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Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)

Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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Auto?«
    »Welches Auto?«, nuschelte jemand durch den Lautsprecher.
    »Der Twingo. Blau mit Taubenkacke darauf.«
    Ich drohte Metin mit dem Finger, er solle sich mit seinen farbenfrohen Beschreibungen zurückhalten.
    »Warte.«
    Ein Klappern war zu hören. Offenbar hatte Ragip den Hörer beiseite gelegt. Dann folgte türkisches Gebrüll und Geplapper, mindestens fünf Minuten lang. Es ließen sich drei Stimmen am anderen Ende der Leitung ausmachen. Metin lauschte und lachte leise. Wieder ein Klappern. Ragip kam zurück zum Hörer.
    »Ist fertig.«
    »Gut. Bring ihn rüber.«
    Ich lehnte mich an den Schreibtisch und atmete tief durch. Das Klimagerät schmiss mir ausgekühlte Büroluft vor die Füße. Ich hoffte, mein Twingo käme in einem Stück zu mir zurück.
    »Also, dann erzähl mal«, sagte Metin.
    Ich glotzte ihn an.
    »Erzähl mal, was es mit der Karre auf sich hat.«
    Der Twingo ist ein Erbstück meiner Cousine, der Tochter meines Onkels väterlicherseits. Mit 25 machte sie ihren Motorradführerschein, sattelte auf eine Suzuki um und stellte den Wagen auf dem Hof meiner Eltern ab – wahrscheinlich in der Hoffnung, er würde eines Nachts auf eigene Faust vom Hof rollen und nach einem neuen Besitzer suchen. Doch er tat es nicht und niemand, der an dem Hof vorbeispazierte, erbarmte sich, den Wagen mit nach Hause zu nehmen. Im Hochsommer schließlich fand meine Cousine ein Schlagloch, das größer als der Vorderreifen ihres Motorrades war, und die Suzuki überschlug sich hinab ins Tal mindestens 16 Mal, während meine Cousine den gleichen Weg mit den Füßen voran hinuntersauste. Kein Arzt konnte sich erklären, wie und warum sie diesen Unfall überlebte. Ein Oberschenkel war mehrfach gebrochen, sie hatte vier zersprungene Rippen, eine angeknackste Hüfte, ein glatt gebrochenes Schlüsselbein und ein verdrehtes Handgelenk. Während ihrer Rehabilitation lieh ich mir den Wagen für einen Einkaufsbummel aus. Ein paar Tage später brachte ich damit meine Mutter ins Krankenhaus. Schließlich fing ich an, mir den Twingo regelmäßig auszuleihen. Nach zwei Jahren fragte ich mich, wann meine Cousine denn eigentlich von ihrer Reha entlassen wird und horchte meinen Vater aus. Er bemühte sich, meine Cousine ausfindig zu machen, doch sie war wie vom Erdboden verschluckt. Daher sahen wir es einstimmig als erwiesen an, dass ein stillschweigender Eigentümerwechsel stattgefunden hat. So, wie ein Finder das Fundstück nach sechs Monaten sein Eigen nennen kann.
Das ist nun zwölf Jahre her und ich habe nie wieder etwas von meiner Cousine gehört, genauso wenig wie von der Versicherung, der Steuer und den über die Jahre ausgeteilten Knöllchen.
    »Du Schmarotzer!«, lachte Metin auf. »Kein Wunder, dass du die Karre nicht loswerden willst.«
    »Ohne Fahrzeugbrief kann ich den Wagen nicht auf meinen Namen zulassen. Und ich habe keine Ahnung, wo der sich gerade befindet. Wie gesagt, meine Cousine ist wie vom Erdboden verschluckt!«
    »Vielleicht ist sie tot?« Metin zuckte mit seinen dicklichen runden Schultern.
    »Das glaube ich nicht«, gab ich mich zweifelnd.
    »Kommen die Knöllchen denn bei deiner Cousine an?«
    »Keine Ahnung.«
    »Schon mal beim Einwohnermeldeamt gefragt?«
    »Nein.«
    »Es gibt Möglichkeiten, den Wagen auch ohne Brief umzumelden«, konstatierte Metin.
    »Wahrscheinlich«, sagte ich.
    »Du Schmarotzer!«, wiederholte er und fuchtelte mit seinen Armen herum. »Du willst den Wagen gar nicht ummelden.«
    »Ich verstehe mich nicht so gut mit den Ämtern. Wenn ich Formulare ausfüllen muss, laufe ich grün an. Und außerdem habe ich gar keine Zeit dafür.« Meine Wangen wurden heiß und mir rauschte das Blut in den Ohren. Ich war eine schlechte Lügnerin.
    Dann hupte ein Auto.
    »Schmarotzer«, wiederholte Metin zum dritten Mal und ging zur Tür hinaus. Er drehte seinen kugeligen Kopf hin und her und fand offenbar etwas, dem er seine Aufmerksamkeit widmen konnte. Seine Augen wurden tellergroß. Ich rannte zu ihm auf den Bürgersteig und folgte seinem Blick.
    Ich merkte kaum, wie sich meine Fingernägel in Metins Unterarm bohrten. Sämtliches Blut sackte aus meinem Gehirn den Körper herab und landete in meinen Füßen. Sie waren wie in Beton gegossen. Ich konnte keinen Schritt vorwärts machen. Metin quiekte schmerzerfüllt und versuchte, meine Hand zu lockern. Doch es gelang ihm nicht. Meine Finger umklammerten seinen Arm wie eine holländische Autokralle einen Reifen.
    »Mein Auto«, keuchte ich. Das konnte

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