Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)
ihm persönlich meine Gewerbeabmeldung in die Hand drücken. Von dem Blut hatte ich ihm bereits auf dem Verhörstuhl erzählt und wenn er meinte, er müsse mich nicht für voll nehmen, dann war das ganz allein seine Sache. Sollte er sich doch später dafür rechtfertigen müssen, dass er einem wichtigen Hinweis nicht nachgegangen war.
Außerdem war ich selbst auf dem besten Wege, die Sache allein hinzubiegen. Und wenn ich sie erst mal im Sack hatte, müssten Metin und Ansmann ihre Meinung über mich noch einmal gründlich überdenken. Ich musste nur Durchhaltevermögen zeigen. Kein Problem für eine Tochter, deren Mutter alle zwei Jahre einen Kohleherd in die Luft jagte und die der Meinung war, bei grünen Flammen würde Kesselwasser am besten kochen.
Stolz wie Oskar humpelte ich mit der Akte unter dem Arm die Wiese hinunter. Corinna saß im Auto, den Kopf in die Nackenstütze gedrückt, und schnarchte. Haarsträhnen klebten an ihren Lippen und flogen auf, wenn sie ausatmete. Ihr blasses Make-up glänzte wie Penatencreme.
Ich stand vor der Beifahrertür und wollte sie gerade öffnen, als mich eine Hand am Nacken packte und so kräftig zudrückte, dass ich gequält aufschrie. Corinna schreckte auf und schrie auch. Ich versuchte, einen Blick auf die Person hinter mir zu erhaschen, doch sie stand im toten Winkel und drückte meinen Kopf immer mehr nach vorn. Mein rechter Arm flatterte, die Akte war unter den linken geklemmt. Irgendwann ließ der Druck im Nacken etwas nach, aber mein Despot hielt mich immer noch fest im Schwitzkasten. Ich hechelte den Mief von Zigaretten ein.
»Was wollen Sie hier?«, quäkte ich.
Gregor ließ von mir ab. »Ich bin Ihnen gefolgt«, sagte er kurz.
Mein Herz klopfte. Unter Gregors Barthaaren nahm ich den Schatten von Grübchen wahr und die Krähenfüße amüsierter Augen machten ihn um fünf Jahre älter. Hohn bekam ihm nicht.
»Metin traute Ihnen nicht. Zu Recht, wie ich feststelle.« Er schien wieder einigermaßen nüchtern zu sein, auch wenn mir eine Fahne entgegenkam. Gregor sah auf die Dokumentenmappe und wollte sie mir aus der Hand nehmen, aber ich wich zurück. Dann sprang er hinter mir her und riss an der Pappe, sodass meine Haut durch den groben Kontakt quietschte. Als er darin herumblätterte, registrierte ich, wie die Grübchen und Krähenfüße langsam verschwanden.
»Wer hat Ihnen das gegeben?«, fragte er.
»Pfeiffers Witwe.«
»Hat sie es gesehen?« Seine Stirn zeigte auf Corinna und ich schüttelte den Kopf. »Gut. Sie soll verschwinden. Sofort. Und Sie kommen mit mir.«
»Aber sie darf nicht allein fahren, sie hat einen Popelschein.«
»Einen was?«
»Begleitetes Fahren«, korrigierte ich mich.
Gregor starrte mich ungläubig an. Dann steckte er seinen Wuschelkopf durch das Seitenfenster. »Wo wohnen Sie?«, wandte er sich an Corinna.
»Höntrop.«
Er musterte mich. »Das ist um die Ecke. Das schafft sie allein. Los, fahren Sie«, befahl er Corinna.
»Nix da. Ich hau doch nicht ab, wenn es gerade spannend wird.« Sie machte Katzenaugen.
Gregor schien damit gerechnet zu haben. Geschmeidig griff er in seine Arschtasche und entnahm ihr eine Geldbörse aus büffelbraunem Leder, durchforstete sämtliche Fächer und angelte schließlich eine knitterige und ausgeblichene Visitenkarte heraus. Ohne ein weiteres Wort ließ er sie in Corinnas Schoß segeln. Ich konnte nicht erkennen, was auf der Karte stand, doch sie zeigte eine nicht zu übersehende Wirkung. Corinnas Katzenaugen wurden tellerrund. Flink zerquetschte sie die Karte in ihrer Faust, stopfte sie in ihre Hose und ließ den Motor an. Blitzschnell ruckelte sie an der Gangschaltung, trampelte auf der Kupplung und der Wagen flog mit einem Keuchen nach vorn. Abgesoffen. Nach dem zweiten Versuch zischte der Twingo wie eine Silvesterrakete über den Bürgersteig und haarscharf an einem BMW vorbei. Ich zuckte zusammen, stieß einen stummen Schrei aus und verkrampfte meine Finger irgendwann, als der Wagen außer Sichtweite war, in meinen Haaren.
Gregor war gegen jede Art von Widerstand gerüstet. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, welche Drohmittel er für mich noch in petto hatte, denn tiefe Löcher auszugraben, gab es bei mir genügend.
»Sie haben eine Todessehnsüchtige mit meinem Auto wegfahren lassen«, blökte ich. »Haben Sie nicht ihren Aufzug gesehen, ihre Schminke, ihren irren Blick in den Augen?«
»Kommen Sie.« Seine Hand umfasste meinen Arm und er lotste mich in die Querstraße, wo sein Taxi
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