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Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)

Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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oberen Etagenfenster des Hauses hörte ich, wie jemand fluchte. Es war nicht Corinna, denn es kam von oben. Außerdem war die Stimme männlich. Ich schaute hoch.
    »Was machst du hier?«
    Wie eine Gottesanbeterin kauerte mein Kollege Sven in der Krone und knickte seine knochigen Arme gegen die Sonne. In den Händen hielt er seine extravagante Spiegelreflexkamera.
    Ich zog mich an seinem Bein hoch.
    »Mach mal Platz«, sagte ich und Sven rückte einige Zentimeter zur Seite.
    »Der Ast wird uns nicht beide halten.«
    »Mach dir da mal keine Sorgen«, erwiderte ich giftig und ließ mich auf dem knarrenden Ast nieder.
    »Was suchst du hier?«, wiederholte Sven.
    »Nur eine Beschattung. Und du?«
    »Ich auch.«
    Dicke Fragezeichen schwirrten über unseren Köpfen. Wortlos sah ich durch das Fenster des Hauses, erfasste aber nur Umrisse.
    »Gib mal her«, forderte ich Sven auf und nahm ihm die Kamera aus der Hand.
    »Sei bloß vorsichtig mit dem Ding«, mahnte er.
    Ich guckte durch die Linse und richtete das Zoom aus. Ich fand Hegels nackten wirbelnden Hintern über einem massiven Mahagonischreibtisch sowie zwischen den Beinen einer mäßig gebauten Brünetten. Die beiden trieben es vogelwild und die Stellung schien hohe physische Ansprüche an Hegel zu stellen. Immerhin waren ihre Schenkel kurz davor, seine Nieren zu zerquetschen. Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen.
    »Lass mich raten«, sagte ich. »Die Frau geht fremd?«
    »Bist du wegen der Frau hier?«
    Ich verneinte und gab ihm die Kamera zurück. »Wegen ihm.«
    Erleichterung machte sich in seinem Gesicht breit. Wenn man genauer hinsah, konnte man sogar ein Lächeln erkennen.
    »Lass mir ein Bild übrig, auf dem seine Visage zu erkennen ist. Mal gucken, ob wir das beim Arbeitgeber verwerten können.«
    »Du machst Witze.«
    Ich schaute an meinen baumelnden Füßen vorbei nach unten. »Wie soll ich bloß hier wieder runterkommen?«
    Sven antwortete nicht. Ich rappelte mit den Füßen und versuchte, mich langsam zum nächsten Ast zu tasten. Dann machte es knack und der Ast, auf dem wir saßen, knickte ab.
    Ich rutschte mit den Füßen auf das Geäst unter mir. Sven fluchte wie ein Rohrspatz, hielt sich mit einer Hand in der Krone fest, die andere umklammerte seine Kamera. Seine dünnen Beine fledderten in der Hose und sein T-Shirt war in den Zweigen verwickelt, sodass sich mir seine nackte Hühnerbrust darbot. Es war kein schöner Anblick.
    Der eingeknickte Ast hing quer in der Baumkrone. Ich hangelte mich herunter und landete nicht gerade sachte auf meinen Füßen, sodass ich vor Schmerzen aufquiekte. Sven hing immer noch da oben und drohte mir mit seiner Mäusefaust.
    »Können wir ihm nicht irgendwie helfen?«, fragte ich Corinna, die sich sicher im Schatten versteckt hatte. »Er tut mir irgendwie leid.«
    »So ist halt die Natur«, bemerkte sie lapidar. »Die einen packen es, die anderen nicht.«
    Ich nickte einsichtig und wir traten zügig den Rückzug an, bevor das drollige Liebespaar auf Svens Schelten aufmerksam wurde.
     
    Zurück in Wattenscheid standen Gregor und Metin bereits im Eingang der Detektei. Metin hielt sich im Schatten auf, während Gregor sich die heiße Sonne auf den Skalp scheinen ließ. Mit einem angespannten Blick auf den Boden glitt Corinna zwischen den beiden Mannsbildern hindurch und setzte sich ohne Umschweife an ihren Schreibtisch. Als ich hineingehen wollte, versperrte Metin mir den Weg.
    »Ich habe heute Zeitung gelesen. So weit ist es schon mit mir gekommen. Ich lese Zeitung!«
    »Krieg dich wieder ein. Ich habe da schon was angeleiert«, log ich.
    »Ich will, dass man liest, dass Tozduman Securities der Tod von einem Beratungsfuzzi scheißegal ist. Tozduman Securities arbeitet nicht mit der Polizei zusammen.«
    »Soll ich dich zitieren?« Ich drückte mich an ihm vorbei und seine speckige Haut streifte dabei meinen Handrücken. Sein Hemd war schwarz wie der Weltraum und dennoch kalt. Im Büro röhrte sich das Klimagerät wieder die Seele aus dem Leib. An seinen grauen Lamellen pappten Staubfetzen, die im Luftzug flatterten und vibrierten. Der Temperaturregler war ein Drehknopf mit einer Skala und ich konnte erkennen, dass der Regler irgendwo bei 14 Grad stand. 14 Grad? Mein Gehirn spuckte Alarmsignale aus. Meine Haarfollikel richteten sich auf, mein Herz schaltete auf Notstrom und meine Augen produzierten überschüssige Tränenflüssigkeit. Ich ging zur Steckdose und zog das Kabel raus. Mit einem kränklichen Röcheln fuhr

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