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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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kratzen sehen, um Wind zu bekommen.« Um Fitzjames’ Lippen spielt ein leises Lächeln.
    Crozier bleibt stumm.
    »Du bist in deinem Leben doch schon weit herumgekommen und hast dabei bestimmt schon einiges gesehen, was kein Mensch je für möglich gehalten hätte.« Fitzjames ist offensichtlich bemüht, das Gespräch wieder in ruhigeres Fahrwasser zu lenken.
    »Das stimmt.« Crozier lacht bellend auf. »Pinguine! Wäre schön, wenn sie auch hier die größten Tierchen wären, so wie das im Süden der Fall ist.«
    »Gibt es in der Antarktis keine Eisbären?«
    »Wir haben zumindest keine erspäht. Und in den fünfundsiebzig Jahren, seit Walfänger und Forscher in dieses vulkanische Eisland segeln, hat auch noch niemand sonst welche gesehen.«
    »Du und James Ross, ihr wart die Ersten, die diesen Kontinent erblickt haben. Und die Vulkane.«
    »Ja, in der Tat. Und für Sir James war das ein Segen. Er hat ein hübsches junges Ding geheiratet und wurde zum Ritter geschlagen. Er ist glücklich und sitzt zu Hause im Warmen. Ich dagegen … ich sitze hier.«
    Fitzjames räuspert sich verlegen. »Weißt du, Francis, bis zu dieser Reise habe ich nie an der Existenz des offenen Polarmeers gezweifelt. Ich war mir sicher, dass das Parlament zu Recht an die Vorhersagen der sogenannten Polarexperten glaubt. Weißt du noch, was im Winter vor unserer Expedition in der Times stand? All das Zeug über den Golfstrom, der unter dem Eis durchfließt und so das Polarmeer offenhält, und über den unsichtbaren Kontinent, den es hier oben geben muss. Sie waren so fest davon überzeugt, dass sie sogar ein Gesetz vorgeschlagen haben, um
Sträflinge aus Southgate und anderen Gefängnissen hierher zu schicken. Die sollten die Kohle schürfen, die sich nach Vorstellung dieser Phantasten nur wenige Hundert Meilen nördlich von hier in großer Fülle im Boden des Nordpolkontinents befinden muss.«
    Diesmal ist Croziers Lachen echt. »Ja, und mit dieser Kohle sollen dann die Hotels geheizt und die Feuerungsstationen für die Dampfschiffe versorgt werden, die spätestens in den 60er Jahren regelmäßig über das offene Polarmeer fahren werden. Mein Gott, wie gern würde ich mit einem von diesen Gefangenen in Southgate tauschen! Die Zellen dort sind von Gesetzes wegen und um der Menschlichkeit willen doppelt so groß wie unsere Kajüten, James. Wir hätten eine warme und sichere Zukunft vor uns, wenn wir in so einem Luxuszimmer sitzen und einfach auf die Nachricht von der Entdeckung und Kolonisierung dieses Nordpolkontinents warten könnten.«
    Beide lachen laut.
    Vom oberen Deck ist ein Poltern zu hören – eilige Schritte, nicht nur das Stampfen von Füßen gegen die Kälte. Schon ertönen Stimmen, und schneidend kalte Luft weht um ihre Knöchel, als am anderen Ende des Kajütgangs die Hauptluke angehoben wird. Mehrere Stiefelpaare kommen die Treppe herab.
    Beide Kapitäne warten schweigend auf das leise Klopfen an der dünnen Tür zur Offiziersmesse.
    »Herein«, sagt Commander Fitzjames.
    Ein Seemann der Erebus führt zwei Leute von der Terror herein: den Dritten Leutnant John Irving und den Matrosen Shanks.
    »Verzeihen Sie die Störung, Commander Fitzjames, Kapitän Crozier.« Irvings Zähne klappern nur leicht. Seine lange Nase ist ganz weiß von der Kälte. Shanks hat seine Büchse nicht abgelegt. »Leutnant Little schickt mich, um Kapitän Crozier umgehend Meldung zu erstatten.«

    »Sprechen Sie, John«, erwidert Crozier. »Sie sind aber nicht mehr auf der Jagd nach Lady Silence?«
    Einen Augenblick lang wirkt Irving verwirrt. Dann fasst er sich wieder. »Wir haben sie draußen auf dem Eis gesichtet, als die letzten Suchtrupps zurück waren. Nein, Sir, Leutnant Little hat mir aufgetragen, Sie sofort zu holen, weil …« Der junge Leutnant hält inne, als wäre ihm der Grund seines Kommens entfallen.
    Fitzjames wendet sich an den wachhabenden Unterleutnant der Erebus , der die beiden Gäste hereingeführt hat. »Mr. Couch, hätten Sie bitte die Freundlichkeit, in den Kajütgang hinauszutreten und die Tür zu schließen. Vielen Dank.«
    Auch Crozier ist die merkwürdige Stille aufgefallen. Das Schnarchen und Knarren aus dem Mannschaftslogis ist fast verstummt. Zu viele Seeleute sind wach und lauschen mit gespitzten Ohren.
    Als die Tür zu ist, fährt Irving fort. »Es geht um William Strong und Tommy Evans, Sir. Sie sind … wieder da.«
    Crozier blinzelt ungläubig. »Was soll das heißen, wieder da? Sind sie am Leben?« Er spürt ein

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