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Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)

Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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öffneten sie die Heckklappe und ich steckte schnell meinen Kopf unter Gregors Arm. Ein Raunen war zu hören. Rasselnder Polizeifunk drang an mein Ohr, Geplapper und das Gebrülle der Beamten hinter der Plane, dass es hier nichts zu sehen gäbe. Plastik raschelte.
    »Drei Einstiche. Einer vorn, zwei hinten«, sagte einer der E.-T.-Spurensicherer. »Nein. Vier.«
    Ich kannte Richard Pfeiffer nicht. Ich weiß nicht einmal, wie er ausgesehen hat – ob er graue Haare hatte oder eine Glatze. Das Einzige, was ich von ihm wusste, war, dass er tot war. Und es war alles, woran ich denken konnte. Ich sah zu Gregor hinüber, dessen Silhouette ich vor dem plötzlichen Tränenschleier nur noch verschwommen wahrnahm. Gefasst und geordnet stand er da, seine Augen abgeklärt aufs Ufer gerichtet, seine Arme vor der Brust verschränkt. Mir wollte nicht in den Kopf, woher er von dem Tatort wusste und warum er es für nötig hielt, mich hierhin zu schleppen. Warum er überhaupt in der Lage war, durch den Tatort zu marschieren. Er schien die Polizisten zu meiden. Und doch gehörte er nicht zum Pulk hinter uns. Doch wo zum Teufel gehörte er hin?
    Ich drehte meinen Kopf und sah der Spurensicherung zu. Die Luft war drückend. Haarföhntemperatur. Und trotzdem begann ich zu zittern. Ich schlang meine Arme um meinen Oberkörper, Gregor rückte zwei Zentimeter näher an mich heran, sodass sich unsere Ellenbogen berührten. Diese Geste wiederum brachte meinen Hormonhaushalt völlig durcheinander und ich konnte nichts anderes tun, als loszuflennen. Gregor umfasste mit einer Hand meinen Oberarm. Da war sie. Meine erste Leiche. Und es war ganz anders, als ich es mir immer vorgestellt hatte.
     
    Nach einer guten Stunde wurde Pfeiffer in einen Metallsarg verfrachtet und in den Leichenwagen geschoben. Ich saß mit Gregor und Edgar Ansmann auf einer festgeketteten Holzbank und starrte in meinen Kaffeebecher. Der Kaffee stammte aus der kleinen Trinkhalle und der Pächter, der über dem Lokal wohnte, hatte seine gute Stube für die Ermittler und Spurensicherer außerhalb der Geschäftszeiten geöffnet und bot Mittagssuppe und Kaffee an. Es war nach drei Uhr morgens.
    »Der Gasthausbesitzer hat Hugo Sachs dabei beobachtet, wie er versuchte, seinen Wagen in der Ruhr zu versenken. Doch Sachs hatte seine Rechnung weder mit dem Wirt noch mit dem flachen Ufer gemacht. Der Wagen blieb stecken und der Motor soff ihm buchstäblich ab. Als wir kamen, versuchte er gerade, den Audi in den Fluss zu schubsen. Aber die Reifen klebten wohl in dem Modder fest.« Ansmann hatte sich mittlerweile zu uns gesetzt. Eine gewisse Amüsiertheit zeichnete sich in seinen Zügen ab. Ich konnte seinen Humor nicht teilen. Insbesondere auch deswegen, weil ich nicht verstand, warum er sich überhaupt zu uns setzte. Lag es an mir oder an Gregor?
    Ansmann sah zu mir herüber »Ich will Sie später auf der Wache sehen. Ich möchte mit Ihnen über den Klebezettel sprechen«, wies er mich an.
    Ich nickte und sofort zischte er auch schon wieder ab. Gregor zog einen Flachmann aus seiner Hosentasche und kippte sich den letzten Inhalt in den Hals. Es roch nach Kräuterlikör.
    »Warum haben Sie mir hierhin gebracht?«, fragte ich ihn.
    Er stieß auf und wischte sich mit dem Handrücken über den Bart. Dann grinste er. »Weil ich es kann.«
    »Die Antwort reicht mir nicht. Wer sind Sie?«
    Sein Grinsen erstarb. »War es ein Fehler, dass ich Sie hergebracht habe?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Dann vermasseln Sie es nicht.« Er stand auf. »Kommen Sie. Ich bringe Sie heim.«
     
    Wenn ich überhaupt geschlafen hatte, dann mit offenen Augen. Gegen fünf, sieben und neun habe ich auf die Uhr geschaut. Zweimal habe ich nach meinem Handy auf meinem Nachttisch gesehen. Als ob mir jemand zwischen vier und sechs Uhr morgens eine Nachricht schreiben würde.
    Gegen zehn Uhr rollte ich mich schließlich von der Matratze und fluchte, als mein Gips auf den Holzboden knallte. Ich betrachtete mich im Spiegel und stellte fest, dass mein Nasenrücken ganzheitlich violett und meine Augen mausgrau schattiert waren. Meine Wange war immer noch wund und gerötet, die Wimperntusche lag abgebröckelt und in kleinen Klötzen auf meinen Tränensäcken.
    Im Bad trat ich die Klamotten von vorgestern beiseite und warf Hose und T-Shirt von gestern daneben. Mit einem Bein in der Wanne und dem Gipsbein auf der Badematte ließ ich das Wasser zwischen meine Schulterblätter prasseln. Ich nahm eine ordentliche Portion

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