Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)
Asphalt flimmerte die Luft. Wegen Platzmangel musste Gregor in einer Seitenstraße parken und ich überlegte während des Fußmarsches, ob ich einen Blick auf mein Handy in der Wohnung werfen sollte.
Das Adolfo’s war für einen Dienstagnachmittag relativ gut besucht. Das Geplärr der Gäste übertönte die italienische Folkloremusik. Nussbaumfarbene Tische waren mit rot-weiß karierten Tischdecken angezogen, die Stühle mit roten Sitzkissen geschmückt. Dicke blutrote Leinenvorhänge dunkelten das Restaurant ab und simulierten die Atmosphäre einer fensterlosen Pinte. Stielkerzen wachsten über ihre Kerzenständer und drei schwach ausgeleuchtete Kronleuchter flimmerten zusätzlich in romantisch-tragischer Manier. Als wir eintraten, jonglierte Anastasios gerade ein paar Tomatensalate zwischen den Tischen vorbei und begrüßte uns mit einem herzhaften: »Ciao, Ragazzi!« Ich winkte ihm zu und machte eine kurze Handbewegung, das Zeichen für Lasagne. Anastasios nickte und sein Pferdeschwanz wackelte eifrig zwischen seinen Schulterblättern. Dann verschwand er in der Küche.
Wir nahmen in einer rückengeschützten Nische Platz. Ein Gemisch aus Whiskey und Schweiß dünstete aus Gregors Haut. Trotzdem verhielt er sich überaus klar, taxierte die Kundschaft und machte sämtliche Not- und Hinterausgänge aus.
»Ich glaube, Sie sind mehr, als Sie vorgeben«, wagte ich mich nach vorn.
Er reagierte mit einer unverhohlenen Empörung. »Ich habe niemals vorgegeben, irgendjemand zu sein.«
»Was sind das für andere Jobs, die Sie machen?«, schnüffelte ich und sammelte das weiche Wachs am Fuße des Kerzenhalters auf.
»Hin und wieder bin ich im Vermittlungsgeschäft aktiv oder betreibe Warenverkehr für antiquarische oder schwer beschaffbare Waren.«
Ich zerdrückte das Wachs zwischen Daumen und Zeigefinger. Schwer beschaffbare Waren. Das konnte alles Mögliche bedeuten. Uran im Schlüsselanhängerformat zum Beispiel.
»Und Sie sind Taxifahrer. Und Schrotthändler.«
Sein Kinn zuckte und ich mutmaßte, dass dies wohl ein Nicken war.
Ich hob argwöhnisch eine Augenbraue, aber er blieb ernst. Ich riskierte einen Schritt nach vorn. »Woher kennen Sie Ansmann?«, fragte ich.
»Wie gesagt, wir hatten miteinander zu tun«, sagte er sichtlich genervt und starrte mich an.
»Was kann man mit jemandem von der Kripo zu tun haben, dass er Sie durch einen Tatort marschieren lässt?«
Als hätte Gregor mich nicht gehört, stand er plötzlich auf und ging zum Tresen, hockte sich auf einen Barhocker und ließ sich von dem Inder eine Vase Bier zapfen. Ich folgte ihm an die Bar, aber er ignorierte mich mit derart abweisender Körperhaltung, dass mir die nächste Frage nach Ansmann im Halse stecken blieb. Offenbar war er dieser Art von Fragerei wieder einmal überdrüssig geworden und ich dachte an seine Bemerkung, dass ich es besser nicht vermasseln sollte. Ich wollte es nicht vermasseln. Deswegen stichelte ich in eine andere Richtung. »Was glauben Sie, warum hat Sachs ihn umgebracht?«
»Gier, Neid oder Eifersucht« Er kippte sich einen ausgewachsenen Schluck den Hals hinunter.
»Ansmann sagt, er hat bisher nicht ausgesagt.«
»Das gibt sich schon noch, wenn die Beweise kommen.« Er sah mir auf die Füße. »Aber eine Leiche im Kofferraum macht ihn nicht gleich zum Mörder.«
Ich runzelte die Stirn. »Welche Beweise denn?«
Er begoss noch einmal seine Kehle. »Lassen Sie das mal Sorge der Bullen sein und hören Sie auf, Ansmann ans Bein zu pissen.« Er pustete mir seine Bierfahne entgegen, die den Whiskey ansatzweise übertünchte. Zwischen seiner feuchten Oberlippe und seiner gekräuselten, dunkelhaarigen Schnodderbremse triefte ein dünner weißer Schaumbart. »Ansmann versteht keinen Spaß und kann es nicht leiden, wenn so eine blonde, blauäugige Amateurin wie Sie in seiner Suppe rührt.« Mit halb geöffneten Augen sah er an mir herunter und blieb an meinem Gipsbein hängen. »Wir möchten doch nicht, dass Sie sich noch mehr wehtun.«
Ich war so überrumpelt, dass ich einige Sekunden lang überhaupt nichts sagte. Gregor erhob sein Bierglas und nahm einen letzten Zug.
»Dieser Typ, der seinen Audi mitsamt der Leiche in der Ruhr versenken wollte, hat versucht, mich umzubringen!«
Der Inder am Zapfhahn bekam große Ohren, verschwand aber, als Gregor ihn mit einem drohenden Ausdruck abstrafte.
»Da hatten Sie wohl den Papst in der Tasche und nur eine Schramme abbekommen. Welch eine Freude.« Er wandte sich von mir ab,
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