Terry - Geschichten aus dem Leichenhaus
inne, erschrocken, als ihr der Schrank antwortete: mit Knacken, Bersten und Klirren.
Das machte sie noch zorniger. Die Tränen liefen ihr hinunter. Dann schrie sie heisere Worte, die Worte, die früher immer draußenbleiben mussten, als seien sie Bazillen, die die Gesundheit gefährden könnten. Andere benutzten diese Worte, wurden aber niemals krank.
Jetzt spuckte Elisabeth sie aus. Erst leise, als würde sie auf Krankheitssymptome achten. Aber sie fühlte sich immer besser! Sie bekam die Kraft, die ewig verschlossene mittlere Schublade zu zertrümmern. Die Worte, die sie dabei kreischte, wurden durch neue, eben erst erfundene, variiert. Dabei lief ihr Speichel über das zertrümmerte Holz.
Elisabeth spürte ein seltsames Kribbeln zwischen den Schenkeln.
Ein gutes Gefühl.
Schnell nahm sie das Holz der Axt zwischen ihre Beine, verstärkte das gute Gefühl, blickte auf ein zerschmettertes Regal, das wie ein zerbrochener Arm aus den Trümmern herausragte, und stellte endlich fest, dass die mittlere Schublade tatsächlich leer war.
Zum Schluss fragte sie sich, warum sie das nicht schon früher getan hatte: den Schrank zerstören, exekutieren.
Sie arbeitete in einer Metallfabrik. Dort wurde ihr gesagt, sie sei tüchtig, sauber und korrekt. So spricht man nur von toten Pferden oder von neuen Autos, dachte Elisabeth. Nur für ihre Chefs kaufte sie sich neue Kleider. Sie bediente die Herren mit Zigaretten, reichte Aschenbecher, als sei sie eine Stewardess. Sie liebte das Bedienen der Herren, das gar nicht zu ihrem Aufgabenbereich gehörte, ebenso wenig wie das Brötchenschmieren und Abwaschen.
Zu Weihnachten lud sie ihre Chefs ins teuerste Restaurant ein; von ihrem 13. Gehalt natürlich. Eine Familie, dachte Elisabeth, muss ja nicht unbedingt zu Hause wohnen. Gut, die Kollegen lachten über sie. Doch sie hatten auch kein Kopfkissen, das morgens aussah, als habe ein Graffitisprayer seinen Blues darauf gespritzt.
Als sie eines Morgens das Kalenderblatt umdrehte, um den Spruch des Tages zu lesen, verrieten ihr garstige Worte: „Die ersten vierzig Jahre liefern den Text, die nächsten den Kommentar dazu.“
Dann Mahlzeit, dachte sie.
Eines grauen und kalten Tages nun lernte Elisabeth Cody kennen. In diesem Laden für "exotisches". Cody kam von weither. Er war stämmig und untersetzt und zur See gefahren. Cody war wortkarg, bedürfnislos; rough und tough. Er hatte – wie sie – keine Eltern mehr und keinen Ort, sein Haupt dorthin zu legen. Cody war vor allem kein Schlaffi wie Vater. Nein, sein Blick allein verriet Kraft und Willensstärke, und vom ihm würde sie gewiss keine Floskeln hören, die heute wohl alle Männer draufhaben. Floskeln, wie: Ich will mich nicht festlegen, ich lass’ mich nicht einengen, und ich bin für alles offen, nur für dich nicht. Vielleicht, mal sehen, du, das ist dein Problem.
Deshalb liebte Elisabeth auch Filme mit Clint Eastwood, der einen genau so harten Blick wie Cody hatte, ebenso wortkarg war, und alle, die sich nicht festlegen wollten oder die nicht parierten, mit seiner 45’er Magnum in den überfüllten Himmel der Rückgratlosen schickte.
Sie nahm Cody einfach mit nach Hause, verwundert über so viel Mut. Sie fühlte sich gut und auch tough. Elisabeth schloss schwer atmend die Haustür ab und tat endlich das, was sie unzählige Male im Fernsehen sah: Sie schlang ihre Arme um Codys Hals, der es sich gefallen ließ, und zerriss mit einem Ruck sein Hemd. Gierig blickte sie auf das harte Dickicht seiner Brusthaare, vergrub ihren Mund darin wie eine Ertrinkende. Sie schrie laut auf, als er seine Zähne in ihren Hals stieß und sie über den Wäscheständer warf, der mitten in der Diele stand. Ein Metallfuß bohrte sich hart in ihren Rücken, und Elisabeth schrie vor Schmerz und Lust zugleich laut auf.
Endlich spürte sie ihren Körper, und die Qual war herrlich. Dann presste sich Codys Glied zwischen ihren Slip, und es kam ihr härter als das Metall von eben vor. Sie lachte wie irre, als beide von Socken, Höschen und BHs begraben wurden. Ja, sie konnte lachen, weinen und Schmerzen fühlen, und endlich war Elisabeth neu geboren! Cody schien bedeutend mehr Stellungen als in Fernsehfilmen zu kennen. Geschickt nutzte er die bizarre Skulptur des Wäscheständers, zwischen dem er sie vögelte. Er schlang ein paar Wäscheseile um ihren Hals, als sei sie ein Pferd, nahm sie hart von hinten, und sie drohte zu ersticken. Doch sie wusste gleichzeitig, dass Cody sehr gut auf
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