Tentakel-Trilogie 2: Tentakeltraum
der offenbar der Chef der anderen ist. Was immer auch passiert, es passiert bald. Was immer Sie vorhaben, es wird nicht viel Zeit für eine Vorbereitung sein.«
Rahel nickte. »Ich will nur von hier fort.«
Karmann sah sie forschend an. Er presste für einen Moment die Lippen aufeinander, als wolle er verhindern, dass ein bestimmter Gedanke seinen Mund verlasse, dann aber formulierte er lautlos: »Sind Sie denn bereit, alles zu tun, was zu tun ist?«
»So weit ich kann.«
»Ja. Ich vermute, Sie wollen versuchen, sich den Besuchern von Terra zu zeigen und mit ihnen Lydos verlassen.«
»Ja.«
»Sie müssen dafür vorher mich und Suzanna umbringen.«
Rahel musste diesmal keine Antwort unterdrücken. Die Logik dieser Forderung wirkte auf sie mit einem Male bestechend und selbstverständlich.
»Wenn ich morgen früh erwache, werde ich alles ausplaudern. Die anderen haben Sie noch nicht bewusst wahrgenommen und werden gleich schlafen, aber mit mir haben Sie geredet. Ich erahne zu viel von Ihren Plänen. Suzanna weiß nicht so viel, aber sie wird Alarm schlagen, und das kann bereits genug sein, um den Zugang zum Konferenzzentrum unmöglich zu machen. Möglicherweise wird man sogar mit einer weitflächigen Suche beginnen.«
Das war ein großes Risiko, wie Rachel ebenfalls erkannte. Sie wollte die Flüchtlinge rasch in die Nähe des Tempels bringen.
»Ja.«, formulierte sie.
»Die Tentakel werden vielleicht etwas Verdacht schöpfen, aber das war es dann auch schon. Sie überwachen das Tempelgelände selbst nur nachlässig. Mit einer Infiltration rechnen Sie nicht. Aber wenn ich ihnen konkret erzähle, dass eine Aktion geplant ist, werden sie die Sicherheitsvorkehrungen intensivieren. Das könnte ein Problem für Sie darstellen.«
Rahel verstand. Sie starrte den Arzt an, der ihren Blick ruhig erwiderte.
»Das kann ich nicht. Es ist falsch!«, sagte sie schließlich ohne sichtbare Regung.
»Sie müssen.«
»Ihr Tod wird auffallen.«
»Nicht, wenn Sie es tun, wie ich sage.«
»Nein.«
»Dann werde ich plaudern. Sie werden sofort die Jagd auf Sie eröffnen. Keine Chance, was auch immer Sie vorhaben. Sie müssen mich töten ebenso wie sie. Es muss wie ein natürliches Ableben aussehen.«
»Natürlich?«
Karmann lächelte traurig. »Passiert hier dauernd. Die Drogen sind eine starke Belastung für den Kreislauf. Zwei Infarkte in den letzten vier Wochen. Ich wäre schlicht der Dritte. Suzanna geht es ohnehin nicht gut, sie hatte letzte Woche bereits einen Kollaps. Wir werden ersetzt werden.«
Rahel schloss die Augen, um Karmann nicht mehr »zuhören« zu müssen. Von draußen erklangen Geräusche. Die Tentakelkompanie rückte ab.
Rahel öffnete ihre Augen wieder und sah, dass der Arzt sie unverwandt anblickte.
»Es bleibt nicht mehr viel Zeit«, sagte er. »Sobald wir alle schlafen, tun Sie folgendes: Erst bringen Sie Suzanna herein. Dann schließen Sie diesen dünnen, grünen Schlauch an mein Drogenpaket an. Das geht ganz einfach, der Zugang ist durch einen künstlichen Hautlappen verdeckt, den Sie schlicht zur Seite schieben. Das grüne Zeugs ist ein Mittel zur Kreislaufstabilisierung, aber es ist offenbar nicht richtig auf den menschlichen Metabolismus hin ausgerichtet – ich vermute, es war für die beiden anderen Attacken mitverantwortlich. Sie geben mir eine Überdosis, was Sie durch eine Manipulation der Zuführung erreichen – ich beschreibe es Ihnen genau. Die Technologie, die die Aliens hier unten verwenden, ist sehr simpel gehalten, denn normalerweise manipulieren wir Geschöpfe sie nicht. Wir kämen nicht einmal im Entferntesten auf die Idee. Dann machen Sie das Gleiche mit Suzanna. Es genügen einige Sekunden, dann drehen Sie die Zufuhr wieder auf normal. Wir sind dann tot oder zumindest sehr bald. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir das überleben, ist extrem gering.«
Rahel suchte vergeblich nach Bedauern in den Augen des Arztes und fand es doch nicht. Sie suchte vergeblich nach Bedauern in sich selbst und fand ebenfalls nichts vor. Ihr Einwand kam halbherzig und lustlos.
»Das kann ich nicht.«
»Das klang schon weniger überzeugt«, scherzte Karmann. »Sie müssen. Ich werde gleich einschlafen. Mit etwas Glück werde ich gar nichts merken.«
»Ich bin keine Mörderin!«
»Nein, aber ich bin bereits tot. Wenn Sie mich nicht umbringen, werde ich irgendwann als Dünger in den Pflanzzentren der Aliens enden. Ich muss Ihnen davon nicht erzählen, oder?«
Rahel schüttelte andeutungsweise den
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