Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tessa

Tessa

Titel: Tessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Karlsson
Vom Netzwerk:
Müllbeutel und wirft alles noch auf dem Boden Liegende hinein. Leere Weinflaschen, alte Pizzakartons, Plastik und Folien. Ein Beutel reicht nicht, und so kramt sie nach dem nächsten. Auf dem Herd steht ein alter Topf. Sie zögert, und als sie den Deckel schließlich anhebt, strömt ihr der beißende Geruch von verschimmelten Spaghetti entgegen. Sie schließt ihn schnell wieder, wirft den ganzen Topf vorsichtig in den Beutel, knotet beide sorgsam zu und stellt sie hinaus in den Hausflur. Sie kniet sich nackt auf den Boden und wischt jeden Quadratzentimeter einzeln ab. Sie kann nicht aufhören, und irgendwann hört sie das Glucksen der Waschmaschine. Sie wühlt die Maschine leer, stellt sich nackt auf ihren spärlichen Balkon. Die Sonne knallt auf ihren Körper, und ihr wird schlecht. Hastig hängt sie die Wäsche auf, die Hitze ist kaum zu ertragen. Sie schmeißt Mögliches zum Anziehen wieder hinein ins Wohnzimmer. Als sie fertig ist, zieht sie sich die nassen Fetzen an, begutachtet ihre Tat, stopft den Rest ihrer beim Aufräumen zusammengerafften Klamotten in die Waschmaschine. Dann lässt sie sich im Flur auf den Boden sinken. Die Lethar­gie hat sie wieder fest in ihren Fängen.
    Ihr fallen die Mülltüten ein. Langsam rappelt sie sich auf, schlüpft in die schwarzen, hohen Peeptoes, die dennoch angenehm zu tragen sind. Hängt sich einen Einkaufsbeutel über die Schulter, wirft das Kleingeld und den Zwanzig-Euro-Schein, den sie beim Aufräumen in einer fremden Jeans gefunden hat, ihr Handy und ihren Schlüssel hinein und verlässt mit noch nassen Klamotten die Wohnung. Sie nimmt die beiden großen Müll­säcke in die Hände und läuft vorsichtig die Treppe hinab. Ihr Handy fängt laut an zu klingeln. Genervt lehnt sie die Mülltüten an ihre Beine und schaut nach, wer es ist. Nick. Eine Mülltüte fällt, kippt die Treppenstufe herunter, poltert die Stufen hinab. Das laute Geräusch zerschlagener Flaschen. Sie geht nicht ans Telefon. Mag sich nicht quälen. Rumgestottere, weil sie nicht weiß, was sie zu sagen hat und was er hören mag. Du, ich habe die Wohnung endlich geputzt? Ich hatte doch keinen Orgasmus? Sie schmeißt das Handy zurück in den Beutel, das nervende Klingeln begleitet ihren Abstieg, einen Teil des Mülls muss sie auf dem Treppenabsatz einsammeln. Beim erneuten Anheben reißt die Mülltüte. Alles ist zu laut. Es stinkt. Sie schleift die Mülltüte die letzten Stufen hinter sich her, es poltert, und sie hört auch die restlichen Flaschen kaputt schlagen. Im ersten Stock wohnt die früh gealterte vierzigjährige arbeitslose Nachbarin, sie spürt den Hass unter ihrer Wohnungstür hervorquellen. Tessa sieht in den Spion und blinzelt böse, als sie an der Tür vorbeiläuft. Doch die Tür bleibt geschlossen. Als sie das Haus verlässt, schlagen ihr vierzig Grad, wie ein heißer Föhn, entgegen. Sie ist schockiert. Wüstenszenario inmitten der Großstadt, ohne Palmen, stattdessen nasser Asphalt, der ihre hohen Hacken zu verschlingen droht.
    Der Müll ist weg, und sie bewegt sich im flimmernden Licht dem asiatischen Miniladen entgegen. Eine Flasche Wasser kaufen, keinen Alkohol, sie will nüchtern bleiben. Die widerliche Alte humpelt mit ihrem Hund an ihr vorbei, ihr Einkaufsbeutel ist aus Plastik und stammt bestimmt noch aus DDR-Zeiten. Verdächtig hört man die Flaschen darin klappern. Verschlagen starrt die Alte sie an. Tessa hält den Blick, bis sie aneinander vorbeigegangen sind. Der Hund scheint abgelenkt, zumindest kläfft er nicht.
    Die Wohnung riecht sauber, als sie zurückkommt. Sie legt sich auf ihren Flokati. Ihr Handy klingelt wieder laut und fremd. Charlotte steht auf dem Display. Sie geht ran.

Wenig später sitzen Tessa und Charlotte auf der Terrasse eines Cafés auf der Alten Schönhauser Straße. Die Luft bewegt sich nicht, und alles blendet, die Sonne beißt. Tessa hat ihre Sonnenbrille vergessen. Oder verloren? Krampfhaft versucht sie der Regung entgegenzuwirken, ihr Gesicht zu verziehen, sie mag keine Faltenbildung begünstigen. Es ist so heiß, dass Tessa die Schweißtropfen unter ihrem roséfarbenen Chiffonkleid den Bauch hinunterlaufen. Bevor sie Charlotte diese unangenehme Tatsache mitteilen kann, stellt die Kellnerin ihr das beschlagene, schimmernde Glas auf den Tisch, und leise klacken die zwei Eiswürfel darin. Sie hebt ihren Blick, lächelt die Bedienung, die die leeren Gläser mitnimmt, glücklich an und trinkt genüsslich einen Schluck.
    »Du solltest aufhören, so viel

Weitere Kostenlose Bücher