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Tenebra 1 - Dunkler Winter

Tenebra 1 - Dunkler Winter

Titel: Tenebra 1 - Dunkler Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Luckett
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zischenden Pfeilen und stählernen Bolzen - sie schien dick von Magie. Wildes Geschrei und Geheul begleitete den Ansturm des Dunkels, als es die Sturmleitern setzte und hinaufschwärmte wie Ameisen an einem Zuckerrohr. Wir empfingen sie oben, diejenigen von ihnen, die nicht bereits von brennendem Pech und Öl übergossen abgestürzt waren, und wir stießen sie zurück in die Tiefe. Ihre Schreie stiegen empor zum frostigen Mond, Agonie und Verzweiflung und Hass in einem, und noch immer kamen sie und wir erschlugen und erstachen und schleuderten sie hinab. Manche sprangen brennend von ihren Leitern und wurden auf ihren eigenen Felsbrocken zerschmettert und andere wirbelten sich überschlagend durch die Luft, als ihre Sturmleitern brachen und abknickten. Nicht einer legte eine Hand auf die Brustwehr der Zinnen und überlebte, aber noch immer wurden frische Sturmtruppen nach vorn geschickt und setzten den Angriff fort.
    Auch wir erlitten Verluste. Sie hatten Bogenschützen draußen in der Dunkelheit, und die Verteidiger mussten sich auf den Zinnen zeigen, um Leitern von der Mauer abzustoßen und zurückzuschießen. Verwundete wurden zum Verbandplatz in der unteren Galerie gebracht, ein paar Tote fortgetragen. Aber als die erste Angriffswelle zurückgeschlagen war und eine Kampfpause eintrat, löste die Priorin uns ab, und während schweigende Schwestern unsere Plätze einnahmen, kehrten wir zu unserer Bereitschaftsstation auf dem Bergfried zurück. Hatten uns auf den Zinnen die Augen vom Rauch und der Hitze brennenden Pechs und Öls an den Mauern getränt, so biss uns jetzt der eisige Wind in die Gesichter und erzeugte die gleiche Wirkung. Ich blickte auf zu der dünnen Mondsichel, die kalt und geringschätzig in ihrem Sternenmeer glitzerte, und schluckte meine Verdrießlichkeit hinunter.
      Schritte kamen hinter uns die Treppe herauf. Die Priorin und ihr Stab waren gekommen, um Ausschau zu halten. Sie beugten sich über die Brustwehren, um zu beobachten, was im Lager der Feinde vorging und ob beim nächsten Angriff eine Verlagerung des Schwerpunkts zu erwarten war. Die lange Adjutantin schüttelte den Kopf. »Aussichtslos«, bemerkte sie, und Merceda mochte genickt haben. Sie schien geistesabwesend. Vielleicht eine Abwehrreaktion, wie vor einigen Tagen, als sie mit versteinerter Miene an den weinenden Kindern im Flüchtlingszug vorbeigeritten war.
    »Ich erwartete mehr Raffinesse«, stimmte sie der anderen zu. »Ich habe zur Göttin gebetet, dass sie ihn blenden möge, und sie hat es getan. Er muss glauben, dass unsere Verteidigungslinie hinter der Brustwehr sehr dünn besetzt ist, wenn er meint, sie mit einem Dutzend Sturmleitern überwinden zu können. Wie viele Sturmtruppen, meinen Sie, kann er aufbieten?«
    »Drei- bis viertausend, denke ich. Nicht annähernd genug. Bald wird er Schwierigkeiten haben, die Verluste zu ersetzen. Außer als…«
    Der Rest blieb ungesagt. Ich wusste, was die Ausnahme war.
    Novizinnen brachten Wasser in Eimern herauf und wir tranken sparsam. Unten hinter der Brustwehr hätte ich meinen Kopf hineinstecken und mich satt trinken können, aber hier auf dem Bergfried verging einem der Durst in der Kälte.
    Silvus bot mir schweigend seine silberne Taschenflasche an. Branntwein. Dankbar nahm ich sie an und trank einen Schluck. Ich hatte nicht einmal gewusst, dass er noch welchen hatte.
    Eine Stunde nach Mitternacht erfolgte der nächste Sturm. Wir wurden wieder an die Brustwehr gerufen, und alles wiederholte sich. Neue Sturmleitern wurden gesetzt, und die Angreifer drängten in dichten Reihen herauf, und wieder fielen sie schreiend in die Tiefe, brennend, durchbohrt, zerhauen. Der Angriff dauerte Stunden, und unser Abwehrkampf wurde zu einer schrecklichen, grausamen Routine. Der Kopf einer Sturmleiter erschien zwischen den Zinnen, und während die Schwestern zu Stangen und Hellebarden griffen, um sie zurückzustoßen, beugte sich einer der Tenabrer zwischen den Zinnen über die Mauer, durch Rüstung und Helmvisier gegen Pfeile und Bolzen geschützt, um brennendes Öl hinunterzugießen oder die heraufdrängenden Angreifer mit Steinbrocken und Lanzenstichen abzuwehren, bevor sie an der Mauerkrone Halt finden konnten. Wir eilten von einer Leiter zur anderen und nahmen uns kaum noch die Zeit, die Wirkung unseres Tuns zu beobachten. Ein brennend oder durchbohrt oder enthauptet abstürzender Körper gleicht weitgehend dem anderen, und in dieser Nacht sahen wir viele von den Leitern oder mit ihnen

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