Teranesia
hörte endlich auf, mir wegen all der Ideologie Sorgen zu machen, die Amita mir aufzudrängen versucht hätte, wenn sie jemals erfahren hätte, dass ich schwul bin. Ich dachte zum ersten Mal darüber nach, was es für mich bedeutet – statt für alle anderen.« Er hielt abrupt inne, als ihn der Mut verließ; er hatte sich bereits hinreichend zum Idioten gemacht.
Felix jedoch drückte seine Schulter und sagte: »Ich höre dir zu. Red weiter.«
Prabir hielt den Blick auf den Fußboden gerichtet. »Ich dachte: Vielleicht sollte ich froh sein. Die Evolution ist bewusstlos: eine große dumme Maschine, die auf der einen Seite mikroskopisch kleine Verbesserungen hervorbringt und auf der anderen Leichen in milliardenfacher Anzahl. Wenn ich nur eine gute Sache aus alldem retten konnte – wenn ich eine Möglichkeit fand, die Maschine zu betrügen und gleichzeitig glücklich zu sein –, dann wäre das bereits ein Erfolg. So wie ich Madhusree aus dem Krieg gerettet habe.« Er blickte auf. »Klingt das für dich irgendwie sinnvoll?«, fragte er hoffend.
»Es klingt äußerst sinnvoll.«
»Aber du glaubst nicht, dass es wirklich so ist, nicht wahr? Du glaubst nicht, dass ich die Maschine austricksen konnte.«
Felix zögerte, dann seufzte er verzweifelt, als stünde er vor der unangenehmen Entscheidung, sich entweder mit ihm zu streiten oder ihm nachzugeben.
»Ich glaube, dass es keine Rolle spielt«, sagte er schließlich.
Prabir hatte plötzlich genug von diesem Gespräch. Er hatte seine Seele entblößt, aber es hatte sie beide kein Stück näher gebracht. Er fasste Felix an den Schultern und zog ihn aufs Bett.
»Ah, so gefällt es mir besser: weniger Theorie, mehr Praxis.« Felix küsste ihn innig, dann strich er mit der Hand über seine Körpermitte. »Du musst eine ganze Menge aufholen.«
»Ich werde dich bis zum anderen Ufer der Aue jagen«, versprach Prabir.
*
»Ich möchte dich um einen Gefallen bitten.«
Madhusree wusch das Frühstücksgeschirr ab, während Prabir abtrocknete. Felix war gegangen, aber sie hatten sich für den Abend verabredet. Das Licht der Wintersonne erfüllte die Küche und offenbarte jedes Staubkörnchen und jede Unebenheit in den abgenutzten Oberflächen. Prabir fühlte sich rundum zufrieden. In seinem Leben gab es keine Probleme, nur selbstgemachte Komplikationen. Sie waren glücklich und in Sicherheit. Was konnte er sich darüber hinaus noch wünschen?
»Dann tu es«, sagte er.
»Ich brauche etwas Geld.«
»Klar. Wie viel?«
Madhusree verzog das Gesicht und wappnete sich. »Fünftausend Dollar.«
»Fünftausend?« Prabir lachte. »Was hast du vor? Willst du eine Firma gründen?«
Madhusree schüttelte verständnisvoll den Kopf. »Ich weiß, ich verlange sehr viel.« Dann fügte sie völlig ernst hinzu: »Deshalb war ich so froh, dass Felix gestern Abend hier war. Ich habe die ganze Woche abgewartet, bis ich dich in guter Stimmung erwische.«
Prabir schlug ihr mit dem Geschirrhandtuch auf den Arm. »Werd nicht unverschämt! Außerdem spielt es gar keine Rolle. Ich bin immer in guter Stimmung.«
»Ha!«
»Also? Wozu brauchst du das Geld?«
»Ich müsste es dir eigentlich in ein paar Jahren zurückzahlen können. Sobald ich meinen Abschluss gemacht habe…«
Prabir stöhnte. »Du musst es mir nicht zurückzahlen. Sag mir nur, wofür du es brauchst.« Er studierte ihren Gesichtsausdruck; sie erwiderte seinen Blick mit übertriebener Lässigkeit, aber sie konnte sich nicht völlig verstellen. In Wirklichkeit war sie nervös.
Jetzt machte er sich Sorgen. »Wenn du in irgendwelchen Schwierigkeiten steckst, sag es mir einfach. Ich werde nicht wütend sein.«
»Ich habe das Angebot erhalten, an einer Expedition teilzunehmen«, sagte Madhusree. »Es ist ein Forschungsprojekt, das gemeinsam von mehreren Universitäten getragen wird. Einundzwanzig Teilnehmer, hauptsächlich Promovierte, aber sie nehmen auch zwei Studenten mit. Allerdings reicht die Finanzierung für uns nicht aus, sodass wir das meiste selbst bezahlen müssen.«
»Aber… das ist doch phantastisch!« Prabirs Besorgnis wich großer Erleichterung und schließlich Stolz. »Nur zwei Plätze für Studenten, und dir hat man einen angeboten?« Er stellte den Teller, den er abgetrocknet hatte, ab und nahm sie in die Arme, hob sie vom Boden hoch. »Natürlich kannst du das Geld haben, du Dummkopf! Was hast du denn gedacht, wie ich reagieren würde?«
Als er sich von ihr löste, sah er, dass Madhusree errötet war. Prabir
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