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Tessa

Tessa

Titel: Tessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Karlsson
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Latte macchiato trinken.«
    »Kann ich dir auch machen.«
    »Nein, ich mag deinen Kaffee nicht.«
    »Bist du mies drauf. Warst du gestern feiern?«
    »Nein. Können wir uns jetzt bitte endlich verabreden?«
    »Okay, hol mich ab. Ich mache mich fertig.«
    »Ich will dich aber nicht abholen.«
    »Ich denke, du willst deinen Schlüssel?«
    Sie zögert. »Okay, ich komme gleich vorbei. Und du bist dann fertig, ja? Ich habe keine Lust auf Warten.« Ohne sich zu verabschieden, legt sie auf.
    Sie wühlt in ihrem Klamottenhaufen und findet ein graues Oberteil, das lang genug ist, um das Gequetsche in ihrer Bauchgegend zu verdecken. Alter Zigarettengeruch schlägt ihr entgegen, als sie daran riecht, aber sie hat jetzt einen Plan. Statt High Heels wählt sie ihre abgefuckten grauen Adidas-Gazellen, weil sie ja die Beziehung beenden und keinen Eindruck mehr hinterlassen muss. Ihre Haare sitzen nicht, sie geht noch mal ins Bad, um sich mit einem lilafarbenen, fast kaputten Haargummi einen Pferdeschwanz zu binden. Da sie ihren Hinterkopf selber nicht sieht, ist es ihr egal, wie es aussieht, von vorne ist alles okay. Ihre Zahnbürste schaut sie vorwurfsvoll an, aber sie kann sich nicht durchringen. Küssen wird sie sich heute nicht, und sie hat auch einfach keine Zeit. Sie tuscht nur schnell ihre Wimpern nach. Dann schnappt sie sich ihre Schlüssel und rennt die Treppen hinab.
    Der verfettete Hund der asozialen Nachbarin steht vor der Haustür und knurrt sie an. Tessa schaut verächtlich in das Gesicht der Alten. Vielleicht ist sie auch gar nicht so alt, sondern sieht nur alt aus mit ihrem grauen, dünnen, fettigen Haar. Sie stinkt. Ein paar riesige Warzen hat sie im Gesicht und einen leeren Gesichtsausdruck. Die Alte zerrt an der Leine und tritt den widerlichen Hund in die Lenden. Der Hund jault kurz auf, um dann weiter zu knurren, aber sie ist nicht mehr in Bissweite und wirft den beiden einen verächtlichen Blick zu. Sie geht schneller, und als sie sich umdreht, sieht sie, wie sich auch die Alte umgedreht hat und ihr hinterherstarrt. Ein Schauder läuft ihr über den Nacken, und sie muss sich schütteln.
    Vor dem Zwölf-Euro-Friseur in der Alten Schönhauser Straße bleibt sie stehen, will eigentlich weitergehen, aber sie geht rein, zieht eine Nummer, und nachdem ihre Haare gewaschen sind, sie im Friseurstuhl sitzt, sagt sie dem gelangweilt schauenden Friseur: »Alles ab.«
    Jetzt kommt tatsächlich etwas Leben ins Gesicht des Friseurs. »Kurz?«
    »Ja, kurz, sag ich doch.«
    Nicks Haustür steht offen, sie klingelt trotzdem an der Gegensprechanlage, sie will nicht in seine Wohnung.
    »Kommst du runter?«, brüllt sie, sobald das Knistern zu hören ist.
    Rauschen antwortet ihr. Der Türöffner summt. Sie klingelt noch mal heftig und lässt ihren Finger auf der Klingel gedrückt, bis der Summer erneut ertönt. Was für ein Idiot, denkt sie und setzt sich auf die Eingangsstufe. Sie fühlt sich nackt ohne ihre Haare. Aber die sahen vorher auch schon scheiße aus. Sie fährt sich mit den Fingern durch das kurze Haar an ihrem Hinterkopf. Ihr ist zum Heulen zumute. Sie wollte sich doch nur ein wenig freier fühlen. Und warum hat sie keine hohen Schuhe an? Sie fühlt sich wie ein hässlicher kleiner Schuljunge.
    Als ein Arbeiter im Blaumann am Eingang vorbeiläuft, springt sie schnell auf, setzt ein liebenswertes Lächeln auf, sieht ihn von unten an und klimpert mit den Wimpern, wenigstens sind die noch lang genug.
    »Hast du vielleicht eine Kippe für mich?«
    Der Arbeiter lacht sie strahlend an. »Klar.«
    Und schnell hat er seine West-Schachtel gezückt. Sie steckt die Zigarette zwischen ihre Lippen und starrt ihn weiter an.
    »Feuer?«
    Sie will ihm wieder zuzwinkern, doch diesmal verhaken sich ihre schwergetuschten Wimpern. Der Kerl ist schnell, und während ihre Wimpern ringen, leuchtet schon die Feuerzeugflamme dicht vor ihrem Auge. Sie zieht hastig an der Zigarette, murmelt leise »danke« und dreht sich schnell weg. Bevor sie sich wieder auf die Stufe setzt, klingelt sie noch einmal Sturm bei Nick.
    »Wow. Hast du deine Haare abgeschnitten?«, fragt Nick, als er aus dem Haus kommt.
    Sie antwortet nicht, steht langsam auf. »Hast du den Schlüssel?«
    Er kramt in seiner Hosentasche, gibt ihn ihr.
    Ohne ihn anzusehen, schnappt sie den Schlüssel, dreht sich von ihm weg und steuert auf das Café an der nächsten Ecke zu. Nick folgt ihr. Die wenigen Schattenplätze sind besetzt. Sie blickt sich suchend um. Weg mit euch. Keiner

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