Tessa
etwas zu hart. Weiterschlafen wäre schön, aber es ist unbequem, und sie ist zu wach und aufgeregt. Frieder öffnet vorsichtig die Augen. Und während sie sich ansehen, rücken sie näher aneinander. Halten sich bald wieder eng umschlungen. Küssen sich, kriegen nicht genug voneinander und machen Liebe, bis der Magen laut und fordernd knurrt. Sie drückt ihn von sich. »Ich habe Hunger.«
»Ich auch.«
»Dann lass uns essen gehen.«
Sie versucht aufzustehen. Er nimmt sie, hält sie fest, umarmt sie und legt sich auf sie. Sie lacht, versucht sich zu befreien. Er kann nicht von ihr lassen. Sie schubst ihn, sie kämpfen, und sie war nie so glücklich. Und sie sucht nach Zeichen, dass er genauso fühlt wie sie. Er liegt über ihr, hält ihre Handgelenke neben ihrem Kopf, und sie sieht ihn an.
»Frieder?«, fragt sie.
»Ja?«
»Hörst du auf jeden scheiß Namen, den man dir gibt?«
»Wenn du es bist.« Er beugt seinen Kopf zu ihr hinunter und gibt ihr einen Kuss auf den Mund, bevor er sich wieder aufrichtet und sie ansieht.
»Ich glaube, ich habe mich verliebt in dich«, sagt Tessa, und ihr Herz schlägt heftig. Sie beißt sich auf die Zunge und kneift ihre Augen zusammen. Sanft küsst er ihre Lippen. Sie öffnet ihre Augen wieder. »Und was sagt deine Frau dazu?«, fragt sie vorsichtig. »Ist es normal für sie, dass du einfach mit einer anderen Frau wegfährst?«
Er überlegt, legt sich auf die Seite neben sie. Zögerlich kommt seine Antwort. »Es ist schlimm, denke ich.«
»Weiß sie es?«
»Nein.«
»Was hast du ihr gesagt, als du weggefahren bist?«
Wieder langes Schweigen. »Nichts.«
»Wie geht das denn?«
»Sie ist selber weggefahren.«
Tessa setzt sich überrascht auf. »Und sie weiß gar nicht, dass du jetzt hier bist?«
»Nein.«
»Sagst du es ihr?«
»Nein.«
»Soll das jetzt eine scheißbeschissene heimliche Affäre werden oder was?«
Wieder diese endlose Pause. »Ich weiß es nicht. Aber ich kann es ihr nicht sagen.«
»Was kannst du ihr nicht sagen?« Sie reißt die Decke zur Seite, rückt weit von ihm fort und setzt sich auf die Bettkante.
Er rückt ihr nach und umarmt sie von hinten.
»Aber was heißt das?« Sie dreht sich zu ihm um. »Was machst du hier mit mir?«
Sein Schweigen. Er lässt sie los, dreht sich zurück auf den Rücken und sieht an die Decke. »Ich bin verheiratet. Ich weiß nicht, wer ich bin ohne sie.«
Sie atmet tief ein und aus. »Ach ja? Und jetzt gehst du zu ihr zurück und, na ja, da war der schlimme Frieder böse, aber jetzt ist alles wieder gut? Wie viele scheißbeschissene Frauen hast du schon so verarscht?«
»Keine. Ich verarsch dich nicht. Ich bin auch verliebt in dich.«
Der Satz, auf den sie gewartet hat, verliert plötzlich seine Bedeutung. Sie sieht ihn leer an. »Was meinst du? Ich versteh dich nicht.« Sie bemerkt plötzlich, wie blau seine Augen sind.
»So etwas ist mir noch nie passiert«, hört sie ihn entfernt sagen. Alles dreht sich, verschwimmt. Ihr ist schlecht. Ihr Blick wandert im Zimmer herum. Die fast leer getrunkene Flasche Wodka auf dem Nachttisch erinnert sie an die kurze Nacht. Da war sie glücklich. Wie schnell sich das ändern kann, denkt sie verwundert.
»Aber wenn du verliebt bist …«, sagt sie, weil sie das alles zu begreifen versucht.
»Ich kann das nicht machen.« Seine Stimme klingt fremd. Und er sieht auch fremd aus.
»Was kannst du nicht machen? Sie verlassen? Was bist du denn für ein fucking Loser?« Sogar die eigene Stimme klingt fremd in ihren Ohren. Sein Gesicht verzieht sich, als würde er Schmerzen empfinden, denkt sie irritiert.
»Was soll ich machen? Ich bin verliebt in dich. Aber bevor du aufgetaucht bist, war ich glücklich in meiner Beziehung. Habe nie jemanden anderen geliebt. War nicht einmal interessiert an einer anderen Frau«, sagt Frieder.
»Bin ich jetzt auch noch schuld oder was? Warum hast du mich dann mitgenommen? Warum hast du mich angerufen? Warum sind wir hier in diesem scheiß polnischen Schloss gelandet?«
»Ich konnte nicht anders. Ich wollte dich sehen. Ein paar Tage mit dir verbringen. Es war falsch. Es tut mir leid.«
»Es tut mir leid? Willst du mich verarschen? Sie muss es doch spüren. Weiß sie, wo du bist? Weiß sie, was du gerade machst? Was habt ihr denn für eine scheiß Ehe, wenn du Zeit hast, mit mir aufzuwachen?«
»Ich weiß, ich verliere euch beide.«
»Aber du musst mich nicht verlieren.«
»Und was dann?«
»Was für eine beschissene Frage! Wir leben
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