Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)
Nase kloppen. Die Geldstrafen aus den resultierenden Anzeigen würde er schon bezahlen. Die Hauptsache war, ich kloppte überhaupt irgendjemandem auf die Nase.
Ich ließ mich von der Telefonzentrale zum KK 1 durchstellen, der Inspektion für schwere Delikte.
»Ansmann«, meldete sich jemand auf der anderen Seite der Leitung.
»Roloff mein Name. Guten Tag. Ich arbeite bei Tozduman Securities.«
»Wir arbeiten nicht mit Detekteien zusammen«, unterbrach er mich schroff.
»Dann rufe ich halt in privater Sache an.«
»Um was geht’s?«
»Ich möchte wissen, ob es in letzter Zeit irgendwelche Gewaltdelikte im Haus Richard und Ulrike Pfeiffer gegeben hat. Die Adresse kann ich Ihnen nennen.«
»Über so etwas erteilen wir keine Auskünfte.«
»Es geht um Folgendes …«
»Über so etwas erteilen wir keine Auskünfte.«
»Wollen Sie denn gar nicht wissen, warum ich danach frage?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Wir arbeiten nicht mit Detekteien zusammen. Schönen Tag noch.« Er legte einfach auf.
Verdutzt schaute ich auf das Display. Von wegen Freund und Helfer. Hatte Ansmann eine Aversion gegen Detektive im Allgemeinen oder war er speziell auf Tozduman Securities nicht gut zu sprechen? So oder so, bei ihm kam ich nicht weiter.
Ich wählte die Durchwahl von Sascha Richter aus dem KK 33.
Sascha war Polizeiobermeister und Sachbearbeiter im polizeilichen Einzeldienst, also ein klassischer Sesselpupser mit Sitzfleisch und einem halbhohen Pilsgeschwür über dem Bauchnabel. Er war Ende 30, in dritter Ehe getrennt lebend und hatte ausgeprägte Kaffeezähne. Sein rindslederbraunes Haar war zäh und kraus, einige Strähnen bereits grau meliert. Seine tägliche Dienstzeit lag zwischen halb acht und halb vier. Erwischte ich ihn nach drei, hatte er bereits einen leichten Bartschatten. Hauptsächlich war er der Dezernent für Anzeigen, die von mir oder gegen mich erstattet wurden. Wir kannten uns allerdings schon seit mehr als zwei Jahren. Damals hat er noch in den Sesseln der Dortmunder Wache gepupst und eine Anzeige gegen meinen Vater aufgenommen, weil der einen Gauner vom Fahrrad schubste, der versucht hatte, ihm die Eierkohlen vom Hof zu klauen. Ich konnte Sascha gut leiden, auch wenn wir nicht immer auf einer Wellenlänge lagen. Ich interessierte mich für ungeklärte Todesfälle. Sascha hingegen hackte lieber die Website des FC Schalke 04.
»Hallo, Esther. Wie geht es dir?«
»So weit, so gut. Sag mal, kennst du Ansmann?«
»Edgar Ansmann aus dem KK 11? Flüchtig. Eher mürrischer Typ.«
»Hast du Zugriff auf die Unterlagen vom KK 11?«
»Kommt darauf an. Abgearbeitete Fälle werden als Datensätze in der Datenbank hinterlegt. Warum?«
»Ich würde gern wissen, ob es irgendwelche Informationen über Ulrike oder Richard Pfeiffer gibt.« Ich flüsterte fast.
»Irgendwelche?«
»Ja, keine Ahnung. Irgendwas mit Hunden oder Blut vielleicht.«
Er kicherte wie ein Schulbalg und ich hörte, wie er auf seiner Tastatur herumhämmerte. Ich kannte seinen Arbeitsplatz von meinen früheren Besuchen auf der Polizeidirektion. Die Tasten waren von ausgeschüttetem Kaffee verklebt und auf seinem mit Papierkram überwucherten Schreibtisch überdauerte eine Landschaft aus Mini-Kakteen und Palmenablegern. Dann hörte ich für einen Augenblick nichts mehr.
Nach etwa einer Minute räusperte er sich. »Esther, ich ruf dich nachher zurück. Ich muss mal kurz weg.« Er legte auf. Einfach so.
Fassungslos starrte ich auf mein Handy. Und als ich nach einer Minute immer noch keinen Rückruf bekam, schob ich es in meine Hosentasche und sah auf die Uhr. Es war vier Uhr am Nachmittag. Meine Kopfhaut begann langsam unter der Sonne zu jucken. Eigentlich wollte ich abklären, ob der Kläffer von Marisa Nowak noch am Leben war, doch ich wusste nicht, wie ich zu ihr hinkommen sollte. Metin würde mir ums Verrecken nicht seine C-Klasse leihen und Corinna hatte keinen Führerschein. Ich rief meinen Bruder Olaf an, erreichte aber nur seine Mailbox. Mir blieb also nichts anderes übrig, als mit dem Bus zu fahren.
Marisa Nowak wohnte in einem ergrauten Mehrfamilienhaus abseits des Ückendorfer Platzes in Gelsenkirchen. Im Schatten der dicht beblätterten Platanen schlenderte ich auf die Siedlung zu und ließ mich von der Atmosphäre löcheriger roter Hausfassaden berieseln. Ein paar Kinder kickten einen Fußball die mit Schienen belegte Straße entlang und ein Seniorenpaar schlich mir entgegen, aber ansonsten war nicht viel los.
Weitere Kostenlose Bücher