich mit einer Nadel.
    »Auaa!«
    »Was ist?« Filippa hielt mit dem Abstecken inne und sah mich an.
    »Du hast mich gestochen!«
    »Du hast mich auch schon häufiger verletzt«, bemerkte sie spitz.
    Verblüfft registrierte ich die ärgerlichen Fältchen, die sich um ihre Augen und ihren Mund herum gebildet hatten. So böse hatte ich Filippa noch nie erlebt. Mir fiel mein Gespräch mit Kleon wieder ein, in dem er gesagt hatte, dass sich Filippa durch den Umgang mit mir verändert hätte. Womöglich hatte er recht. Komisch, dass es mir erst jetzt auffiel. Ich war wohl zu sehr mit mir selbst beschäftigt gewesen.
    »Tut mir leid, Filippa, wenn ich in letzter Zeit oft gereizt war. Es ist nicht leicht für mich, weißt du?! So viele Dinge stürzen täglich auf mich herein. Alles ist mir fremd und außer dir habe ich keine Freunde. Manchmal weiß ich gar nicht, wie es weitergehen soll«, versuchte ich, ihr mein Verhalten zu erklären. »Wirklich, es tut mir leid!« Die Entschuldigung war längst überfällig.
    »Du betrachtest mich als Freundin?« Die Fältchen um Augen und Mund verschwanden und in ihrem Gesicht flackerte Freude auf.
    »Ja, natürlich tue ich das!« Ich nahm sie so fest ich konnte in den Arm.
    »Auaa!«
    »Was?« Ich ließ sie augenblicklich los.
    »Jetzt habe ICH mich an einer der Nadeln gepiekst!« Sie steckte sich den Zeigefinger in den Mund und leckte einen Blutstropfen ab, der sich auf ihrer Fingerkuppe gebildet hatte. Wir sahen uns an und brachen in Gelächter aus.
    »Weißt du, was ich eigentlich genauso dringend brauche, wie eine neue Tunika?«, prustete ich, als ich wieder einigermaßen Luft bekam.
    »Nein, was?«
    »Einen dicken Umhang für draußen. Es ist inzwischen zu kalt, um so vor die Tür zu gehen.«
    »Du hast recht«, stimmte mir Filippa glucksend zu. »Am besten du gehst gleich zu Silvia. Sie ist eigentlich unsere Schneiderin. Bestimmt hat sie ein Stück Stoff für uns. Und wenn nicht, dann soll sie auf dem Markt welchen besorgen.«
    Ich schlüpfte aus der rosafarbenen Tunika und zog meine alte blaue an. Unterdessen beschrieb Filippa mir den Weg zu Silivias Nähzimmer, wo ich noch nie zuvor gewesen war.
    »Danke, dass du für mich nähst«, sagte ich und band mir den Ledergürtel um.
    »Ich opfere

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