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Tempus (German Edition)

Tempus (German Edition)

Titel: Tempus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maud Schwarz
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vertrauter.
    Es war bereits Nachmittag, als wir über den Palatin ritten, vorbei an prachtvollen Villen und hochherrschaftlichen Parkanlagen. Irgendwo in der Nähe bellte ein Hund. Ein anderer antwortete ihm. Kurz darauf ertönte von allen Seiten ohrenbetäubendes Gekläffe und Gejaule. Marcius ritt auf seinem Grauschimmel neben mir und schien die Hunde gar nicht zu bemerken. Wie üblich fragte er mir Löcher in den Bauch. Er wollte alles über das Leben in meiner Zeit wissen, jedes noch so kleine Detail. Besonders die neuzeitlichen Errungenschaften faszinierten ihn.
    »Diese Maschinen – wie heißen sie doch gleich – sind so stark wie sechzig Pferde, sagst du?« Jede Faser seines Körper drückte Erstaunen aus.
    »Ja, häufig sogar noch stärker. Die Maschine heißt Auto .« Wir trabten mittlerweile eine staubige Straße entlang, die nach Norden führte. Da es im Lateinischen keinen Ausdruck für Auto gab, benutzte ich den Englischen. Ich hätte auch den Schwedischen nehmen können; Englisch erschien mir aber irgendwie angemessener, weil es internationaler war.
    »Ihr braucht also keine Pferde mehr?«
    Ich nickte.
    »Wie schnell ist ein Auto?«
    Ich antwortete nicht gleich. Mir kam es nicht richtig vor, Marcius von Dingen zu erzählen, die erst in rund zweitausend Jahren erfunden werden würden. Doch er ließ nicht locker. »Elina, ich habe dich was gefragt?!«
    »Wie schnell Autos sind? Ähm, schnell. Schneller als Pferde«, erwiderte ich zerstreut. Wieso hatte ich mich bloß darauf eingelassen, ihm zu erklären, auf welche Art wir uns fortbewegten.
    »Wie viel schneller?«, wollte Marcius wissen.
    »Keine Ahnung. Vielleicht sechsmal so schnell?!«
    »Und mit dem Auto kann man auch durch die Luft fliegen?«
    »Nein, das sind andere Maschinen.«
    »Wie heißen diese Maschinen?«
    »Können wir nicht über etwas anderes reden?« Schmollend schob ich die Unterlippe vor. Marcius lenkte seinen Grauschimmel näher an Amandus heran, beugte sich zu mir herunter und küsste mich.
    »Bitte«, flüsterte er und versenkte seinen Blick in meinen. Er wusste genau, was er tun musste, um mich umzustimmen.
    »Flugzeug«, seufzte ich, »man nennt die Maschine Flugzeug .« Ich konnte ihm einfach nichts abschlagen.
    »Ist ein Flugzeug auch so schnell wie ein Auto?«
    »Nein, viel schneller.«
    »Wie lange braucht man mit ihm von deiner Heimat bis nach Rom?«
    »Etwa fünf Stunden, mit einer Unterbrechung in Germanien.«
    »Nur fünf Stunden???« Marcius brachte seinen Grauschimmel zum Stehen. »Unfassbar! Das ist unmöglich.«
    »Ich habe den Eindruck, du interessierst dich mehr für Autos und Flugzeuge als für mich«, beschwerte ich mich halb im Spaß, halb im Ernst und gab Amandus mit der flachen Hand einen Klaps auf die Flanke. Sofort galoppierte er an. Mittlerweile fühlte ich mich durch unsere Ausritte so sicher im Sattel, dass ich mich sogar kurz zu Marcius umdrehte und rief: »Hol mich doch ein, wenn du kannst!«
    Er ließ es sich nicht zweimal sagen.
    Es dämmerte bereits, als wir wieder das Anwesen seines Vaters erreichten. Wir brachten die Pferde in den Stall und schlenderten im Schutz hoher Hecken zum Haus.
    »Ich habe noch mal über diese Flugzeuge nachgedacht. Wie kommt es, dass sie nicht vom Himmel fallen?«, nahm Marcius das Thema von vorhin auf.
    »Eigentlich wollte ich dich auch gern mal was fragen!« Ich war stehengeblieben und sah ihn gespielt vorwurfsvoll an.
    »Da bin ich aber gespannt.« Er schmunzelte.
    »Ich frage mich schon die ganze Zeit, wieso Verus ...«
    »Ah, es geht um Verus! Hast du es dir anders überlegt? Willst du ihn doch heiraten?«, neckte mich Marcius. Ich stieß ihm zur Strafe meinen Ellbogen in die Rippen. »Aua«, beschwerte er sich und gab mir einen Kuss auf die Stirn. »Was ist mit Verus?«
    »Nichts Besonderes. Ich wollte nur wissen, wieso ausgerechnet er dein bester Freund ist.«
    »Warum?«
    »Nur so. Ich wundere mich einfach darüber. Er ist so anders als du.«
    »Ja, der Gute ist manchmal etwas wild. Das stimmt schon«, grinste Marcius. »Das liegt wohl an seinem gallischen Blut.«
    »Er ist Gallier? Kein Römer?«
    »Ja und nein.«
    »Könntest du bitte etwas deutlicher werden?!« Ich zupfte ärgerlich an seiner Tunika.
    »Verus ist der Sohn eines gallischen Stammesführers. Eigentlich heißt er gar nicht Verus, sondern Vertorix. Egal, wir nennen ihn alle Verus. Wie auch immer: Auf Befehl von Cäsar, du weißt ja, dass er Statthalter in Gallien ist, musste sein Vater ihn nach Rom

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