Terror: Thriller (German Edition)
an.
»Sie hat. Und wie. Tausende von Seiten hat mein Kollege seit dieser Entdeckung gesichtet. Die Stasi wusste von Anfang an über jeden Ermittlungsschritt genau Bescheid. Ich lese Ihnen mal was vor. Originalton Stasi.« Er nahm den Schnellhefter auf und las: »Bereits am 26.09.1980 zwischen 21:00 und 21:30 Uhr, also etwa eine Stunde vor dem Anschlag, hatte eine Polizeistreife einen Pkw Fiat 128 gesichtet. Dem Kfz folgte in der Nähe Theresienwiese ein vollbesetzter BMW . Beide Kfz fielen durch ihre langsame Fahrt auf.«
»Das heißt, die Stasi hatte Informanten bei der SOKO Theresienwiese sitzen?«, fragte Klaus verblüfft.
»Die Stasi hatte ihre Informanten in allen wichtigen Gremien. Bei der Polizei, in der Politik, überall.«
»Aber das heißt doch, dass die Münchner Polizei der Sache sehr wohl nachgegangen ist, oder nicht?«, fragte Marc.
»Passen Sie auf, es geht noch weiter«, sagte Kersting. »Am 27.09., genau um 3:32 Uhr meldet der Stasi-Bericht den Beginn einer Fahndung der Polizeidirektion Hof und des Hauptzollamtes Schweinfurt nach einem dunklen Fiat 128 mit italienischem Kennzeichen. Um 10:20 Uhr, schreibt die Stasi, wurde das Fahrzeug in München aufgefunden und die Fahndung gelöscht. Die Insassen wurden nach einer Überprüfung wieder entlassen, da kein Zusammenhang mit dem Sprengstoffanschlag vorlag.«
»Aber wenn die Insassen überprüft worden sind und sie nichts mit dem Attentat zu tun hatten, was ist dann das Problem?« Marc war nun mehr als skeptisch.
»Oder haben Sie Zweifel an der Arbeitsweise der Polizei?«, fragte Klaus. Marc sah seinem Freund an, dass auch er nicht mehr wusste, worauf Kersting eigentlich hinauswollte. Statt einer Antwort beugte sich Kersting wieder über die Akte. »Der Zeuge, durch dessen Aussage die Fahndung nach dem dunklen Fiat 128 eingeleitet worden ist, hatte das Kfz gegen 1:30 Uhr nachts am St. Pauls-Platz gesehen. Beim Wegfahren, so der Zeuge, hat der Beifahrer sein Gesicht mit einer Decke bedeckt.« Kersting blickte auf und sah Marc und Klaus an, als erwarte er einen Kommentar von ihnen. Als sie schwiegen, fuhr er fort: »Die Frau, die ich beim LKA getroffen hatte, die hat das Gesicht des Beifahrers im schwarzen Fiat 128 gesehen. Sie hat es mir immer wieder beschrieben. Sehr genau.« Er machte eine bedeutungsvolle Pause. »Deshalb habe ich ihr heute Morgen das Schwarz-Weiß-Foto per Mail weitergeleitet.«
»Sie haben immer noch Kontakt zu dieser Frau?«, fragte Klaus erstaunt. Kersting lächelte. Marc meinte, eine leichte Verlegenheit zu spüren.
»Wir haben uns zwar vor sieben Jahren scheiden lassen«, sagte Kersting, »aber wir haben trotzdem noch guten Kontakt, ja. Sie ist wieder nach München gezogen.«
»Und was sagt Ihre … Exfrau?« Marc sah Kersting gespannt an.
»Sie hat sofort zurückgerufen. Sie ist sich zu hundert Prozent sicher, dass der von Ihnen gesuchte Mann derjenige ist, der damals auf dem Beifahrersitz des schwarzen Fiat 128 saß.«
Pieve di Teco, Freitag, 4. Juni 2010, 17:55 Uhr
Die Schritte hallten durch das Kirchenschiff. Sie wurden lauter. Sie kamen näher, direkt auf sie zu. Carla wagte kaum zu atmen. Hoffentlich verhielt sich Anna ruhig. Ob sie wusste, dass sie sich in Gefahr befand? Anna schien die Schritte überhaupt nicht wahrgenommen zu haben. Ihr Blick hatte sich im Muster des Palästinensertuchs verfangen, das Carla über sie gebreitet hatte.
Die Schritte waren jetzt direkt unter ihnen. Carla hielt den Atem an und lauschte. Sie presste sich gegen die Wand der Kanzel, spürte den kalten Stein im Rücken. Da waren die Schritte bereits aus dem vorderen Teil der Kirche zu hören. Wer auch immer da unten war, er hatte sie nicht bemerkt und ging jetzt weiter in Richtung Altar. Carla schloss für einen Moment die Augen, versuchte Atem und Herzschlag unter Kontrolle zu bekommen, es gelang ihr nicht. Fast beneidete sie Anna, die nach wie vor mit ausdruckslosem Gesicht vor ihr kauerte und nichts um sich herum mitzubekommen schien.
Die Schritte verstummten. Carla wagte einen Blick über den Rand der Kanzel hinunter ins Kirchenschiff. Vor dem Altar, mit dem Rücken zu ihr, stand ein Mann in einer schwarzen Soutane, der Messner offenbar. Er entfaltete ein weißes Tuch und breitete es über den Altar. Nachdem er sich nachlässig bekreuzigt hatte, verschwand er hinter einer Tür auf der rechten Seite des Chors, hinter der Carla die Sakristei vermutete. Stille kehrte ein. Carla ließ sich auf den Boden der Kanzel
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