Terror
Empfindlichkeit gegen Geräusche war. In diesem Zustand konnte ein Kranker am Knall eines Flintenschusses sterben. Jetzt erkannten die meisten Seeleute, die die Boote schleppten, diese Symptome an sich selbst.
Selbst einem Schwachsinnigen wie Magnus Manson war klar, dass für die Männer im Geschirr keine Hoffnung bestand, falls ein Boot durchs Eis brach – durch Eis, das nicht einmal eine abgemagerte Vogelscheuche wie James Daly getragen hatte. Sie würden ertrinken, bevor sie erfrieren konnten.
Für die an ihre gedrängte Marschordnung auf dem Eis gewöhnten Leute war es seltsam, dass sie die Boote nun weit voneinander entfernt und versetzt ziehen mussten. Manchmal konnte ein Gespann im Schneesturm keines der anderen mehr sehen, und sie wurden von einem bedrückenden Gefühl des Verlorenseins erfasst. Als sie zurückstapften, um die drei Kutter und zwei Pinassen zu holen, folgten sie nicht ihren Spuren, da sie fürchten mussten, von dem Eis nicht mehr getragen zu werden.
Einige Männer murrten, dass sie den Meeresarm zum Großen Fischfluss vielleicht schon verpasst hatten. Peglar hatte die Karten und auch Croziers Theodolitmessungen gesehen. Er wusste, dass sie sich noch ein gutes Stück westlich dieses Ziels befanden – mindestens dreißig Meilen. Danach noch einmal sechzig oder fünfundsechzig Meilen bis zur Mündung. Auch wenn sie wie durch ein Wunder etwas zu essen fanden und wieder gesund wurden, würden sie bei ihrer derzeitigen Marschgeschwindigkeit den Meeresarm nicht vor August und die Flussmündung frühestens Ende September erreichen.
Die Verheißung offenen Wassers ließ Harry Peglars Herz höherschlagen. Allerdings klopfte es in letzter Zeit ohnehin sehr unregelmäßig. Harrys Mutter hatte sich immer Sorgen um sein Herz gemacht, weil er als Junge an Scharlach erkrankt war und häufig Schmerzen in der Brust hatte. Aber er hatte sie immer beruhigt und darauf hingewiesen, dass er auf einigen der größten Schiffe der Welt als Vortoppmann gedient hatte und dass kein Mann mit schwachem Herzen solch eine Position innehaben konnte. Im Lauf der Jahre gelang es ihm, sie zu überzeugen, auch wenn er immer wieder einmal ein Flattern in der Brust verspürte,
gefolgt von tagelangen Schmerzen, Beklemmungsgefühlen und einem Ziehen im linken Arm, das sich derart steigern konnte, dass er mit nur einer Hand zu den oberen Rahen des Fockmasts hinaufklettern musste. Die nichtsahnenden Toppsgasten hielten das für Angeberei.
In den letzten Wochen flatterte sein Herz fast pausenlos. Seit vierzehn Tagen konnte er die Finger der linken Hand nicht mehr gebrauchen, und der Schmerz war jetzt sein ständiger Begleiter. Dazu kam der fortgesetzte Durchfall. Auch auf dem Schiff war es Peglar immer peinlich gewesen, sein Geschäft im Freien zu verrichten. Während die anderen völlig unbekümmert untertags nach vorn zum Bug stapften, litt er an Verstopfung und musste bis zum Einbruch der Dunkelheit warten, um den Donnerbalken aufzusuchen.
Aber auf diesem Marsch gab es keinen Donnerbalken. Nicht einmal einen Strauch oder einen Felsen, hinter dem man sich verstecken konnte. Die Männer in Peglars Schleppgespann lachten darüber, dass ihr Unteroffizier immer zurückblieb und sogar die Gefahr auf sich nahm, von dem Wesen aus dem Eis erwischt zu werden, nur um nicht beim Scheißen beobachtet zu werden.
Aber es waren nicht die wohlwollenden Späße der Maaten, die Peglar in den letzten Wochen in Bedrängnis gebracht hatten; es war die rasende Eile, um sein Gespann einzuholen und sich wieder ins Geschirr einzureihen. Er war so erschöpft von den inneren Blutungen, dem Nahrungsmangel und dem flatternden Herzen, dass es ihm immer schwerer fiel, den Anschluss zu halten.
Und so war Harry Peglar an diesem Sonntag von den neunundachtzig Männern wahrscheinlich der einzige, der den aufziehenden Nebel nach dem Nachlassen des Schneegestöbers begrüßte.
Natürlich war der Nebel gefährlich. Wenn sie in großen Abständen über das tückische Eis zogen wie zurzeit, konnten sich
die Schleppgespanne leicht aus den Augen verlieren. Selbst das Zurückmarschieren, um die restlichen Kutter und Pinassen zu holen, hatte sich als schwierig erwiesen, obwohl der Nebel immer erst gegen Abend dichter wurde. Kapitän Crozier ließ anhalten, um die Lage zu besprechen. Nicht mehr als fünfzehn Leute durften sich auf einem kleineren Flecken Eis versammeln, und das auch nicht in der Nähe eines Boots. An diesem Tag gingen nur so viele Männer im
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