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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Eis ein.
    Leutnant Gores Sarg wurde über die Bordwand der Erebus gefiert
und auf einen großen, eigens zu diesem Zweck verstärkten Schlitten geschnallt. Sir Johns eigener Union Jack war über den Sarg gebreitet. Dann zogen zweiunddreißig Seeleute – zwanzig von Sir Johns und zwölf von Kapitän Croziers Schiff – den Schlitten langsam die fünfundzwanzig Faden hinaus zum Ort der Bestattung, während die vier jüngsten Matrosen, die in der Dienstliste noch als Schiffsjungen geführt wurden – George Chambers und David Young von der Erebus sowie Robert Golding und Thomas Evans von der Terror – einen gravitätischen Marsch auf ihren mit schwarzem Tuch gedämpften Trommeln schlugen. Die feierliche Prozession wurde eskortiert von zwanzig Männern, unter ihnen Kapitän Sir John Franklin, Commander Fitzjames, Kapitän Crozier und sämtliche Offiziere in bestem Staat, sofern sie nicht auf einem der beiden fast menschenleeren Schiffe zur Wache abkommandiert waren.
    An der Beisetzungsstätte warteten rot gekleidete Seesoldaten in Habtachtstellung. Das Ehrensalutkommando unter dem Befehl des dreiunddreißigjährigen Sergeant David Bryant bestand aus Korporal Pearson und den Gefreiten Hopcraft, Pilkington, Healey und Reed von der Erebus – nur der Gefreite Braine fehlte aus dem Seesoldatenaufgebot des Flaggschiffs, da der Mann im vergangenen Winter gestorben und auf der Beechey-Insel begraben worden war – sowie Sergeant Tozer, Korporal Hedges und den Gefreiten Wilkes, Hammond, Heather und Daly von der Terror.
    Hinter dem Bestattungsschlitten trug Leutnant H.T.D. Le Vesconte den Dreispitz und das Schwert Leutnant Gores, dessen Befehlskompetenzen auf ihn übergegangen waren. Neben ihm schritt Leutnant James W. Fairholme mit einem blauen Samtkissen. Auf diesem lagen die sechs Orden, mit denen der junge Gore in seiner Zeit bei der Royal Navy ausgezeichnet worden war.
    Als sich der Schlittenzug dem Bestattungskrater näherte, traten die zwölf Seesoldaten auseinander und bildeten ein Spalier.
Sie drehten sich nach innen und hielten die Büchsen mit dem Kolben nach vorn, während die Schlittenzieher, der Sarg, die Ehrengarde und die anderen Trauernden an ihnen vorüberschritten.
    Durch einen Wald aus Uniformen strebten die Männer zum Krater, und der eine oder andere Matrose stellte sich sogar auf einen Eiskamm, um einen besseren Blick zu haben. Sir John geleitete die Kapitäne zu einem eigens für sie errichteten Gerüst an der Ostseite des Eislochs. Langsam und behutsam machten sich die zweiunddreißig Schlittenzieher nun daran, den schweren Sarg loszubinden und ihn auf sorgfältig ausgerichteten Planken bis zu seinem vorübergehenden Stellplatz auf dem Holzaufbau über dem Eisschacht gleiten zu lassen. Als der Sarg zum Stehen kam, ruhte er nicht nur auf den letzten Planken, sondern auf drei starken Trossen, die von denselben Männern gehalten wurden, die man zum Ziehen des Schlittens ausgewählt hatte.
    Das gedämpfte Trommeln verklang, und alle nahmen ihre Hüte und Mützen ab. Der eisige Wind zerzauste den Männern das lange Haar, das für die Totenfeier gewaschen, gescheitelt und nach hinten gebunden worden war. Der Tag war frostig – nicht mehr als minus fünfzehn Grad bei der letzten Messung um sechs Glasen –, doch der von Kristallen erfüllte arktische Himmel war ein einziges Gewölbe aus goldenem Licht. Wie zu Ehren von Leutnant Gore hatten sich zu dem vom Eis verhüllten Kreis der Sonne drei Nebensonnen gesellt, die alle mit einem Hof aus regenbogenfarbigem Licht verbunden waren. Viele der Anwesenden neigten bei diesem Anblick das Haupt.
    Sir John las die Totenmesse mit voller Stimme, die von allen einhundertzehn Versammelten gut verstanden wurde. Die Zeremonie war ihnen allen vertraut, und in den Sätzen lag ein großer Trost. Am Ende beachteten die meisten den kalten Wind nicht mehr, als die bekannten Worte über das Eis hallten.
    »Darum übergeben wir seinen Leib der Tiefe in Erwartung der Auferstehung am letzten Tage und des Lebens der zukünftigen
Welt, durch unseren Herrn Jesum Christum, bei dessen Wiederkunft, um in Herrlichkeit die Welt zu richten, das Meer seine Toten hergeben wird, und die nichtigen Leiber, die in ihm ruhen, sollen ähnlich werden seinem verklärten Leibe nach der Wirkung, damit er kann alle Dinge ihm untertänig machen.«
    »Amen«, riefen die versammelten Männer.
    Die zwölf Seesoldaten des Ehrensalutkommandos erhoben ihre Büchsen und feuerten drei Salven ab, von denen die

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