Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)
Türen zum Bad, zum Wohnzimmer, zur Küche und zu meinem Schlafgemach ab, das nur aus Bett, Deckenlampe und Fenster bestand. In der Wandschranklösung im Flur fanden alle meine Klamotten Platz. Die Keramik im eineinhalb Quadratmeter großen Wannenbad war rosa, der Parkettboden in den Räumen dunkel und abgenutzt. Gelegentlich klapperten ein paar Fliesen, doch ich war zufrieden und erfreute mich an den heruntergelassenen Rollläden, die aufgrund der hohen Kriminalitätsrate in Hamme selbst im Dachgeschoss angebracht waren.
Schnaufend trat ich in den abgedunkelten Flur und warf meine Tasche in den Korbsessel, der zu nichts anderem taugte, als darauf Wäsche, Taschen und Jacken zu türmen. Im Bad pfefferte ich meine Klamotten unter das Waschbecken und stellte mich unter den Duschkopf. Das zimmerwarme Wasser regnete mir auf den Scheitel und ich ließ den Tag innerlich Revue passieren. Immer und immer wieder geisterte die Pfeiffer durch meine Gedanken. Und das Blut. Das getrocknete, dunkle Blut in den aufgequollenen Holzfugen. Gleichzeitig dachte ich an die beiden Frauen, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Pfeiffer wohnte in einer freistehenden Schickimicki-Bude, während Marisa Nowak sich mit einem vierstöckigen, stinkenden Loch begnügen musste. Die Pfeiffer hätte keinen Fuß in dieses Haus gesetzt, da war ich mir sicher. Ich stieg aus der Wanne, rubbelte das Wasser ab, schlüpfte in den Bademantel und nahm mir noch einmal die Akte vom Sessel, um irgendetwas über ihr Verhältnis zueinander herauszufinden. Doch ich fand nichts. Vielleicht war Marisa Nowak die Putzfrau? Vielleicht pflegte sie den Garten? Dass sie einst Klassenkameradinnen waren schloss ich wegen des Altersunterschiedes von 15 Jahren aus. Ich entschied, diesem Verhältnis gleich morgen auf die Schliche zu kommen.
Dann rief ich noch einmal Sascha an, doch da niemand abhob, war ich genötigt, mich in meinen durchgesessenen Zweisitzer zu fläzen und die Flimmerkiste anzuwerfen. Es lief eine Dokumentation über das inzestuöse Verhalten von Brüllaffen, eine Krimifolge in ihrer x-ten Wiederholung und eine Talkrunde zum Thema Atomausstieg. Ich zappte noch ein wenig durch die Kanäle und blieb an der Nahaufnahme einer Fußnagelbehandlung hängen, als mein Handy klingelte. Es war Sascha. Endlich.
»Das war vielleicht eine Fummelei. Hier lief gerade ein automatisches Softwareupdate auf sämtlichen Servern und alle Innendienstler mit eigenem Computer wurden zur Eingabe eines neuen Passwortes aufgerufen. Die neuen Passwörter waren nach dem Update aber nicht mehr mit den Zugängen für die Datenbanken synchronisiert und ich musste zwei Stunden mit dem Administrator knüppeln, damit alles wieder seine Richtigkeit hat.«
»Toll«, sagte ich.
»Das passiert, wenn man zig verschiedene Softwarehersteller integriert, um Kosten zu sparen. Die Stundenlöhne für die IT-Fachleute, die den Schlunz wieder reparieren müssen, gehen mit dieser Kosteneinsparungsmaßnahme gegen null.«
»Das stimmt«, wiederholte ich und sackte einige Zentimeter tiefer ins Sofa.
»Wenn man die teure Software im Paket kauft und Gruppenlizenzen erwirbt, kommt es kostenmäßig aufs Gleiche raus. Das habe ich bei meiner Schwägerin gesehen. In ihrer Firma arbeiten alle dort ausschließlich mit SAP-Applikationen. Über SAP geht nichts.«
»Sascha?«
»Was ist?«
»Hast du etwas herausgefunden?«, fragte ich.
»Ach so. Wie hießen die noch mal?«
Ich atmete tief durch und gab ihm ein weiteres Mal die Namen durch. Erneut hörte ich, wie er in die Tasten haute. Ab und zu seufzte er. »Mann, ey«, fluchte er dann.
»Was ist los?«
Ich bekam keine Antwort. Stattdessen lauschte ich weiter seiner Tastentipperei.
»Tut mir leid«, sagte er. »Aber ich denke, ich habe nichts, was du nicht ohnehin schon weißt.« Genüsslich schlürfte er sein Getränk, wahrscheinlich Kaffee, vom Tassenrand. »Die Sache wurde von unserer dösigen Annegret vom KK 11 aufgenommen, aber dann wieder verschoben. Seitdem lummert es bei der zentralen Anzeigenverwaltung herum.«
»Welche Sache?«, hakte ich nach und schob meinen Kopf wieder das Kissen hoch.
»Na dass er weg ist«, antwortete er.
»Dass wer weg ist?«, wiederholte ich und merkte, wie mein Herz wild zu klopfen begann.
»Na, Richard Pfeiffer. Er hat sich davon gemacht.«
3.
Kleine Lichter flogen vor meinen Augen herum, als ich mich eine Stunde später ins Bett warf. Vielleicht kam es vom Wein, den ich in Feierlaune entkorkt hatte. Vielleicht
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