Terror: Thriller (German Edition)
geht.«
Kersting betrachtete das Foto genau.
»Der blonde Mann ist Wolfgang Stein, würde ich sagen.«
»Wer ist das?«, fragte Marc.
»Stein war Berater und enger Vertrauter Hochhausens. Hatte Ihr Freund sonst noch irgendwelche Informationen zu dem Foto?«, wandte er sich an Klaus.
»Leider nicht.« Klaus zuckte bedauernd mit den Schultern.
»Sieht mir eher nach einem privaten Schnappschuss aus als nach einem professionellen Pressefoto.« Kersting starrte schweigend auf das Foto.
»Was wissen Sie denn über unseren Mann, Herr Kersting?«, sagte Marc schließlich und hoffte, nicht zu ungeduldig zu klingen.
»Ich würde Ihnen gerne etwas vorlesen.« Kersting legte das Foto auf den Tisch und nahm die Papiere in die Hand, die er zuvor dem Ordner entnommen hatte.
Er begann zu lesen:
»Kurz vor 10 Uhr abends habe ich das Haus meines Chefs, Herrn Lutger Wenger, verlassen und bin die Pettenkoferstraße in Richtung Theresienwiese entlanggegangen. Es musste kurz vorher geregnet haben, die Straße war nass. Ich hab schon die Geräusche von der Wies’n hören können und weiß noch, dass ich mich geärgert habe, dass ich an dem Abend nicht mit meinen Freundinnen aufs Oktoberfest gegangen bin, aber ich hab die Einladung meines Chefs, klar, nicht ausschlagen können.«
Marc warf einen kurzen Blick hinüber zu Klaus. Der schien genauso wenig zu verstehen, was Kersting mit seiner Lesung bezweckte. Kersting fuhr fort:
»Ich hab Motorengeräusche gehört und mich gewundert, dass das dazugehörige Fahrzeug nicht kommt. Ich habe mich umgedreht und den schwarzen Fiat gesehen. Er ist sehr langsam an mir vorbeigefahren. Auf dem Beifahrersitz saß ein Mann, der mich angestarrt hat, so kam es mir jedenfalls vor, vielleicht war er auch nur in Gedanken und hat mich gar nicht wahrgenommen, ich weiß es nicht. Jedenfalls hat er sich dann ruckartig von mir abgewandt. Das hat mich irritiert.«
»Entschuldigen Sie, Herr Kersting«, Marc konnte nicht mehr anders, er musste ihn unterbrechen, »würden Sie uns bitte kurz erklären …«
Kersting sah auf. Seine stahlblauen Augen blitzten.
»Ich erkläre Ihnen alles, aber lassen Sie mich bitte vorher zu Ende lesen.«
Marc nickte und schwieg.
»Eins noch«, schaltete sich Klaus ein, »wer ist ›ich‹? Wer erzählt hier? Sind Sie das?«
»Nein«, sagte Kersting, »das bin nicht ich.« Und er las weiter:
»Der Fiat hatte ein italienisches Nummernschild. Hinter dem Fiat ist im gleichen langsamen Tempo ein BMW gefahren. Er war voll besetzt. Ich habe die Gesichter der Männer im BMW nicht gesehen, ich weiß nur, dass der auf dem Beifahrersitz und der hinter ihm, dass die beide Militärparkas getragen haben. Der BMW hatte ein deutsches Kennzeichen. Die beiden Autos haben fast gleichzeitig ihre Blinker gesetzt und sind nach rechts in die Sankt-Pauls-Straße abgebogen. Ich hab mir kurz überlegt, ob ich direkt zur U-Bahn gehe, dann hätte ich nämlich auch nach rechts abbiegen müssen, aber ich hab mich dann entschieden, den Umweg an der Theresienwiese entlang zu machen. Ich hab dann noch mal auf die Uhr geschaut. Es war 22:12 Uhr, als ich den Bavariaring überquert habe. Mir sind ganz viele Leute entgegengekommen. Kinder mit Gasballons, wo man immer denkt: Oh Gott, gleich sind sie weg, die Ballons, und dann gibt es ein Drama. Ein Pärchen kam mir entgegen, eng umschlungen, und sie hat einen Terrier an der Leine geführt, der hat genauso ausg’schaut wie der Franz, der Hofhund meiner Eltern.«
Marc und Klaus warfen sich einen irritierten Blick zu. Wo sollte das hinführen? Aber Kersting las ungerührt weiter, und keiner der beiden wagte, ihn noch einmal zu unterbrechen.
»Das Mädchen war vielleicht fünfzehn Meter von mir entfernt, als ich sie gesehen hab. Sie war dreizehn oder vierzehn Jahre alt und trug eine Brille. Neben ihr stand ein Mann und hat ziemlich aufgeregt auf sie eingeredet. Ich hab die Szene nicht gleich einschätzen können, aber so wie das Mädchen g’schaut hat, war mir klar, dass der Mann nicht zu ihr gehört. Sie sah völlig irritiert aus und hat ihn angestarrt. Ein bisserl Angst war auch drunter. Der Mann hatte einen olivgrünen Militärparka an. Er hat sich dann plötzlich umgedreht und ist losgerannt, mit großen Schritten über den Bavariaring hinüber. Auf der anderen Seite stand der BMW , der mir vorher in der Pettenkoferstraße aufgefallen war. In den ist er eingestiegen. Der BMW ist dann mit quietschenden Reifen losgefahren und nach rechts in Richtung
Weitere Kostenlose Bücher