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Terra Science Fiction

Terra Science Fiction

Titel: Terra Science Fiction Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schelwokat
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um dort etwas Entspannung zu finden. Erst als er gegen zehn die Stufen seines Hauses hinaufschritt, fiel ihm ein, daß er nicht bei Garson gewesen war.
    »Ich werde das gleich morgen nachholen müssen«, sagte er zu sich selbst.
    In der Diele schaltete er das Licht ein und warf einen verstohlenen Blick zur Wohnzimmertür hinüber. Sofort war die Erinnerung an das wieder da, was er am Abend zuvor dort gesehen hatte. Marriott murmelte eine Verwünschung. Es war nun wirklich an der Zeit, dem Spuk ein Ende zu machen. Er wußte doch, daß er nur geträumt hatte, aber er brauchte Gewißheit.
    Er öffnete die Tür und sah das gleiche Bild wie am Vorabend. Für mehr als vier Jahre war das große Zimmer so leer und verlassen gewesen wie der größte Teil des Herrenhauses auch. Marriott bewohnte nur wenige Räume und überließ den Rest der Vergessenheit.
    Jetzt aber war das Wohnzimmer komplett eingerichtet. Ein Mann und eine Frau, beide im mittleren Alter, saßen sich reglos in Sesseln gegenüber. Die Frau hielt ein Buch in den Händen. Der Mann saß nur da und starrte vor sich hin. Eine volle Minute lang stand Marriott wie angewurzelt im Eingang, und diese ganze Zeit über bewegte keiner der beiden auch nur einen Finger oder sah zu ihm herüber. Als er dann immer noch nicht wußte, was er tun sollte, drehte sich Marriott auf der Schwelle um, schloß die Tür wieder hinter sich und zog sich in seine Küche zurück.
    Er machte Feuer, entkleidete sich und kroch ins Bett. Er spielte mit dem Gedanken, die Polizei zu rufen, aber er konnte es nicht. Irgend etwas sagte ihm, daß er die beiden Gestalten kennen mußte. Wenn er es nicht besser gewußt hätte, hätte er die Frau als Judith identifiziert, wie sie mit fünfundvierzig aussehen mochte. Und der Mann …
    Lange nach Mitternacht schrak Marriott aus dem Schlaf auf und begriff, daß er mitten in einem Gedanken von der Müdigkeit übermannt worden sein mußte. Und dieser Gedanke war beängstigend. Er galt dem Fremden und der Überlegung, daß er ihm, Paul Marriott, aufs Haar glich, wenn er erst einmal zwanzig Jahre älter geworden wäre.
    Er kletterte aus dem Bett, schaltete die Beleuchtung ein und machte sich abermals auf den Weg ins Wohnzimmer. Er hatte gehofft, es verlassen vorzufinden, doch die beiden waren immer noch da. Nichts hatte sich verändert. Sie saßen so da wie vorhin. Das einzige, das nun anders war, war sein eigenes Gefühl. Auf einmal hatte er keine Angst mehr und wußte, daß er nun eintreten und die beiden näher betrachten mußte.
    So trat er, ohne noch länger zu zögern, über die Schwelle.
    Marriott saß in seinem Sessel und betrachtete Judith. Er glaubte, sich daran erinnern zu müssen, diesen Raum eben erst betreten zu haben. Doch das war nur Einbildung. Schließlich hatte er für länger als eine Stunde hier beim Fenster gesessen. Der Gedanke wurde ihm unerträglich, als er sich ihm wieder aufdrängte.
    »Ich weiß nicht, was mit mir los ist!« sagte er laut und verärgert.
    Judith sah von ihrem Buch auf.
    »Was hast du, Liebling?«
    Marriott zögerte mit einer Antwort. Irgendwie empfand er seine Einbildungen als etwas, das nur ihn anging.
    »Oh, gar nichts«, murmelte er also. »Ich denke, ich mache vor dem Zubettgehen noch einen kleinen Spaziergang. Bis zum Laden, sehen, ob dort alles in Ordnung ist.«
    Judith schien nichts Ungewöhnliches dabei zu finden, lächelte und versenkte sich wieder in ihre Lektüre. Marriott stand auf, ging in die Diele, nahm seinen Hut und blieb vor dem Spiegel stehen. Er sah einen Mann von fünfzig Jahren darin. Diesmal blieb er etwas länger stehen als sonst. Weshalb kam ihm sein Spiegelbild plötzlich so sonderbar vor? Er starrte sich gerade so an, als hätte er sich noch nie zuvor gesehen.
    Zum Teufel damit! dachte er. Ich werde noch eitel auf meine alten Tage!
    Als er draußen war, stellte er verwundert fest, daß er schwitzte. Es war eine laue Nacht. Er zog also sein Taschentuch heraus und wischte sich damit über die Stirn. Werde ich krank? Doch er erreichte das Tor, ohne daß ihm schwindlig wurde. Die ganze Umgebung übte eine Faszination auf ihn aus, wie er sie seit Jahren schon nicht mehr gekannt hatte. Das alte Marriott-Haus stand nun tief in der Innenstadt. Auf der anderen Seite der Straße reihte sich ein Geschäftshaus mit großen Vitrinen und glitzernden Atomlichtern an das andere. Der Asphalt war in alle nur denkbaren Farben gebadet, und zwei gebogene Straßenlaternen streuten diffuse Helligkeit bis ins

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