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Terra Science Fiction

Terra Science Fiction

Titel: Terra Science Fiction Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schelwokat
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und erwischte ihn am Ärmel. »Stan«, sagte ich heiser und zog ihn zu mir. »Bist du es wirklich?«
    Der Mann lächelte höflich. »Sie müssen mich verwechseln.« Mühelos löste er meine verkrampften Finger von seinem Arm und ging weiter. Erst jetzt bemerkte ich, daß er in Begleitung von zwei Männern war. Ich fühlte, wie sie mich musterten und sich mein Gesicht einprägten.
    Vermutlich bedeutete es gar nichts. Wie haben alle unsere Doppelgänger. Vielleicht war es wirklich nur eine Verwechslung.
    Aber ich rief mir die Vergangenheit ins Gedächtnis zurück und begann nachzudenken.
    Das Haupthindernis, das die Raketenleute zu überwinden hatten, lag auf der Erde. Es waren die ungeheuren Kosten eines solchen Projekts. Das zweite Problem war das Gewicht der zu transportierenden Nutzlast. Selbst ein mittelgroßer Mann ist übermäßig schwer, wenn es gilt, ihn mit einer Rakete hochzuschießen. Und Vorräte und Ausrüstung, die für sein Überleben unbedingt notwendig sind, fallen noch mehr ins Gewicht.
    Wenn Stan lebend davongekommen war, warum hatten sie es uns nicht gesagt? Aber ich wußte, die Fragestellung war verkehrt.
     
    Wenn meine Überlegungen richtig waren, dann war Stan nie oben gewesen. Die wirkliche Nutzlast der Rakete hatte aus einer Dreißig-Tage-Bandaufnahme und einem Sender bestanden. Wenn auch die enorme Leistung, eine bemannte Rakete zu starten, ihre Geldmittel überstieg, soviel wenigstens hatten sie fertiggebracht.
    Dann bekamen sie das Geld.
    Ich nehme an, daß die von der Rakete automatisch gesendeten Meßergebnisse eine große Hilfe waren. Trotzdem – was sie in jenen dreißig Tagen vollbracht hatten, grenzt an ein Wunder.
    Die Herstellung der Bandaufnahme muß Monate in Anspruch genommen haben. Aber der wichtigste Punkt des Unternehmens war absolute Verschwiegenheit. General Finch mußte Bescheid wissen und Kapitän – jetzt Oberst – Pickrell. Und noch ein paar andere – Techniker, Beamte – und Stan.
    Was konnten sie später mit ihm anfangen? Ihn verkleiden. Und ihn dann in der größten Stadt der Welt verstecken. Das hätten sie bestimmt getan.
    Ich hatte ein unbeschreibliches Gefühl, als ich darüber nachdachte. Kein Mensch kann es leiden, wenn es für dumm verkauft wird. Ich auch nicht. Und das hier war ein Betrug, dem die ganze Menschheit aufgesessen war.
    Und trotzdem – er hatte uns die Planeten erschlossen. Vielleicht würde er uns bald zu den Sternen führen. Wie hätten sie es anders machen sollen?
    Ich rede mir vergeblich ein, daß ich mich geirrt habe. Dieser Mythos ist inzwischen ein Teil von uns geworden. Wir erlebten ihn. Wir halfen bei seiner Entstehung. Einmal, so sage ich mir, wird ein Raumfahrer, dessen Verehrung größer ist als Gehorsam und ehrfürchtige Scheu, eine Wallfahrt zu Stans dahinrasendem Grabmal machen und nur ein leeres Gehäuse finden.
    Ich schaudere bei diesem Gedanken.
    Das hat uns zusammengebracht. In gewissem Sinn hält es uns noch immer zusammen. Nichts ist wichtiger als das.
    Aber vielleicht habe ich mich doch nicht geirrt. Das glatte schwarze Haar war jetzt kürzer geschnitten und an den Schläfen ergraut. Der Schnurrbart war weg. Und die Clark-Gable-Ohren lagen flach am Kopf. Doch – soviel ich weiß, ist das eine einfache Operation.
    Aber ein Lächeln läßt sich schwer ändern. Und keiner, der diese dreißig Tage durchlebt hat, wird je diese Stimme vergessen.
    Ich grüble über Stan nach. Was für ein Leben wird er jetzt führen? Und was ist mit diesen Dingen, die er so sehr liebte und die er jetzt nicht mehr genießen kann? Und ich erkenne, daß er vielleicht das größte Opfer gebracht hat.
    Manchmal, so denke ich, müßte er sich wünschen, wirklich in der Höhle der Nacht zu sein und in jenem eisigen Kontrollsessel zu sitzen – 1075 Meilen über der Erde – und mit blicklosen Augen die Sterne anzustarren.
     

 
    WILLIAM VOLTZ
     
    Willi Voltz, 1938 in Offenbach geboren, begann seine Karriere im Fandom, wie eine Anzahl anderer deutscher SF-Autoren auch. 1957 erschienen Stories von ihm in der von H. Bingenheimer herausgegebenen Anthologie LOCKENDE ZUKUNFT, 1958 folgte STERNENKÄMPFER, sein erster Roman. 1960 wurde er von den Mitgliedern der SFCD zum besten Fan-Autor des Jahres gewählt. Bei TERRA gab er 1964 seinen Einstand mit der Story-Kollektion QUARANTÄNE (Band 316). Daß seine Stärken nicht nur im Verfassen von Kurzgeschichten liegen, bewies der Autor hauptsächlich mit seinen Arbeiten bei PERRY RHODAN, wo er 1963 mit dem

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