Terror: Thriller (German Edition)
einen Blick in die Kirche zu werfen. Nein. Zu gefährlich. Er würde hier warten und irgendwann …
Da hörte er Cesares Stimme. Es war bloß ein Murmeln. Fabrizio konnte die Worte nicht genau verstehen, aber er erkannte sie trotzdem. Und konnte sie mitsprechen.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden … und vergib uns unsere Schuld …
Cesare betete. Er betete das Vaterunser und zwei Ave Maria, dann hörte Fabrizio seine Schritte auf dem Steinfußboden. Cesare kam aus der Kirche, drehte sich um und verschloss die Tür hinter sich. Er wirkte dabei, als verschließe er die Tür seines Büros, um Feierabend zu machen, dachte Fabrizio. Vollkommen selbstverständlich und alltäglich wirkten seine Bewegungen – Cesare schien überhaupt keine Angst zu haben. Er ging durch Lenzari wie durch sein Wohnzimmer, als gehe es ihn nichts an, dass hier Menschen bestialisch ermordet worden waren. Rechnete er nicht damit, dass Fabrizio versuchen würde, herauszufinden, was hier los war?
Cesare wandte sich nach rechts und ging die Hauptstraße entlang, die hinaufführte ins Oberdorf. Fabrizio konnte sich nicht erklären, warum Cesare nicht die Abkürzung zwischen Elisa Noès Haus und der Kirche nahm. Was hatte er vor? Fabrizio wartete ab, bis Cesare aus seinem Blickfeld verschwunden war. Dann stand er auf, steckte die Beretta zurück in den Hosenbund und folgte ihm.
Berlin, Samstag, 22. Mai 2010, 17:45 Uhr
Der Regen prasselte gegen die Scheiben, als das Flugzeug von der Landebahn abbog, um seine Parkposition anzusteuern. Marc schielte über den am Fenster sitzenden Reihennachbarn hinweg nach draußen. Der bleierne Himmel und der Asphalt des Flughafens Schönefeld gingen nahtlos ineinander über. In einiger Entfernung sah er zwei Flughafenangestellte in neongelber Regenkleidung. Sie wirkten verloren in all dem Grau.
Marc hatte, wie immer, dafür gesorgt, dass er einen Gangplatz bekam. Er hasste es, am Fenster zu sitzen, da fühlte er sich wie eingemauert. Fenster interessierten ihn nicht. Nicht im Flugzeug, da gab es sowieso nichts zu sehen, fand er. Erst jetzt wieder, nach der Landung. Es schüttete wie aus Kübeln. In Nizza war der Himmel blau gewesen, bei angenehmen vierundzwanzig Grad. Conny und Anna hatten ihn zur Sicherheitskontrolle gebracht. Er war froh gewesen, dass Connys Eltern es vorgezogen hatten, im Flughafenrestaurant zu warten, so konnte er sich in Ruhe von Conny und Anna verabschieden. Es war ihm schwergefallen diesmal, und er hatte gehofft, dass Conny seine feuchten Augen nicht bemerkte. Er hatte Anna hochgehoben und gedrückt, bis sie aufgeschrien und mit vorwurfsvoller Stimme gesagt hatte: »Aua, du tust mir weh!«
Ein Ruck ging durch die Maschine. Das Flugzeug hatte seine Parkposition eingenommen. Die Anschnallzeichen erloschen, und als hätten sie seit dem Abflug auf diesen Moment gewartet, schossen die Passagiere von ihren Sitzen auf. Es ist ein eingeübtes Spiel, dachte Marc. Wer als Erster steht, gewinnt.
Er nahm den Airport-Express um 18:19 Uhr und stieg eine knappe halbe Stunde später am Alex in die U2 um. Kaum hatten sich die Türen der U-Bahn hinter ihm geschlossen, meldete eine Lautsprecherstimme, dass diese Linie aufgrund von Bauarbeiten nur bis zur Haltestelle Senefelder Platz verkehre, und verwies auf den Schienenersatzverkehr.
Ich bin wieder in Berlin, dachte Marc. Wie schön.
Er erklärte zwei verstörten italienischen Touristen die Sachlage. Als sie verstanden hatten, dass die U-Bahn wegen Bauarbeiten nicht weiterfuhr, lachten sie und winkten ab. Sie schienen das während ihres Berlinaufenthaltes schon öfter erlebt zu haben.
Als Marc aus der U-Bahnstation ins Freie trat, regnete es noch immer in Strömen. Und es war kühl. Marc fröstelte. An der Ersatzhaltestelle auf der Schönhauser Allee stand bereits eine Menschenmenge, die auf den Bus in Richtung Pankow wartete. Marc musste nur eine Haltestelle weiter. Er warf einen letzten prüfenden Blick auf die wartenden Menschen, dann zog er sich die Kapuze seiner Jacke über den Kopf und ging zu Fuß.
Schon einige Meter bevor er die Haustür erreichte, bemerkte er, dass sie offenstand. Jemand hatte die Falle des Schließmechanismus festgestellt. Schon wieder. Er schob die Tür auf und trat in den Hausflur. Es knallte, als hinter ihm die Türfalle auf den Metallrahmen des Schlosses prallte. Marc wandte sich um. Jeder konnte hier reinspazieren. Einfach so. Das ging nicht.
Du musst sofort dem Hausmeister Bescheid sagen.
Er
Weitere Kostenlose Bücher