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Terror: Thriller (German Edition)

Terror: Thriller (German Edition)

Titel: Terror: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Maurer
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an der Macht. Sie würde nach Berlin gehen. Und sie hoffte, dass sie die Erinnerung an die schlimmsten Stunden ihres Lebens in Italien zurücklassen konnte.
    Dottor Bonifazio machte eine Kopfbewegung, die ein fehlgeleitetes Schulterzucken war. Er drehte sich um und ging weiter den Flur hinunter, ohne sich darum zu kümmern, ob Carla und die Carabinieri ihm folgten. Carla beeilte sich, zu ihm aufzuschließen.
    »Anna Wiese« – Dottore Bonifazio betonte es »Visse« – »ist fünf Jahre alt. Sie hat mit ihren Eltern seit drei Monaten in Lenzari gelebt, auf dem Berg oben.«
    »Wo sind ihre Eltern?«
    »Das weiß ich nicht. Das müssen Sie die Carabinieri fragen.«
    »Wir wissen nichts über den Fall. Wir haben nur den Befehl bekommen, Signorina Vazzoler hierherzubringen«, sagte Maresciallo Solina.
    Dottor Bonifazio stoppte vor einer Tür. »Hier liegt sie. Zwei Kollegen dieser beiden Herren haben Anna vor etwa«, er sah auf seine Armbanduhr, »vor etwa einer Stunde auf der Straße zwischen Vessalico und Lenzari gefunden. Sie hat am ganzen Körper kleinere Wunden, nichts Wildes, kleine Risse, die aber heftig bluteten, wie von Dornen oder so. Ansonsten keine äußerlichen Verletzungen. Aber«, der Arzt sah Carla eindringlich an, »derart deutliche Symptome einer akuten Belastungsreaktion habe ich das letzte Mal vor etwa zehn Jahren gesehen. Bei einem muslimischen Mädchen, das aus seinem brennenden Dorf in Bosnien gerettet worden war. Sie hatte mit angesehen, wie ihre ganze Familie umgebracht worden ist.« Zwei Pfleger schoben ein leeres Krankenbett an ihnen vorbei. Die Räder quietschten leise. Carlas Hals fühlte sich an wie zugeschnürt.
    »Die Carabinieri, die sie gefunden haben, was haben die erzählt?« »Sie ist ihnen vors Auto gelaufen«, schaltete sich Maresciallo Solina ein. »Sie waren auf dem Weg nach oben ins Dorf.«
    »Und sonst? Ich muss so viel wissen wie möglich. Hat sie irgendetwas gesagt?«, fragte Carla.
    »Anna hat bis jetzt nur ein einziges Mal etwas gesagt, direkt nachdem sie sie gefunden haben, auf Deutsch natürlich. Der Kollege war nicht sicher, ob er sie richtig verstanden hat. Er meint, sie habe etwas von ›viel Blut‹ gesagt.«
    Für einen Moment herrschte Schweigen auf dem Flur. Dann wandte sich Carla an die beiden Carabinieri.
    »Wo sind Ihre Kollegen jetzt? Ich möchte mit Ihnen sprechen.«
    »Die sind hoch ins Dorf gefahren«, sagte Solina. »Aber ich werde sofort versuchen, per Funk Kontakt mit ihnen aufzunehmen.« Er wandte sich um. Seine Stiefel knallten über den Flur. Als sie leiser wurden, bemerkte Carla das Sirren über ihrem Kopf. Sie sah nach oben. Eine Neonröhre. Zwei Falter warfen sich immer und immer wieder gegen sie. Carla wandte sich an den Arzt und Brigadiere Baiardo.
    »Dürfte ich alleine zu ihr?«
    »Warum?«, fragte der Carabiniere.
    Weil ich Angst habe, mit dir und dem Arzt in einem Zimmer zu sein, Arschloch, weil ich vor acht Jahren auch mit einem Carabiniere und einem Arzt in einem Zimmer war, und weil ich das nie mehr erleben will, dachte Carla, aber sie sagte: »Weil wir nicht wissen, was mit dem Mädchen passiert ist. Ich möchte nicht, dass wir sie verängstigen.«
    »Von mir aus.« Der Arzt sah den Carabiniere fragend an. Dieser nickte ihr zu.
    »Bitte sehr.« Dottor Bonifazio drückte die Türklinke und hielt Carla die Tür auf. Sie betrat das Krankenzimmer.

    Etwa zur gleichen Zeit trat Maresciallo Solina aus dem Krankenhaus und kramte die Zigaretten aus seiner Uniformjacke. Im Gehen steckte er sich eine Zigarette an. Er ging die paar Schritte hinüber zum Wagen, setzte sich auf den Fahrersitz und nahm das Funkgerät aus der Halterung. Er schaltete es ein. »Wagen drei bitte kommen«, sagte er und blies Rauch aus. Der Rauch stieg wie eine Säule genau in der Mitte der Windschutzscheibe hoch. Solina beobachtete die Rauchsäule: Sie veränderte ihre Form nicht, verflüchtigte sich nicht, schien dort bleiben zu wollen.
    »Wagen drei bitte kommen.«
    Aber Wagen drei meldete sich nicht.

Lenzari, Samstag, 30. Januar 2010, 1:40 Uhr

    Die Schreie schienen im Zimmer nachzuhallen. Das Babyfon stand neben ihnen auf dem Boden. Auch Conny saß jetzt aufrecht im Bett.
    »Oh Gott«, flüsterte sie. Marc konnte ihre weit aufgerissenen Augen sehen: die Pupillen, das Weiße drum herum – zwei Löcher, hineingehackt in einen zugefrorenen See. Ein Knacken. Dann Schluchzen und wieder die Stimme aus dem Babyfon, die einzelnen Worte waren kaum zu verstehen: »Non mi fate

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