Terror: Thriller (German Edition)
Erkenntnisse in Sachen Computerdiebstahl vorweisen konnten, hatte Cesare darauf bestanden, noch einmal nach Lenzari hochzufahren, um mit den Deutschen zu sprechen. War das nur ein Vorwand gewesen, um ihn hierherzulocken? Fabrizio spürte ein Kribbeln in den Beinen. Sie drohten einzuschlafen. Schnell setzte er sich auf, streckte die Beine von sich und bewegte die Füße auf und ab.
Dieser Vermutung lagen ja gleich zwei vollkommen unglaubliche Prämissen zugrunde – Nummer eins: Cesare wusste von dem Gemetzel hier oben. Allein das war schon irrwitzig genug. Und Nummer zwei: Wenn er es wusste, war es von Anfang an nur darum gegangen, ihn durch das Schlachtfeld in Lenzari zu führen. Cesare hatte ihn an die Hand genommen, wie ein Fremdenführer den Touristen, und hatte ihn durch diesen Albtraum aus Blut und Gewalt geführt.
Denk nach. Du darfst keine voreiligen Schlüsse ziehen.
Fabrizio überprüfte noch einmal jeden Schritt, den sie gemacht hatten: Die Ankunft hier oben, die Glocken. Der Funkspruch kam ihm in den Sinn. Er war bereits aus dem Wagen ausgestiegen, als er den Funkspruch gehört hatte. Da hatte das Funkgerät noch funktioniert. Cesare war zu diesem Zeitpunkt bereits im Nebel verschwunden gewesen. Er hatte gesagt, er wolle die Glocken ausschalten. Nachdem Fabrizio Elisa Noès kaputte Brille gefunden hatte, hatte er nach Cesare gerufen. Er hatte keine Antwort erhalten, das wusste er noch, dann hatte er sich umgedreht – und da war Cesare am Wagen gestanden und die Fahrertür war geöffnet gewesen. Er habe nach Werkzeug gesucht, um die Glocken auszuschalten, hatte er behauptet. Das war eine Lüge gewesen. Cesare selbst hatte Zündung und Funkgerät sabotiert. Je länger Fabrizio darüber nachdachte, umso klarer wurde ihm, dass es so gewesen sein musste. Aber warum? Ganz offensichtlich wollte Cesare sichergehen, dass keine Verstärkung geholt werden konnte. Deshalb hatte er das Funkgerät zerstört. Was er sich allerdings nicht erklären konnte, war, warum Cesare den Wagen lahmgelegt hatte. Und auch die Handys blieben ein Rätsel. Cesare hatte ja wohl kaum davon ausgehen können, dass sie beide keinen Empfang haben würden. Fabrizio spürte, dass er sich der Tür näherte, hinter der die Lösung des Rätsels verborgen war. Aber die Tür war noch verschlossen. Alles drehte sich um Cesare. Er musste an ihm dranbleiben.
Da war das Geräusch wieder. Er umklammerte die Waffe, so fest, dass die Knöchel seiner rechten Hand weiß hervortraten – und dann sah er einen kleinen Hund. Er trabte von der Kirche her über den Platz. Er hatte etwas im Maul, das Fabrizio nicht erkennen konnte. Es sah aus wie ein Stück rohes Fleisch. Der Hund watschelte gemächlich nach rechts. Fabrizio beobachtete ihn. Die Gegenwart eines lebendigen Wesens wirkte beruhigend. Er sah ihm nach. Der Hund hatte einen lustigen Gang. Fast musste Fabrizio lächeln. Umso heftiger packte ihn das Entsetzen, als ihm klar wurde, was der Hund da im Maul gehabt hatte: eine menschliche Hand.
Fabrizios Magen drehte sich um. Er hatte das Gefühl, sich übergeben zu müssen.
Plötzlich hörte er aufgeregtes Bellen. Dann einen Schuss. Das Bellen ging in jämmerliches Jaulen über. Noch ein Schuss. Dann herrschte Stille.
Kurz darauf ging Cesare über den Kirchplatz. Er hatte die Uniformmütze tief in die Stirn gezogen, sodass Fabrizio sein Gesicht nicht sehen konnte. Aber er sah seinen Gang und seine Körperhaltung. Cesare wirkte entschlossen wie lange nicht. Er schien kein bisschen verwundert zu sein, dass der Wagen nicht mehr auf seinem Platz stand. Ohne zu zögern kam er auf den schmalen Durchgang zwischen Kirche und Felswand zu. Er war jetzt keine fünf Meter von Fabrizios Versteck entfernt. Fabrizio konnte von oben einen kreisrunden Fleck auf Cesares Uniformmütze erkennen, bevor sein Kollege im Durchgang verschwand. Dahinter lag Antonios Leiche. Was wollte Cesare da? Er konnte von seinem Versteck aus nicht sehen, was Cesare tat, die Felswand versperrte den Blick. Es dauerte nur drei Minuten, bis Cesare zurückkam. Er ging geradewegs auf die Kirchentür zu. Jetzt erst sah Fabrizio, dass er ein Schlüsselbund in der Hand hielt. Der Kirchenschlüssel. Er musste ihn aus der Tasche des toten Antonio geholt haben. Er steckte ihn ins Schloss und öffnete die Tür. Sie ächzte leise. Cesare verschwand im Inneren der Kirche. Die Tür ließ er offen.
Was will er da drin?
Fabrizio überlegte einen Moment lang, ob er hinuntergehen und versuchen sollte,
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