Terror: Thriller (German Edition)
klingelte an Klaus’ Tür. Gleich darauf hörte er Schritte und Klaus öffnete. Er trug eine schlecht sitzende Jogginghose. An den roten Flecken auf den Oberschenkeln ließ sich ablesen, dass sich Klaus wohl hauptsächlich von Spaghetti mit Tomatensauce und Dosenravioli ernährte. Er sah aus, als sei er gerade aus dem Bett gekrochen, und starrte Marc entsetzt an.
»So kommst du hier aber nicht rein.«
Erst jetzt realisierte Marc, dass er völlig durchnässt war.
»Danke für den warmen Empfang.«
Er ging an Klaus vorbei in die Wohnung.
»Ich hab gerade gewischt«, protestierte Klaus. Aber als Marc in schallendes Gelächter ausbrach, schwieg er und schloss mit finsterer Miene die Tür.
»Hast du die Nummer vom Hausmeister?«, fragte Marc. Er stellte seine Tasche ab und zog die klatschnasse Jacke aus.
»Wieso?«
»Weil die Haustür nicht schließt.«
»Die schließt nie. Weißt du doch.«
»Ich will aber, dass sie schließt.«
Klaus sah seinen Freund genau an.
»Alles klar bei dir?« Er klang besorgt.
»Ja, alles klar«, sagte Marc. »Ich will nur, dass der Hausmeister seinen Job macht und die Tür repariert. Das ist alles.«
»Okay, ich such mal die Nummer.« Klaus schlurfte in Richtung Küche. »Aber was den Hausmeister angeht, würde ich mir keine Illusionen machen. Es ist Samstagabend. Der sitzt schon seit Stunden in der Kneipe.«
»Muss er eben noch mal aufstehen«, knurrte Marc und öffnete den Reißverschluss seiner Tasche. »Ich zieh mir mal was Trockenes an.«
»Besser isses!«, rief Klaus aus der Küche.
Während Klaus die Telefonnummer suchte, duschte Marc und zog sich frische Sachen an. Kurz vor halb neun hatte Klaus die Nummer gefunden, zu seiner Verblüffung nicht in der Küche, sondern unterm Bett. Marc rief die mobile Notfallnummer an. Keine Antwort. Nicht mal eine Mailbox.
»Siehste«, sagte Klaus.
Nach einigem hin und her entschieden sie, ins Café Eckstein zu gehen, das inzwischen nicht mehr Eckstein sondern »Butter« hieß, was sie aber beide ignorierten. Dort, so hofften sie, würde selbst am Samstagabend einigermaßen Ruhe herrschen, sodass sie sich unterhalten konnten. Außerdem gab es da Jarosover Bier. Marc war froh, dass Klaus von sich aus auf die Idee kam, die Jogginghose gegen eine Jeans einzutauschen.
Sie hatten sich eben an einen Tisch ganz hinten in der Ecke gesetzt und zwei Bier bestellt, als Marcs Handy klingelte. Es war Hans Kersting. Er klang aufgeregt und fragte, wann sie vorbeikommen könnten.
Marc verspürte nicht die geringste Lust, bei dem Wetter noch einmal durch die ganze Stadt zu fahren, aber er hörte Kersting an, dass es dringend war.
»Sofort«, sagte er, »wir trinken nur schnell unser Bier aus.«
»Gut.« Kersting klang erleichtert.
Während der S-Bahnfahrt berichtete Marc mit gedämpfter Stimme von den Zeitungsmeldungen zu Bertones Tod, in denen von einem Unfall die Rede war, und dass der Carabiniere in Pieve das bestätigt hatte.
»Und er hat mir gesagt, dass sie kein Handy bei Bertone gefunden haben. Er hat extra mit seinen Kollegen telefoniert, die vor Ort waren.«
»Der Wagen ist zehn Meter in die Tiefe gestürzt, nicht?«
»Ja.«
»Da kann das Handy doch was weiß ich wo gelandet sein. Vielleicht haben sie es tatsächlich nicht gefunden. Da muss gar nichts groß dahinterstecken.«
»Klaus, der Mann ist umgebracht worden. Mit einer Waffe mit Schalldämpfer. Aber die Polizei sagt, es war ein Unfall. Klingt das für dich, als würde nichts dahinterstecken?«
Klaus sah ihn ratlos an. Dann fragte er:
»Du hast den Schuss gehört, ja? Bist du dir sicher?«
»Ich bin dieses Telefonat ungefähr einhundert Mal im Kopf durchgegangen«, sagte Marc, »ich komme zu keinem anderen Ergebnis.«
»Das heißt«, Klaus Stimme klang belegt, »die italienische Polizei vertuscht einen Mord.«
Marc sah sich erschrocken um. Es war nicht die Art von Gespräch, die man in einer S-Bahn führen sollte. Aber das Partyvolk und die Touristen um sie herum schienen sich nicht für sie zu interessieren.
Um kurz vor zehn klingelten sie an Kerstings Haustür. Kersting öffnete und empfing sie freundlich, aber Marc erkannte sofort, dass er angespannt war. Sie setzten sich wie bei ihrem letzten Besuch an den Tisch im Wohnzimmer. Diesmal brannte kein Feuer im Kamin. Auf dem Tisch stand ein Laptop, links daneben lagen Papiere, auf denen Kersting sich Notizen gemacht hatte, und rechts davon ein dicker Leitz-Ordner.
»Was möchten Sie trinken?«, fragte Kersting.
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