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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Eisströmen, das Tausende Schiffe wie die Erebus und die Terror verschlingen konnte. Crozier wusste auch, dass Kings umstrittenes Buch sogar in der Bibliothek der Erebus stand – er hatte es gelesen, und es befand sich noch in seiner Kajüte auf der Terror. Doch genauso war ihm klar, dass er der einzige Teilnehmer der gesamten Expedition war, der dieses Buch überhaupt zur Hand nahm.
    »Nein«, erwiderte er schließlich, »ich bin kein Verfechter von Kings Theorien, ich möchte hier nur etwas zu bedenken geben. Auch Cornwallis-Land haben wir für riesig gehalten, für einen Teil des arktischen Kontinents womöglich, und haben es dann in wenigen Tagen umsegelt. Viele von uns waren überzeugt, dass die Devon-Insel nach Norden und Westen bis unmittelbar an das offene Polarmeer reicht, aber dann haben unsere zwei Schiffe ihre Westspitze und damit die offenen Kanäle im Norden entdeckt. Gemäß unserer Order hätten wir von Cape Walker aus direkt nach Südwesten segeln müssen, aber dann haben wir festgestellt, dass uns das Prince-of-Wales-Land im Weg stand, von dem wir inzwischen ebenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit vermuten,
dass es sich um eine Insel handelt. Außerdem kann der niedrige Streifen Eis, den wir auf unserer Fahrt nach Süden im Osten erspäht haben, durchaus eine zugefrorene Meerenge gewesen sein, die die Somerset- Insel von Boothia Felix trennt. Das hieße, dass King unrecht hat und dass Boothia keine durchgehende Halbinsel bis hinauf zum Lancaster-Sund ist.«
    »Es gibt keinen Beweis dafür, dass dieser Eisstreifen eine Meerenge ist«, widersprach Leutnant Gore. »Es ist viel naheliegender, ihn als eisbedeckte Landenge zu betrachten, wie wir sie auch bei der Beechey-Insel vorgefunden haben.«
    Crozier zuckte mit den Achseln. »Mag sein. Aber auf dieser Expedition haben wir immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Landmassen, die bisher für groß oder zusammenhängend gehalten wurden, in Wahrheit Inseln sind. Ich schlage daher vor, dass wir kehrtmachen und das Packeis im Südwesten vermeiden. Dass wir erst nach Osten und dann nach Süden an der Ostküste von King-William-Land entlangsegeln, das sich vermutlich als Insel entpuppen wird. Zumindest sind wir dann geschützt vor diesem … schwimmenden Gletscher, von dem Mr. Blanky gesprochen hat. Und sollte sich wider Erwarten doch herausstellen, dass es sich nur um eine langgezogene, schmale Bucht handelt, bleibt uns immer noch die Möglichkeit, nächsten Sommer wieder nach Norden um die Spitze von King-William-Land herumzusegeln. Dann wären wir wieder hier, und es wäre nichts verloren.«
    »Außer die verheizte Kohle und die vertane Zeit«, entgegnete Commander Fitzjames.
    Crozier nickte.
    Sir John rieb sich über die runden, glattrasierten Wangen.
    Im allgemeinen Schweigen ergriff James Thompson, der Maschinist der Terror , das Wort. »Sir John, meine Herren, da die Frage der Kohlereserven angeschnitten wurde, möchte ich hier erwähnen, dass wir im Hinblick auf unser Brennmaterial kurz
vor einem Punkt stehen, ab dem es – und das meine ich ganz wörtlich – keine Umkehr mehr gibt. Allein die vergangene Woche, als wir uns mit den Dampfmaschinen einen Weg durch die Ausläufer dieses Packeises gebahnt haben, hat uns ein Viertel unserer verbleibenden Kohlereserven gekostet. Jetzt verfügen wir nur noch über wenig mehr als die Hälfte unserer ursprünglichen Vorräte. Das reicht unter gewöhnlichen Umständen für knapp zwei Wochen Fahrt unter Dampf – oder nur noch wenige Tage, wenn wir durchs Eis brechen wie in letzter Zeit. Und falls wir einen weiteren Winter eingefroren sind, müssen wir viel Kohle verbrennen, nur um die Schiffe einigermaßen bewohnbar zu halten.«
    »Wir können ja Leute an Land schicken, die Bäume als Feuerholz fällen«, warf der links von Crozier sitzende Leutnant Edward Little ein.
    Fast eine Minute lang mussten alle Männer in der Kajüte herzlich lachen – mit Ausnahme von Sir John. Es war eine willkommene Unterbrechung. Sir John erinnerte sich vielleicht an seine früheren Überlandexpeditionen zu den Küstenregionen, die von ihrer jetzigen Position aus im Süden lagen. Die Festlandtundra erstreckte sich von der Küste aus neunhundert unwirtliche Meilen nach Süden, ehe man den ersten Baum oder auch nur so etwas wie einen Busch zu Gesicht bekam.
    »Es gibt eine Möglichkeit, unsere Dampfkraft besser auszunutzen«, bemerkte Crozier leise in der entspannten Stille nach dem Lachen.
    Alle Köpfe wandten sich dem

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