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Terakon

Terakon

Titel: Terakon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maria Klima
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Meine
Eltern waren immer für uns da. Meine Mutter war das Herz unserer Familie. Sie
war für die Emotionen zuständig. Mein Vater wusste beinahe auf alles eine
Antwort. Ich war immer von seiner besonnenen und geduldigen Art beeindruckt. Er
reagierte nie überzogen oder übereilt. Jetzt weiß ich, dass er wahrscheinlich
durch Jahrhunderte voller Lebenserfahrung geprägt war. Damals hatte ich alles.
Nun waren sie alle außer Reichweite. Meine Schwester würde ich nie wieder sehen
und meine Eltern vermutlich auch nicht. Wenigstens konnte ich hoffen, dass sie
glücklich waren. Ich fühlte mich mutterseelenallein. Unauffällig zog ich mich
zurück, nahm meinen Mantel und ging in den Garten. Dort setzte ich mich auf die
Stufen zur Eingangstüre.
    "Warum bist du so traurig?" Martellius setzte sich neben mich und
wartete geduldig auf meine Antwort.
    "Ich habe nur gerade meine Familie vermisst."
    "Wo sind sie?"
    "Meine Eltern sind verschwunden und meine Schwester gibt es nicht
mehr."
    "Das tut mir leid. Erzähl mir von ihnen."
    "Meine Mutter gab sich mit dem Weihnachtsessen immer sehr viel Mühe. Papa
versuchte ihr dabei zu helfen. Meistens warf sie ihn spätestens nach einer
halben Stunde aus der Küche. Meine Schwester und ich freuten uns immer schon
auf seine Verbannung, denn wenn seine Hilfe nicht mehr erwünscht war,
verbrachte er den restlichen Tag mit uns. Wir gingen Rodeln, Schifahren oder er
spielte uns etwas am Klavier vor. Manchmal erzählte er uns Geschichten von
längst vergangenen Zeiten. Jetzt wo ich weiß, dass er kein Mensch ist, bin ich
mir nicht mehr sicher, ob es wirklich Geschichten oder doch seine Erlebnisse
waren."
    "Seit wann weißt du, was dein Vater ist?"
    "Was er ist, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass er kein Mensch ist. Ich
dachte Michael hätte es dir erzählt."
    Hoffnungsvoll blickte ich ihm in die Augen, aber er hatte es nicht gewusst.
    "Michael wird stinksauer sein, er hatte mich gebeten es niemandem zu
verraten."
    Martellius wirkte überrascht. "Hat er das? Gibt es jemanden der bezeugen
könnte, dass du zur Hälfte ein übernatürliches Wesen bist?"
    "Ja, meine Babysitterin Rosalia."
    Ich schloss kurz die Augen, bevor ich weitersprach: "Ihr nennt sie
scheinbar Moravia."
    Seine Augen weiteten sich, ihr Name hatte eine Bedeutung für ihn. "Wir
sind zwar kein Ersatz für deine Familie, aber vielleicht kannst du uns auch
etwas abgewinnen. Rodeln können wir hier zwar schwer, aber wir könnten mit den
Pferden eine Kutschenfahrt machen. Außerdem ist es bei uns ebenfalls Tradition
zu musizieren. Ich und Stefan spielen Geige, Michael Kontrabass, Natalia singt
und Alessandro bevorzugt die Querflöte, aber er spielt auch Klavier."
    Durch sein nettes Bemühen, fühlte ich mich fast wie ein Teil der Familie. Er
legte eine Hand auf meine Schulter. "Wie kommst du damit zurecht, dass du
gestern beinahe gestorben wärst?"
    "Was, ach das, ich bin mir noch immer nicht ganz im Klaren wer oder was
mir geholfen hat. Stefan und Alessandro waren es sicherlich nicht."
    Die Stimme, die ich nun hinter mir hörte, war Michaels. "Alles in Ordnung
bei euch?"
    Martellius antwortete ihm: "Ja, wir kommen gleich. Willst du den anderen
verraten, dass sie ein Halbling ist oder planst du es weiterhin zu
verheimlichen."
    Michael warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu. Martellius stand auf und
während er ins Haus ging, sagte er: "Alles klar, euer Geheimnis ist bei
mir sicher. Ich hoffe, du weißt was du tust."
    Michael half mir auf und wir folgten seinem Vater. Kaum hatten wir den Raum in
dem die anderen waren betreten, schlug Martellius vor, ein Feuer zu machen und
bat Michael um seine Hilfe beim Holen des Holzes - was lächerlich erschien,
wenn man bedachte, wie stark die beiden waren. Martellius wollte also mit
seinem Sohn unter vier Augen sprechen.
    Am nächsten Morgen war ich die Letzte, die aufwachte. Durch das Fenster konnte
ich die anderen im Garten sehen. Es war kalt draußen, zwar lag kein Schnee,
hier war es wärmer als in Salzburg. Vielleicht hatte es hier nie geschneit,
aber auf dem Gras befand sich Reif. Ich hatte keine Lust zu frieren, daher
kleidete ich mich mehrschichtig. Eine Legging unter meiner Jeans und ein
T-Shirt unter meiner Bluse gefolgt von einem Wollpullover und meinem schwarzen
Wintermantel. Kappe und Handschuhe durften natürlich auch nicht fehlen. Ich
öffnete das Fenster. Michael hatte das Geräusch, das dadurch entstand gehört,
denn er entdeckte mich und stand mit einem Sprung neben mir.

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