Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)
spricht?«
»Machen Sie sich da keine Sorgen«, sagte er.
»Keine Sorgen?« Ich stemmte meine Hände in die Hüften. »So langsam wird es mal Zeit, die Proletenmasche abzulegen und Tacheles zu reden, finden Sie nicht? Ich habe es jedenfalls satt, mich ständig von einem Haudrauf-Heini herumkommandieren zu lassen. Und gucken Sie gefälligst nicht so grantig!«
»Passen Sie auf, was Sie sagen«, drohte er mir.
»Oder was?«
Er schwieg.
»Also was ist?«, bohrte ich weiter. »Sind Sie Polizist?«
»Das ist lange her.«
»Also doch!«, triumphierte ich, was ihm offensichtlich missfiel.
Er legte eine Hand auf meine Schulter und drückte sie, als wolle er damit einen Ausschaltknopf betätigen. »Kommen Sie. Lassen Sie uns reinhören, was Kollege Ansmann uns zu berichten hat.«
Der aromatische Duft gemahlener Kaffeebohnen lag in der Luft, als wir die Kaffeerösterei in der Bochumer Fußgängerzone betraten. Bunt bestickte Kissen türmten sich auf den Kunststoffstühlen und Holzbänken, die Wände waren mit Ethno-Motiven bepflastert. Im hintersten Eck stapelten sich Leinensäcke voller Kaffeebohnen aus Äthiopien, Kenia und Kambodscha und verliehen der rechteckigen Klitsche ein uriges Flair. Der Laden hatte erst seit einer halben Stunde geöffnet und außer uns gab es keine Gäste. Die rothaarige Verkäuferin schnitt den frisch gebackenen Kuchen, eine Variante mit Äpfeln und tonnenweise Puderzucker. Ihr hagerer Kollege mit hauchdünnem Nasenfahrrad füllte die Maschinen mit Kaffeebohnen auf. Die Bohnen fielen scheppernd in das Mahlwerk und übertönten für eine Sekunde lang den indischen Bollywood-Pop, der im Hintergrund plätscherte.
Ansmann saß kerzengerade im Sessel und faltete die Hände in den Schoß. Er trug ein Button-down-Hemd mit feingliederigen Längsstreifen und eine mausgraue Stoffhose. Sein Haar war nach Bauplan zerzaust und seine schwarzen Halbschuhe glänzten in der frei geregneten Mittagssonne. Gregor hatte ein durchnässtes T-Shirt mit Heavy-Metal-Motiv am Leib und war mit seinem Vollbart und seiner wuseligen Matte auf dem Kopf Ansmanns optisches Alter Ego. Ich fläzte in einem Kunststoffsessel und zerbröselte einen Schokoriegel in heißer Milch. Ansmann würdigte weder mich noch meine Tasse eines Blickes, was mich nicht störte, denn ich hatte nichts anderes von ihm erwartet. Im Gegenteil. Gregor trank einen Tee, wahrscheinlich weil es in der Kaffeerösterei keinen Alkohol gab. Ansmann trank gar nichts.
Gregor führte das Gespräch an. Von dem Verhör und der Akte erwähnte er nichts. Als er fertig war, schwoll Ansmanns Kopf zu einer Wassermelone an. Er kochte vor Wut.
»Wie konntet ihr die Details über die Blutspuren im Haus nur für euch behalten? Ihr habt Beweise unterschlagen! Dafür könnte ich euch in den Knast stecken.«
Entrüstet fuhr ich hoch. »Ich habe Ihnen davon erzählt! Im Verhörraum.«
Er blinzelte kurz und wandte sich sofort an Gregor. »Was macht sie hier?«
»Sie unterstützt mich«, sagte der kurz und bündig. Mir war nach Arroganz, als ich Gregor zuhörte. Doch stattdessen platzte mir fast der Kragen. Dieser Hanswurst von einem Kommissar überging die Tatsache, dass er einem relevanten Hinweis nicht nachgegangen war. Dass er einen Fehler gemacht hatte. Stattdessen visierte er mich mit einem geringschätzigen Ausdruck an.
»Scheint, als würde ihr der Job so richtig Spaß machen.« Er begutachtete mein blaues Auge.
Fuchtig ballte ich unter der Tischplatte meine Hände zu Fäusten.
»Also, Edgar«, lenkte Gregor ab. »Was habt ihr?«
»Nach dem Obduktionsbericht wurde Pfeiffer am Montag in der Nacht zum Dienstag zwischen neun Uhr abends und ein Uhr morgens getötet.«
Wissen wir schon, dachte ich.
»Genauer ging’s nicht?«, fragte ich beleidigt. Natürlich war die Frage vollkommen überflüssig, weil ich aus eigenen Internetrecherchen wusste, wie schwierig die Bestimmung des Todeszeitpunktes war. Trotzdem konnte ich es mir nicht verkneifen. Er ignorierte meine Frage vollends.
»Was ist mit dem Alibi?«, griff Gregor ein und Ansmann wandte sich von mir ab. Er machte keinen Hehl daraus, dass er angepisst war, weil ich an seinem Tisch saß und mit ansehen durfte, wie er Gregor quasi zu Kreuze kroch. Doch er kam in der Sache nicht voran und musste sich wohl oder übel auf mein Niveau herablassen. Das bedeutete für mich Endorphine pur.
»Sachs war in dem ganzen Zeitraum bei der Jubiläumsfeier anwesend. Wir haben Zeugen, die ihn dort gesehen
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