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Terry - Geschichten aus dem Leichenhaus

Terry - Geschichten aus dem Leichenhaus

Titel: Terry - Geschichten aus dem Leichenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Peters
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Filzpantoffeln auf der abgewetzten Couch vor mich hindämmerte, Pfeife rauchte und Tee trank, während ein grausiger Herbststurm mein Häuschen erbeben ließ, in dem ich E.A.Poe, H.P. Lovecraft und Ruth Rendell las. Wo über die gelblichen Buchseiten das Kerzenlicht wie Leichenfinger huschten!
    Und die Leichenfinger glitten auch über die Maler der Dekadenz, wie zum Beispiel H. R. Giger und Michael Mittelbach. Denn mit Pascal war ich der Meinung, dass das Elend der Menschen darin bestand, nicht mit sich selbst alleine in einem Zimmer bleiben zu können.
    Mit Pascal im Kopf und der hundsfott auf dem Tisch verlebte ich Jahre ungetrübten Glücks, das in jedem Herbst mit einer neuen Martha Grimes gekrönt wurde, mit deren Inspektor Jury ich literarisch übers Moor ging, um skurrile Fälle zu lösen.
    Aber verflucht sei die Zeit, als mich mein Freund Krank Knasta an jenem düsteren Nachmittag anrief und sagte: „Hör’ mal, mein lieber Schlupp, du brauchst einen PC!“
    Ich antwortete verärgert: „Einen PC habe ich seit 20 Jahren!“
    Krank Knasta hielt verdutzt inne: „Du hast einen waaas seit zwanzig Jahren?“
    „Na, in der Küche natürlich. Damals hab ich ein Euro achtzig fürs Quadrat bezahlt.“
    Er schluckte. „Du meinst doch nicht etwa deinen alten PVC!?“
    „Na klar. Was denn sonst?“ gab ich nervös von mir, nachdenkend, wie ich ihn loswerden könne.
    Knasta klärte mich zwei Stunden lang auf. Am Ende meinte er: „Und mit einem Computer bist du vor allem schneller und effektiver. Vor allem, wenn du mir meinen abkaufst!“
    Ermattet sagte ich zu, denn der schöne Abend war ohnehin futsch.
    24 Stunden später zwängte sich Krank durch meine Haustür, einen Fernseher in der Rechten, ein Skateboardbrett in der Linken.
    „Einen Fernseher habe ich bereits“, meinte ich,  doch er verschwand,  um mit einem Folianten namens: »Dein Computer, das unbemannte Wesen« zu erscheinen.
    Es waren Tipps für Anfänger – 3878 Seiten stark!
    Misstrauisch sah ich ihm beim Aufbau zu, den er mit den Worten abschloss: „So, mein lieber Schlupp, und jetzt erkläre ich dir das Ganze.“ Ich war prompt beleidigt. Ich erklärte ihm, das sei für mich kein Thema, und hätte vor, mit Hilfe dieses Dinges noch heute elf Kapitel eines neuen Romans zu schreiben. Er fuchtelte wild mit Armen und Beinen herum und hielt mir meine angebliche technische Unfähigkeit unter die Nase.
    Ich war sauer. Erbost zischte ich: „Wer von uns beiden hat denn den »Prinz-Preis« für Literatur? Du oder ich?!“
    In Anbetracht meiner zwingend logischen Schlussfolgerung verabschiedete er sich schnell. Endlich war ich ihn los und zudem in Besitz eines modernen Gerätes, mit dessen Hilfe ich alsbald die Buch-Hitparaden erklimmen wollte. Wer weiß; vielleicht würde ich auch eines Tages etwas anderes als Leichenschmauser-Stories schreiben.
    Vielleicht mal was Modernes, mit Hand und Fuß, was Reelles, um meine Tante Ottilie zu Schrobsdorff-Waldenfels zu zitieren, der meine Schreibe ein Dorn im triefenden Auge ist. Und: Hatte sie nicht recht? Im fortgeschrittenen Alter sollte man sich wirklich um Politik und Beziehungskisten-Stories-ohne-Ende kümmern!
    Vor allem aufhören, Schauerliteratur von King und Kong zu lesen, die ja nur Ausflüsse für Pubertierende sind! Dann lieber Erlebnisromane des Titels: »Wenn Goldhamster zu sehr lieben«.
    Flugs räumte ich die bis dato so geschätzten Horrorbücher in den Keller, um Neuem Platz zu machen. Für Bücher über Ost-West-Konflikte, geschrieben von alten Männern mit Glatze und kurzen Oberarmhemden, die meistens vor Pyramiden stehen und schwitzen.
    Ja, genau! Noch heute wollte ich mit einem Roman über die Weltkrise beginnen, mit neuem Computer und neuem Image!
    So suchte ich drei Stunden lang nach dem Knopf zum Anmachen und hackte sechs Stunden auf dem Brett herum, ohne zu nennenswerten Ergebnissen zu kommen. Meinen Freund doch anrufen? Niemals! Diesen Triumph wollte ich ihm nicht gönnen. Aber auch das Buch für Einsteiger war eher hinderlich, mit dessen Studium weitere vier Stunden vergingen.
    In der hintersten Ecke lag noch ein übriggebliebenes Buch: »Die Rückkehr der schmatzenden Dämonen« von Donald Hellraiser, dem ich auf einmal anfing nachzutrauern. Aber es lag an meiner reaktionären Einstellung zum Modernen! Genau! Was nützt einem Hightech, wenn man vor ihr sitzt, bekleidet mit Filzpantoffeln und dem Morgenrock des Großvaters mütterlicherseits.
    Ein neues Image musste her! Am nächsten

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