Terror
der Hoffnung, dass das Eis aufbricht und dass wir alle mit den Booten in See stechen können, auch die Sterbenden.«
Goodsir blickte stirnrunzelnd auf die vier Boote. »Haben denn so viele Leute überhaupt Platz?«
»Sie dürfen nicht vergessen, Dr. Goodsir«, warf Edward Couch ein, »dass wir nach dem Aufbruch der Unzufriedenen heute Morgen neunzehn Mann weniger sind. Dazu noch Mr. Diggle und Mr. Honey, die gestern gestorben sind. Das sind insgesamt nur noch vierundfünfzig.«
»Außerdem haben Sie ja selbst gesagt«, fügte Thomas Johnson hinzu, »dass in der kommenden Woche noch einige Leute sterben werden.«
»Lebensmittel haben wir auch fast keine mehr.« Korporal Pearson lag noch immer halb auf der Bootswand. »Umgekehrt wär’s mir bei Gott lieber.«
»Und ich habe beschlossen, alle Zelte zurückzulassen«, erklärte Crozier.
Goodsir wunderte sich. »Und wie schützen wir uns dann vor Stürmen?«
»Auf dem Eis unter den Booten«, erwiderte Des Voeux, »im offenen Wasser unter den Bootsplanen. Das haben wir bei unserem misslungenen Marsch zur Boothia-Halbinsel im März auch gemacht. In oder unter so einem Boot ist es viel wärmer als in einem von diesen Scheißzelten …Verzeihen Sie, Kapitän Crozier.«
»Keine Ursache«, sagte Crozier. »Außerdem wiegen die Hollandzelte inzwischen alle drei- oder viermal so viel wie am Anfang. Sie werden einfach nicht mehr trocken. Die müssen die halbe Feuchtigkeit der Arktis aufgesaugt haben.«
»Und die andere Hälfte sitzt in unserer Unterwäsche«, bemerkte Unterleutnant Robert Thomas.
Alle fingen an zu lachen. Bei zweien endete der Heiterkeitsausbruch mit einem Hustenanfall.
»Ich will auch nur vier von den Wasserfässern mitnehmen«, fuhr Crozier fort. »Zwei werden sowieso leer sein, wenn wir aufbrechen. Jedes Boot kriegt nur ein Fass.«
Goodsir schüttelte den Kopf. »Wie wollen Ihre Leute ihren Durst stillen, wenn sie in der Meeresstraße oder auf dem Eis sind?«
»Unsere Leute, Dr. Goodsir«, entgegnete der Kapitän. »Vergessen Sie nicht, Sie und die Kranken kommen mit, wenn sich das Eis öffnet. Die Fässer können wir regelmäßig nachfüllen, wenn wir Backs Fluss erreichen. Was den Weg bis dorthin angeht, so muss ich etwas gestehen. Wir – die Offiziere – haben tatsächlich etwas gehortet, was wir gestern bei der Aufteilung verschwiegen haben: Ein wenig Holzgeist, der unter dem falschen Boden eines leeren Rumfasses verborgen war.«
»Damit können wir Eis und Schnee zum Trinken auftauen«, sagte Johnson.
Goodsir nickte bedächtig. Er hatte sich schon völlig mit der Aussicht auf seinen sicheren Tod abgefunden, und so wurde ihm allein der Gedanke an eine mögliche Rettung zur Qual. Er widerstand der Versuchung, sich der aufkeimenden Hoffnung hinzugeben. Alles sprach dafür, dass sie alle schon im nächsten Monat tot waren, Hickeys Gruppe genauso wie Mr. Males Abenteurer und Croziers nach Süden ziehende Schar.
Wieder schien es, als hätte Crozier die Gedanken des Arztes gelesen. »Dr. Goodsir, was brauchen wir, damit wir den Skorbut noch die drei Monate durchstehen, die wir wahrscheinlich für die Ruderfahrt zum Großen Sklavensee benötigen?«
»Frische Lebensmittel«, antwortete Goodsir. »Ich bin überzeugt, dass wir die Krankheit bei einigen Männern zurückdrängen können, wenn wir frische Nahrung bekommen. Wenn schon kein Gemüse und Obst, die man in dieser Gegend natürlich nicht findet, dann wenigstens frisches Fleisch und vor allem Fett. Sogar Tierblut würde helfen.«
»Wie können Fleisch und Speck so eine grausame Krankheit aufhalten?«, fragte Korporal Pearson.
»Ich habe keine Ahnung.« Der Arzt schüttelte den Kopf. »Aber ich bin mir völlig sicher, dass es so ist. Und genauso sicher weiß ich, dass wir alle an Skorbut sterben werden, noch bevor wir verhungern, wenn wir kein frisches Fleisch bekommen.«
Des Voeux blickte auf. »Wenn Hickey und die anderen zum Terror -Lager kommen, können die Goldner-Büchsen dann den gleichen Zweck erfüllen?«
Erneut zuckte Goodsir mit den Achseln. »Möglich. Allerdings teile ich die Meinung meines verstorbenen Kollegen MacDonald, dass frische Lebensmittel besser sind als Konserven. Außerdem steht für mich außer Frage, dass sich in diesen Büchsen mindestens zwei verschiedene Arten Gift verbergen. Das eine wirkt langsam und heimtückisch, das andere, das den armen Kapitän Fitzjames getötet hat, schnell und schrecklich. Auf jeden Fall ist
es günstiger für uns, frisches
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