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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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wir mitschleppen und welche wir hierlassen werden?«
    »Die vier Walboote kommen auf jeden Fall mit«, erwiderte Peglar zerstreut. In Gedanken war er noch immer bei den Meutereigerüchten und den Geschehnissen des Morgens. »Die Jollen sind genauso lang wie die Walboote, aber verdammt viel schwerer. Wenn ich der Kapitän wäre, würde ich auf sie verzichten und stattdessen auf die vier Kutter setzen. Sie sind mit achtundzwanzig Fuß etwas kürzer als die Walboote und auch schwerer, aber nicht so schwer wie die Jollen. Allerdings haben sie womöglich zu viel Tiefgang für den Großen Fischfluss. Die kleineren Boote und die Dinghis wiederum sind zu leicht für die offene See und zu zerbrechlich für einen längeren Schlittentransport und für die Fahrt auf dem Fluss.«
    »Du meinst also, es läuft auf die vier Walboote, die vier Kutter und die zwei Pinassen hinaus?«
    »Ja.« Peglar musste lächeln. Obwohl der Subalternoffizierssteward John Bridgens schon viele Jahre zur See fuhr und Tausende von Büchern gelesen hatte, wusste er über manche Aspekte der Schifffahrt sehr wenig. »Ja, ich glaube, die zehn, John.«
    »Im besten Fall – das heißt, wenn sich fast alle Kranken wieder
erholen – können dann zehn Leute ein Boot ziehen. Schaffen wir das?«
    Wieder schüttelte Peglar den Kopf. »Es wird nicht wie die Überquerung des Meereises.«
    »Gott sei Dank für diese kleine Wohltat.«
    »Nein, du hast mich falsch verstanden. Wir werden diese Boote sehr wahrscheinlich über Land ziehen müssen. Das wird viel schwerer als der Weg von der Terror hierher, wo wir immer nur zwei Boote geschleppt haben und so viele Männer wie nötig einspannen konnten, um über schwere Stellen zu kommen. Und die Boote werden noch schwerer mit Vorräten und Kranken beladen sein als vorher. Ich denke, bei jedem Boot müssen zwanzig bis dreißig Männer ins Geschirr. Das heißt, wir müssen die Boote abwechselnd ziehen.«
    »Abwechselnd?«, entfuhr es Bridgens. »Gütiger Himmel, wenn wir ständig vor- und zurücklaufen, dauert es doch ewig, die Boote von der Stelle zu bringen. Und je schwächer und kränker wir werden, desto langsamer kommen wir voran.«
    »Ja.«
    »Haben wir denn überhaupt eine Aussicht darauf, mit diesen Booten zum Großen Fischfluss und dann stromaufwärts zu dem Außenposten am Großen Sklavensee zu gelangen?«
    »Das bezweifle ich.« Peglar sah seinen Freund an. »Vielleicht überleben ein paar von uns so lange, dass sie die Flussmündung erreichen, und wenn sie dann noch die richtigen Boote mit der passenden Takelage haben … Aber eigentlich sehe ich kaum Hoffnung für uns.«
    »Aber warum fordern uns die Kapitäne solche Anstrengungen und Entbehrungen ab, wenn gar keine Hoffnung besteht?« Die Stimme des Älteren klang weder betrübt noch verzweifelt, sondern nur interessiert.
    Peglar hatte schon tausendmal gehört, wie sich Bridgens in genau diesem sanften, leicht neugierigen Ton über Astronomie,
Naturgeschichte, Geologie, Botanik, Philosophie und ein Dutzend weitere Themen erkundigte. Meistens war es bei diesen Gelegenheiten der Lehrer gewesen, der seinem Schüler höfliche Fragen stellte, auf die er die Antwort längst wusste. Doch in diesem Fall war Peglar sicher, dass Bridgens die Antwort nicht kannte. »Gibt es denn eine andere Möglichkeit?«
    »Wir könnten hier im Lager bleiben. Oder sogar zur Terror zurückkehren, wenn sich unsere Zahl deutlich verringert hat.«
    »Und was sollen wir dort tun? Einfach auf den Tod warten?«
    »Immerhin können wir dann in Ruhe warten, Harry.«
    »Auf den Tod?« Peglar merkte, dass er fast geschrien hatte. »Verdammt noch mal, wer will denn in Ruhe auf den Tod warten? Wenn wir die Boote zur Küste schaffen – gleich, welche Boote –, dann haben wenigstens einige von uns eine Chance. Östlich von Boothia gibt es vielleicht offenes Wasser. Möglicherweise gelingt uns die Fahrt flussaufwärts. Wenigstens einigen von uns. Dann können die Überlebenden unseren Angehörigen zumindest sagen, was mit uns passiert ist, wo wir begraben sind, und dass wir am Ende an sie gedacht haben.«
    »Du bist mein Angehöriger, Harry«, erklärte Bridgens. »Der einzige Mensch auf der ganzen Welt, den es interessiert, ob ich lebe oder tot bin, was ich vielleicht gedacht habe, bevor ich zusammengebrochen bin, und wo meine Gebeine liegen.«
    Peglar, der immer noch zornig war, spürte das Klopfen seines Herzens in der Brust. »Du wirst mich überleben, John.«
    »Ach, bei meinem Alter und

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