Terra Mater
Sicherheitsoffizier übergeben müssen. Sie hatten riesige Lagerhallen voller Container und Fahrzeugen zu Forschungszwecken durchquert und waren durch kleinere Räume gegangen, in denen sich die Passagiere die Zeit mit Kartenspielen vertrieben.
Das Raumschiff lag bereits seit über einem Monat im Astroport von Ut-Gen. So viel Zeit war nötig, um frische Lebensmittel, Handelswaren und Treibstoff an Bord zu nehmen. Die meisten Passagiere stammten aus den Skoj-Welten und waren Emigranten. Sie blieben lieber auf dem Schiff, anstatt sich in Glatin-Bat der krankhaften Neugier der Einheimischen auszusetzen.
Jek konnte den Blick nicht vom Rücken San Friscos lösen. Der erste Offizier des Dogen Papironda war ein gesunder
Mensch wie alle Mitglieder der Besatzung; ein Mann mit halblangem, glattem, schwarzem Haar, Schlitzaugen, Hakennase, bronzefarbenem Teint und dunkelbraunen Lippen. Er war schlank und bewegte sich mit derart leichtfüßiger Geschmeidigkeit, dass er den beunruhigenden Eindruck eines Raubvogels machte. Seit ihrer Begegnung hatte er kein Wort gesagt, nur manchmal warf er Jek einen undurchdringlichen Blick zu, was ihn in den Augen des Jungen noch geheimnisvoller erscheinen ließ.
Jetzt gingen sie über einen hell erleuchteten Gang, an dessen Ende sich eine Tür aus geschnitztem Holz befand. San Frisco öffnete sie und trat zur Seite, um die Besucher vorbeizulassen. Sie standen in einem Vorzimmer, dessen Decke mit holographischen elektronischen Aufzeichnungsgeräten ausgestattet war. Nur ihr konstantes Summen durchbrach die Stille. Der Eingangstür gegenüber gab es eine zweite. Sie stand halb offen.
»Bring sie rein!«, dröhnte eine dunkle Stimme nach einer Weile.
Sie betraten eine sehr geräumige Kabine, die mit Wasser-Wandbehängen und kostbaren Teppichen vom Planeten Orange ausgestattet war. Hinter einem bauchigen Schreibtisch mitten im Raum saß ein kahlköpfiger Mann mit schmalem Gesicht und großen hellgrauen Augen. Er spielte geistesabwesend mit einem kleinen, ausgeschalteten, holograpischen Kugelfernseher.
»Schon wieder Sie, Trar Godovan. Hoffentlich haben Sie einen guten Grund, mich zu stören. Sie wissen doch, dass wir in drei Tagen abfliegen und dass unsere Zeit infolgedessen knapp ist.«
Der Doge Papironda entsprach so gar nicht dem Bild, das sich Jek von einem Halsabschneider und Plünderer gemacht
hatte. Er hatte sich einen bärtigen und behaarten Riesen mit buschigen Brauen vorgestellt, mit schwarzen Augen und Raubtierzähnen, einen mit Fellen bekleideten Halbwilden, der das Blut seiner Opfer aus einem Kelch schlürfte … Doch er stand vor einem Mann in einer eleganten Jacke aus schwarzer Seide, der weiße, wohlgeformte Hände hatte und sich aristokratischer Manieren und einer gepflegten Sprache bediente. Allein der scharfe Unterton in seiner Stimme verriet eine unbeugsame Härte.
»Mit den Flüchtlingen aus dem Nord-Terrarium, die Sie nach Glatin-Bat bringen ließen, war nichts anzufangen, Trar Godovan«, sagte der Doge. »Ich konnte sie nicht einmal an die Minengesellschaften von Neorop verkaufen. Die Konzessionäre dort wollen keine Leute, die unter Beta-Zoomorphie leiden.«
»Und was haben Sie mit ihnen gemacht?«, fragte Godovan unterwürfig.
»Ich habe die Entscheidung über ihr Schicksal dem Rat der Traren von Glatin-Bat überlassen. Doch die Stadt hat in demographischer Hinsicht bereits einen kritischen Punkt erreicht, wie Sie sicher wissen, und …«
»Was bedeutet …?«, mischte sich Todeskuss ein.
Den Mund des Dogen umspielte ein sardonisches Lächeln. »Sie haben mich sehr gut verstanden, Hexenmeister. Niemand will die Quarantäner aus dem Ghetto haben: weder die Oberirdischen in Anjor noch die Clans in der verseuchten Zone …«
»Die Quarantäner waren unsere Brüder, und es hätte vielleicht eine Lösung gegeben«, beharrte der Hexenmeister wütend. »Die Freie Weltraum City zum Beispiel …«
»Sie irren, Hexenmeister. Die freien Bürger des Alls akzeptieren keine Mutanten, weder Hybriden aus menschlichen
und nichtmenschlichen Rassen oder wie Sie, einen Menschen mit Beta-Zoomorphie. Außerdem hätten alle Clans, auch der Ihre, zusammenlegen müssen, um die Reise der Quarantäner zu bezahlen. Ich sage Ihnen wohl nichts Neues, wenn ich darauf hinweise, dass diese Leute unüberwindbare finanzielle Schwierigkeiten haben … Aber Sie wollten mich sicher nicht sprechen, um über das Los der Flüchtlinge zu diskutieren …« Er deutete auf die im Halbkreis vor
Weitere Kostenlose Bücher