Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)
ganzen Sache nicht beteiligt gewesen zu sein. Gut möglich, dass er Schweigegeld wollte, weil er von dem ganz großen Schmiergeldkuchen nichts abbekam.«
»Er hat also Sachs mit diesen Unterlagen erpresst«, schlussfolgerte ich.
Gregor verzog unentschlossen die Mundwinkel.
»Und Metin hatte recht«, fasste ich zusammen. »Leute wie Pfeiffer kriegen nie den Hals voll.«
Er schmunzelte.
»Ich habe übrigens mit seiner Assistentin gesprochen. Er und Sachs konnten sich nicht ausstehen.«
»Hätte er mich erpresst, hätte ich ihn auch nicht gemocht«, sagte Gregor.
»Pfeiffer hat vor seinem Abgang eine E-Mail an seine Leute in der Firma geschickt und sich verabschiedet. Ob sein Erpressungsversuch fehlgeschlagen ist und er abhauen wollte?«
Gregor griff sich die nächste Flasche und stieß mir den Ellenbogen in die Hüfte, als er das Feuerzeug unter den Kronkorken steckte. »Wenn er abhauen wollte, muss er ziemlich blöd gewesen sein, sich vorher per E-Mail von den Kollegen zu verabschieden.«
Ich nickte ihm ausgelassen zu, denn er hatte vollkommen recht. »Aber nehmen wir mal an, er war so blöd. Dann könnte Sachs ihm zu Hause aufgelauert haben, als er schon auf dem Sprung war.«
»Möglich ist alles«, konstatierte Gregor nur und warf das Feuerzeug auf den Tisch. »Die Mordkommission sollte das Pfeiffer’sche Schlafzimmer vielleicht mal unter die Lupe nehmen.«
»Ansmann weiß schon davon. Aber so oder so dürfte es dafür zu spät sein. Pfeiffer hat die obere Etage bereits abgeräumt. Und wenn Ansmann von ihr erfährt, dass ich dort rumgeschnüffelt habe, legt er mich in Ketten.«
Beinahe gleichzeitig zogen wir unsere Augenbrauen zusammen.
»Und das wollen wir doch nicht«, resümierte er und setzte wieder die Flasche an.
Plötzlich klingelte mein Handy. Es war Sascha. »Auf dem Server ist mir ein neuer Dateneintrag quasi in den Schoß gefallen, weil die dösige Annegret es mal wieder nicht geschnallt hat und ich die Datensätze komplett umkleistern musste. Also, der vorläufige Obduktionsbericht ist durch. Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht.«
»Zuerst die schlechte«, sagte ich und bereitete mich auf das Schlimmste vor.
»Pfeiffer ist definitiv tot.« Sascha kicherte spitzbübisch durch den Hörer.
»Und die gute?«
»Ich kann dir sagen, wie lange er schon tot ist und wie man ihn um die Ecke gebracht hat.«
»Einen Eintrag über das Warum hast du zufällig nicht in petto?«
»Ne, leider nicht.«
»Dann erzähl mir, was du hast.«
»Also, wir haben vier Treffer mit einem runden, bleistiftdünnen Gegenstand. Todeszeitpunkt zwischen Montagabend um neun und Dienstagmorgen um eins. Bauchlage nach Todeseintritt, Rückenlage im Audi.«
»Bauchlage nach Todeseintritt?«, fragte ich.
»So steht’s drin«, antwortete Sascha. »Frag mich nicht. Ich hab von so etwas keine Ahnung.«
Ich puzzelte ein wenig mit meinen Gedanken, was nicht schwierig war. Denn im Gegensatz zu Sascha hatte ich tatsächlich sehr viel Ahnung von solchen Sachen: Mit 20 hatte ich die Biografien der wahnsinnigsten Serienmörder dieses Planeten gelesen. Mitte der 90er kam dann das Internet zu uns nach Hause und ich durchstöberte das Web nach Beiträgen zu forensischer Medizin und Spurensicherung. Mit 25 wusste ich um die Stadien der Verwesung, konnte Ein- von Austrittswunde unterscheiden und verstand, wie man am besten den Todeszeitpunkt feststellte. »Totenflecken«, brach es schließlich aus mir heraus und ich hörte ein Räuspern durch den Hörer.
Gregor sah auf.
»Totenflecken?«, wiederholte Sascha.
»Eine logische Rechnung. Zwischen sechs und zwölf Stunden ab Exitus drückt die Schwerkraft das nicht weiter zirkulierende Blut nach unten. Liegt der Tote auf dem Rücken, lagert auch das Blut im Rücken, beim Erhängen an den Füßen und so weiter. Dann, nach allerspätestens zwölf Stunden, wird das Blut so zähflüssig, dass es beim Umlagern nicht mehr so einfach durch den Körper fließen kann. Wie hart gekochtes Eidotter sozusagen. Ergo können wir davon ausgehen, dass unser Herr Pfeiffer bereits zwölf Stunden auf dem Bauch gelegen hat, ehe er letztendlich im Kofferraum geparkt wurde. Und zwar in Rückenlage.«
»Klingt sehr dünn«, sagte Sascha.
»Klingt nach einer chemischen Reaktion«, erwiderte ich. »Danke, Sascha.« Ich legte auf und bemerkte eine Kurznachricht von einer mir unbekannten Handynummer. Ich las eine hauptsächlich in Fäkalsprache abgehaltene Mitteilung von Metin, dass er ab sofort
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