Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten
würde alles dafür tun, so viele Informationen wie möglich zu sammeln und zu übermitteln. Und das ging nur, wenn er jeden seiner Gegner vernichtete.
Wenn man es recht bedachte, war das Leben eines Eunuchen im Grunde sehr einfach.
9 Arbedian
»Capitaine, wir bekommen jetzt Daten!«
Die enge Brücke der Malu war voll gepackt mit Besatzungsmitgliedern, die hier eigentlich nichts zu suchen hatten. Sie waren nach und nach wie zufällig in den Raum getröpfelt. Es war durchaus belustigend, wie sie in den beengten Verhältnissen versuchten, unauffällig zu sein. Haark hatte dagegen keinen Einspruch erhoben, denn er wollte, dass alle so viele Informationen bekamen wie möglich. Das interne Kommunikationssystem funktionierte leider nur im Audiomodus. Die vielen kleinen, beschlagenen Monitore waren schon vor Jahrzehnten ausgefallen und niemand hatte es je für nötig gehalten, wertvolle Ersatzteile für ihre Reparatur abzuzweigen.
Vielleicht würde jemand Haark ja sogar einen Tipp geben können, der ihn aus seiner Ratlosigkeit befreite. Die letzten Stunden waren anstrengend langweilig gewesen. Als Erstes hatte Esterhazy die Pläne Haarks zur Evakuierung ausdrücklich bestätigt, so dass der Gouverneur offenbar überzeugt war. Alle Vorbereitungen wurden getroffen. Auf Arbedian war jetzt wirklich die Hölle los. Für Haark war das eine wohltuende Bestätigung seiner eigenen Urteilsfähigkeit gewesen. Dann hatte er einen langen Funkspruch an den Liner geschickt und ihn über seine neue Rolle aufgeklärt. Bis jetzt gab es keine Antwort, aber die Entfernung schrumpfte und er musste bald ein richtiges Gespräch ohne große Verzögerungen mit dem Prosperity-Raumer führen können. Der gigantische Frachter hatte sich dem Terminal mittlerweile genähert und war bereits in der Bremsphase. Dann war eine Weile nichts passiert. Die zweite Sonde hatte den Eindringling sorgfältig verfolgt und ihre Telemetrie direkt nach Arbedian geschickt. Der große Array des Terminals wiederum hatte die Daten einwandfrei empfangen, und obgleich sie immer noch Stunden hinter den tatsächlichen Ereignissen hinterher hingen, war vor wenigen Minuten die Bestätigung gekommen, dass das gegnerische Schiff in Ortungsreichweite der Bergbaustation eingetreten war. Die Station hatte ihren Evakuierungsalarm abgeschlossen und sechs automatische Erzfrachter gen Arbedian gesandt. Auf einigen hatten sich Prospektoren, die sich in der Nähe befunden hatten, in Notquartieren eingeschifft. Sie mochten eine geringe Chance haben, all dies zu überleben.
Gleichzeitig war die Napoleon nahe genug herangekommen, um ihrerseits eine sinnvolle Kommunikation zu versuchen. Parallel dazu aber hatte der Array Lichterscheinungen und Energieausbrüche in der Nähe der Station aufgefangen. Die mit Lichtgeschwindigkeit übertragenen Erkenntnisse kamen deutlich vor den Details der Telemetrie an, so dass jeder annehmen musste, dass alle Versuche der Napoleon , in einen friedlichen Kontakt zu treten, vergebens gewesen waren.
Ohne Zweifel hatte das Zerstörungswerk begonnen. Die Napoleon hatte den Feind erreicht und es wurde gefeuert.
Die Stimmung war daraufhin gesunken, da jeder begriffen hatte, was das bedeutete. Die Malu würde in den Krieg ziehen müssen, und die Wahrscheinlichkeit, dass sie dies überleben würde, war außerordentlich gering. Alle hofften auf einen Sieg der Napoleon , aber jeder war Realist genug, um die Alternative ernsthaft in Betracht zu ziehen.
Der Feind war noch viele Stunden vom Torpedoboot entfernt und mochte beschädigt werden, aber aus irgendeinem Grund wollte niemand glauben, dass die Napoleon den Kampf siegreich hatte beenden können. Die Lichterscheinungen waren nach einiger Zeit eingeschlafen, um dann mit größerer Intensität wieder aufzuflammen, und spätestens dann war es eindeutig gewesen: Die Napoleon war unterlegen, und der Feind vernichtete die Bergbaustation.
Und jetzt kam die Telemetrie von der Fregatte mit allen grausamen Details.
Es wirkte hier, vom Leitstand der Malu , wie ein ergreifendes Kammerspiel. Die Daten enthielten Video- und Tonaufzeichnungen von den Geschehnissen auf der Brücke von Esterhazys Schiff. Niemand wagte einen Kommentar, als die Aufzeichnung abgespielt wurde, vor allem, da jeder zumindest ahnte, hier bereits toten Menschen bei ihren letzten Stunden zuzusehen.
Die Napoleon hatte sich dem fremden Schiff in einem direkten Abfangkurs genähert und beständig auf allen Frequenzen angefunkt. Es wurde dabei von
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