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Tentakel-Trilogie 2: Tentakeltraum

Tentakel-Trilogie 2: Tentakeltraum

Titel: Tentakel-Trilogie 2: Tentakeltraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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In den kommenden Tagen lassen Sie uns ernsthaft versuchen, die Beweggründe und die Ursachen für diesen Konflikt zu begreifen, lassen Sie uns danach streben, ein gegenseitiges Verständnis zu entwickeln, aufeinander einzugehen und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Das wird nicht einfach sein, denn das gegenseitige Misstrauen ist verständlicherweise groß. Am Anfang werden wir nur kleine Schritte gehen können. Die Tatsache, dass wir Sie eingeladen haben, sehen wir als unseren ersten Schritt, die Tatsache, dass Sie dieser Einladung gefolgt sind, sehen wir als Ihren ersten Schritt. Damit hat sich die Distanz zwischen unseren Völkern, wenngleich auch nur unmerklich, verringert. Es sollte unser Streben sein, diesen Abstand in den kommenden Verhandlungen weiter zu reduzieren. Ich bin dazu vom Tentakelreich mit den höchsten Vollmachten ausgestattet worden, und ich bin froh zu hören, dass auch Exzellenz Splett für die Irdische Sphäre zu sprechen imstande ist. Die Grundlage für eine friedliche Auseinandersetzung ist damit gelegt. Wie Sie bereits selbst haben sehen können, muss es keinesfalls sein, dass Tentakel und Menschen feindselig miteinander umgehen. Hier auf Lydos haben wir, wenngleich sicher mit Schwierigkeiten, eine Gemeinschaft geschaffen, die die Unterschiede nicht verwischt, aber mit ihnen konstruktiv umgeht und damit eine Zukunft für Tentakel und Menschen gleichzeitig schafft. Diese Zukunft wünschen wir uns auch für alle anderen Welten, vor allem aber eine Zukunft, in der beide Seiten einsehen, dass eine Fortsetzung militärischer Aktionen nur zum Schaden aller gereichen kann.«
    In diesem Stil ging es weiter, fast zwanzig Minuten lang. Haark glaubte, seinen Ohren nicht zu trauen. Olivier hatte seine Rolle gut einstudiert und er erzählte seinen Sermon mit einer inneren Überzeugung, einer so offensichtlichen Aufrichtigkeit, dass Haark trotz der Worthülsen, die er absonderte, offen fasziniert war. Die Tentakel hatten gelernt, sehr viel gelernt, und das in vergleichsweise kurzer Zeit. Dieser schmächtige, unscheinbare Alien wäre im Parlament der Sphäre ein gern gesehenes Mitglied, denn er sprach und dachte und wirkte – oder schauspielerte – wie alle anderen dort auch. Splett schien Olivier zu glauben, jedenfalls wirkte sie fast begeistert. Aber auch das konnte nur Show sein.
    Als der Tentakel geendet hatte und der höfliche Applaus – auch die Tentakel hatten damit begonnen, ihre Pseudopodien gegeneinander zu klatschen – abgeflaut war, erhob sich Splett, um es Olivier gleich zu tun. Während Haark und Lik leicht ermüdete Blicke wechselten, schienen die Tentakel von der Aussicht auf noch eine Rede ausgesprochen begeistert.
    »Verehrte Gastgeber, ehrenwerter Olivier, liebe Delegationsmitglieder«, begann Splett. Sie war erkennbar in ihrem Element. »Mit großer Anteilnahme und innerer Bewegung habe ich den ausgezeichneten Ausführungen meines Vorredners zugehört, und ich kann kaum in Worte fassen, wie viel Hoffnung und Zuversicht mir seine Einleitung gegeben hat. Hoffnung und Zuversicht, verehrte Anwesende, für eine friedvolle und erbauliche, eine gerechte Zukunft. Gerechtigkeit ist ein Wort, das auch in der Sphäre keinen wohlmeinenden Klang mehr hat, denn die Herrschenden haben jene, die danach gedürstet haben, lange geknechtet. Dieser Krieg ist nur ein weiteres Beispiel dafür, wie die Herrschaft von Autokraten und ihrer Geldgeber Unschuldige in den Tod getrieben hat und wie es jene sind, die sich noch ein wenig Würde und Anstand bewahrt haben, die nun versuchen müssen, das Unheil aufzuhalten. Viele Dinge gibt es für uns zu besprechen. Die Ursachen dieses Krieges gilt es in der Tat bis in das kleinste Detail zu erforschen. Ich bin mir sicher, dass wir Menschen dabei Dinge über uns lernen werden, die manche lieber weiterhin verbergen würden. Gleichzeitig bin ich zuversichtlich, dass diese Reinigung durch Wahrheit beide Seiten in den Stand versetzen wird, eine Basis für eine gemeinsame Koexistenz zu schaffen. Der erste Eindruck, den wir hier auf Lydos gewonnen haben, stimmt uns in der Tat sehr optimistisch, verehrter Olivier.«
    Auch dies setzte Splett weitere zwanzig Minuten fort, und Haark sah – außer bei Spletts Parteigängern – überall nur versteinerte Gesichter. Spletts Strategie schien zu sein, durch Selbsterniedrigung eine positive Rolle in den Augen der Tentakel erlangen zu können, wenngleich sich Haark nicht vorstellen konnte, wozu das dienlich sein sollte.

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