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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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es um Essbares ging. Alle schienen von dem tiefen Argwohn beherrscht, irgendjemand könnte Lebensmittel verstecken, horten, heimlich beiseiteschaffen, den anderen vorenthalten. Es dauerte Stunden, bis alle Boote entladen, alle Vorratskisten geleert, alle Zelte durchsucht und auch Diggles und Walls Bestände durchstöbert waren. Vertreter aller Rangstufen – der Offiziere, Deckoffiziere, Unteroffiziere und Matrosen – wachten darüber, dass alles mit rechten Dingen zuging, während die anderen mit gierigen Augen zusahen.
    In der Nacht nach der Aufteilung starb Thomas Honey. Goodsir schickte Hartnell los, um den Kapitän zu verständigen,
dann half er mit, den Leichnam des Zimmermanns in seinen Schlafsack einzunähen. Zwei Matrosen trugen ihn zu einer Schneewechte fünfzig Faden außerhalb des Lagers, wo bereits Diggles Leiche aufgebahrt lag. Ohne ausdrücklichen Befehl des Kapitäns oder irgendeine Abstimmung hatten die Überlebenden der Expedition in stillem Einvernehmen auf ein Begräbnis der beiden letzten Toten verzichtet.
    Haben wir die Leichen in die Schneewechte gelegt, damit sie uns als Nahrung erhalten bleiben? Der Arzt hätte seine eigene Frage nicht beantworten können.
    Dass er Hickey und allen anderen Anwesenden ausführlich geschildert hatte, wie man einen menschlichen Körper zerlegt, um ihn zu verzehren, war kein Zufall. Vor dem Zählappell hatte er seinen Plan mit Kapitän Crozier abgesprochen. Als er dann den Männern die Einzelheiten beschrieb, hatte er zu seinem Entsetzen festgestellt, dass ihm das Wasser im Mund zusammenlief.
    Er war sich sicher, dass er nicht als Einziger so auf die Vorstellung von frischem Fleisch reagiert hatte – gleich, woher es stammte.
    Am Montag, den 14. August in der Morgendämmerung erschien nur eine Handvoll Leute, um zu sehen, wie Hickey und seine Schar mit der Pinasse auf dem lädierten Schlitten loszogen. Auch Goodsir war gekommen, nachdem er sich um Honeys heimliche Bestattung in der Schneewechte gekümmert hatte.
    Den Abschied von Reuben Male, Robert Sinclair und Samuel Honey, der mit dem gerade verstorbenen Zimmermann nicht verwandt war, hatte er verpasst. Die drei Männer waren schon sehr früh aufgebrochen, um den Weg quer über die Insel einzuschlagen. Sie hatten nur Rucksäcke, Schlafsäcke, ein wenig Schiffszwieback, Wasser und eine Schrotflinte mit Munition dabei. Nicht einmal ein Hollandzelt gehörte zu ihrer Ausrüstung. Sie hatten die Absicht, Schneehöhlen zu bauen, falls der Winter sie vor dem Erreichen des Terror -Lagers einholte. Goodsir vermutete,
dass sie ihren Freunden am Vorabend Lebewohl gesagt hatten, da sie das Lager schon verlassen hatten, bevor das erste graue Licht den südlichen Horizont berührte. Später erfuhr der Arzt von Mr. Couch, dass die Gruppe nach Norden ins Landesinnere marschiert war und sich erst am zweiten oder dritten Tag nach Nordwesten wenden wollte.
    Umso erstaunter war der Arzt, wie schwer Hickeys Leute ihr Boot beladen hatten. Im ganzen Lager hatten sich die Männer von überflüssigen Gegenständen getrennt – Zivilisationsgüter wie Haarbürsten, Bücher, Handtücher, Schreibpulte und Kämme, die sie hundert Tage lang transportiert hatten und mit denen sie sich jetzt nicht mehr belasten wollten. Aus unerfindlichen Gründen hatten Hickey und seine Begleiter viele dieser abgelegten Dinge zusammen mit Zelten, Schlafzeug und Lebensmitteln in die Pinasse gepackt.
    In einem Sack befanden sich einhundertfünf einzeln verpackte Tafeln dunkle Schokolade aus einem geheimen Vorrat, den Diggle und Wall als Überraschung für das Schiffsvolk den ganzen Weg mitgeschleppt hatten. Es war der Anteil, der auf Hickeys Gruppe entfiel: sechseinhalb Tafeln Schokolade pro Mann.
    Leutnant Hodgson hatte Crozier die Hand geschüttelt, und einige Männer hatten sich verlegen von alten Maaten verabschiedet. Hickey, Manson, Aylmore und andere dagegen blieben stumm. Der Bootsmannsmaat Johnson überreichte Hodgson die ungeladene Schrotflinte mit einem Beutel Munition und sah zu, wie der junge Leutnant beides im Boot verstaute. Mit Manson als Zugführer und mindestens einem Dutzend Männern, die vor den Schlitten gespannt waren, verließen sie schweigend das Lager. In der Stille war nur das Scharren der Kufen auf Geröll und dann auf Eis und Schnee zu hören. Nach zwanzig Minuten waren sie hinter der leichten Anhöhe westlich des Rettungslagers verschwunden.

    »Denken Sie darüber nach, ob sie es schaffen werden, Dr. Goodsir?«, fragte

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