Tessa
fast. Sie beugt sich nach hinten, ihren Rücken zum Hohlkreuz. Starrt ihn an. »Ich finde, Frieder passt besser.« Sie lehnt sich wieder nach vorne.
Jochen tritt einen Schritt zurück. Er lacht ihr ins Gesicht. »Gut, wenn es dir besser gefällt.«
Sie strahlt ihn an. Und er lächelt zurück.
»Was machst du?«, fragt Tessa.
»Ich guck mich um.«
Sie nimmt seine Hand. »Wir gehen, ja?«
»Ist das nicht etwas zu schnell?«
»Was ist Schnelligkeit?«
Er lacht. »Ich wollte ohnehin bald gehen.«
»Dann jetzt?«
»Wenn du meinst.«
»Na, dann komm. Hier ist es eh langweilig.«
Und wieder lächelt er sie an. Und sie denkt, sie sei verliebt.
»Taxi!« Tessa steht halb auf der Straße und winkt brüllend ein Taxi heran.
Er zieht sie von der Straße weg und deutet dem haltenden Taxi mit einer Handbewegung an, dass es nicht gebraucht wird. »Ich bin mit dem Fahrrad da.«
»Echt? Welches?«
Er zeigt auf ein klobiges Mountainbike.
»Nee, oder?« Tessa lacht laut. »Egal. Ich sitze auf der Stange. Erst einmal Richtung Mitte. Lass uns irgendwo Grappa trinken.«
»Gut.«
Sie setzt sich auf seine Stange. Und souverän trägt er das Extragewicht. Sie strahlt ihn an, vorbei am Berliner Dom. Die Brücke hinauf, die Spree überquerend, der Vollmond über ihnen. Ein warmer Wind. Ihre Haare flattern, sie fühlt sich fast glücklich, und Nick ist in diesem Moment vergessen. Sie dreht sich zu Frieder, ein Lächeln auf ihrem Gesicht. »Spürst du es auch? Genieß den Moment.«
»Ja. Es ist schön.«
Sie dirigiert Frieder zu ihrem Italiener. Der Laden ist überfüllt, schick gekleidete Menschen sitzen an karierten Tischdecken. Aldo, der Besitzer, entdeckt Tessa sofort, als sie das Restaurant betritt. Er begrüßt sie stürmisch. Umarmt sie.
»Wo warst du gestern?«, fragt sie ihn. »Charlotte hat Geburtstag gefeiert. Wir haben dich vermisst.« Sie zieht einen Schmollmund. Wartet nicht auf seine Antwort, dreht sich um und will Frieder vorstellen. »Das ist Frieder. Wir nehmen zwei Grappa. Große Grappa.«
»Kommt«, sagt Aldo und führt sie zu dem Tisch, auf dem stets das Reserviert-Schildchen steht.
Tessa wirft noch kurz einen Blick um die Ecke, in den hinteren Bereich, um zu sehen, wer da ist, ob zufällig Nick oder einer seiner Freunde hier sitzt. Erleichtert, ihn nicht zu entdecken, dreht sie sich wieder zu Frieder um und muss lächeln, als sie ihn da sitzen sieht. Vertrautheit hat sich bereits eingestellt. Sie setzt sich zu ihm. Aldo stellt zwei Gläser vor sie ab, in der Hand hält er die Grappaflasche und schenkt großzügig ein. Tessa lacht ihn an und bedankt sich, woraufhin er vom Tisch verschwindet.
»Das ist zu viel.« Jochen schüttelt zweifelnd den Kopf.
»Sei kein Spielverderber, los!« Sie kneift ihm in den Unterarm. »Komm, ganz einfach. Und ex … und weg.« Sie nimmt ihr Glas und trinkt es mit einem Zug aus.
Auch er hebt das Glas an seinen Mund, trinkt, doch stellt das noch halb volle Glas wieder ab.
Tessa ruft: »Nee, gilt nicht! Alles muss weg.«
Er lacht. »Den schaff ich nicht.«
Stirnrunzelnd sieht sie ihn an, dann nimmt sie sein Glas und trinkt den Rest. »Lass uns gehen. Komm.«
Tessa steht auf, dreht sich kurz zu Aldo um. »Danke.« Und wie selbstverständlich verlassen sie das Restaurant. Er folgt ihr. Sie deutet auf den Spätkauf nebenan. »Lass uns noch was zum Trinken besorgen, ja?« Er nickt, und sie kaufen einen Sixpack Bier. Frieder bezahlt.
Sie steigt wieder auf die Stange seines Rads und zeigt ihm den Weg zu ihrem Haus. Im Treppenhaus laufen sie schweigend bis in den dritten Stock. In ihrem Wohnungsflur nimmt sie ihm das Bier ab. Ohne das Licht einzuschalten, geht sie in die Küche und stellt das Bier in den Kühlschrank. Sie greift sich zwei Flaschen, und als sie die Kühlschranktür schließt, wird es wieder dunkel in der Wohnung. Sie dreht sich nach Frieder um, den sie aber im dunklen Flur nicht sehen kann. Erneut öffnet sie die Kühlschranktür und lacht, als sie Frieder entdeckt. Er tastet nach dem Lichtschalter, und als er ihn findet, erstrahlt die Unordnung ihrer Wohnung.
»Sorry, ich habe keinen Besuch erwartet.« Sie dreht sich um. »Hier sieht es schlimm aus, oder?« Sie lacht laut. »Komm.«
Neugierig sieht er sich um. Auch im Wohnzimmer lässt sie die Lampe aus. Nur ein Streifen Licht aus dem Flur erhellt das Chaos. Sie legt sich auf den Teppich, während er weiter unentschlossen im Türrahmen stehen bleibt. Dann betritt er den Raum und setzt sich auf die
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