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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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fünfunddreißig von der Terror , zusammen also vierundsiebzig von den einhundertneunundzwanzig, die im Sommer 1845 von Grönland aus aufgebrochen waren.
    Vier Männer waren in den letzten vierundzwanzig Stunden amputiert worden, und mindestens weitere zwanzig waren zu
krank, verletzt, ausgehungert oder entkräftet, um noch einmal loszuziehen. Ein Drittel der verbliebenen Besatzung war am Ende.
    Die Zeit war reif für eine Entscheidung.
     
     
    »Allmächtiger Gott«, krächzte Crozier mit seiner matten Stimme, »bei dem die Geister derer leben, die im Herrn verschieden sind, und bei dem die Seelen der Gläubigen, von der Bürde des Fleisches erlöst, in Freude und Seligkeit bleiben:Wir danken Dir von Herzen, dass es Dir gefallen hat, diesen unseren Bruder John Diggle im Alter von achtunddreißig Jahren aus dem Elend der sündigen Welt zu erlösen. Und wir bitten Dich, lass auch uns mit allen, die im wahren Glauben an Deinen heiligen Namen abgeschieden sind, zur letzten Vollendung und vollkommenen Seligkeit des Leibes und der Seele gelangen in Deiner ewigen und unvergänglichen Herrlichkeit, durch Jesum Christum, unsern Herrn. Amen.«
    »Amen«, schnarrten die einundsechzig Männer, die sich auf den Beinen halten konnten.
    »Amen«, kam es von den anderen, die in den Zelten lagen.
    Crozier löste die Versammlung noch nicht auf. »Männer der Erebus und Terror , Teilnehmer der Expedition Sir John Franklins, Schiffsmaaten. Heute müssen wir entscheiden, wohin uns unser Weg führen soll. Nach der Schiffsordnung und nach dem Vertrag der Royal Navy, auf den ihr euren Eid geleistet habt, untersteht ihr meinem Befehl, solange ich euch nicht von euren Pflichten entbinde. Ihr seid Sir John, Kapitän Fitzjames und mir bis hierher gefolgt und habt euch tapfer gehalten. Viele unsere Freunde und Schiffsmaaten sind zu unserem Herrn heimgekehrt, aber vierundsiebzig von uns haben ausgeharrt. Ich bin fest entschlossen, jeden Mann hier im Rettungslager heil zurückzubringen, damit er seine Heimat und Verwandten wiedersehen kann. Gott soll mein Zeuge sein, dass ich alles dafür tun werde, um dies
in einer gemeinsamen Anstrengung zu verwirklichen. Und so entlasse ich euch heute aus eurer Pflicht, damit jeder selbst entscheide, wie er dieses Ziel erreichen kann.«
    Ein allgemeines Gemurmel hob an. Nach einigen Sekunden fuhr Crozier fort. »Ihr habt gehört, was wir vorhaben. Dr. Goodsir wird mit denen zurückbleiben, die zu krank zum Marschieren sind. Die Gesünderen ziehen weiter zu Backs Fluss. Will jemand unter euch sein Heil auf einem anderen Weg suchen?«
    Ein längeres Schweigen entstand, und die Männer scharrten, die Blicke nach unten gerichtet, mit den Füßen durch das Geröll. Schließlich humpelte George Hodgson nach vorn.
    »Ja, Sir, einige von uns wollen es auf andere Weise versuchen. Das heißt, wir wollen zurückgehen, Kapitän Crozier.«
    Der Kapitän sah den jungen Offizier lange an. Er wusste, dass Hodgson der Strohmann für Hickey, Aylmore und einige andere Querulanten war, die die Männer schon seit vielen Monaten aufwiegelten. Er fragte sich, ob der junge Hodgson das ebenfalls wusste.
    »Wohin zurück, Leutnant Hodgson?«
    »Zum Schiff, Sir.«
    »Glauben Sie denn, dass die Terror überhaupt noch da ist?« Wie um Croziers Frage zu unterstreichen, kam ein lautes Bersten und Dröhnen aus dem Meereis im Süden. Zweihundert Faden vor der Küste stürzte ein Eisberg ein.
    Hodgson zuckte mit den Schultern wie ein Junge. »Das Terror -Lager wird auf jeden Fall noch da sein. Und dort haben wir Lebensmittel, Kohle und Boote zurückgelassen.«
    »In der Tat. Und diese Lebensmittel könnten wir jetzt alle gut gebrauchen – sogar die Konserven, an denen einige von uns so jämmerlich verreckt sind. Aber, Leutnant Hodgson, wir haben das Lager vor fast hundert Tagen verlassen und seitdem achtzig oder neunzig Meilen zurückgelegt. Glauben Sie wirklich, dass Sie mitten im Winter so weit zurückmarschieren können? Bis
Sie im Lager ankommen, ist es schon Ende November. Völlige Finsternis. Und Sie erinnern sich doch noch an die Temperaturen und die Stürme im letzten November.«
    Hodgson blieb stumm und nickte nur.
    Cornelius Hickey löste sich aus den Reihen der zusammengesunkenen Gestalten und trat neben den Leutnant. »Wir werden nich bis Ende November laufen. Wir glauben, das Eis an der Küste, wo wir lang sind, is offen. Wir segeln und rudern einfach um dieses Scheißkap rum, wo wir die fünf Boote geschleppt ham wie

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