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Tessa

Tessa

Titel: Tessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Karlsson
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verdammt weh.«
    Schweigen am anderen Ende der Leitung.
    Vielleicht ist eine Blasenentzündung gar nicht so schlimm, denkt sie beunruhigt. »Kannst du mir Medikamente aus der Apotheke holen? Ich kann mich nicht ­bewegen.«
    »Bestimmte Medikamente?« Seine Stimme klingt ruhig und Tausende von Kilometern entfernt.
    »Nein, ich weiß nicht. Frag den Apotheker. Irgendwas, was schnell hilft.«
    »Ja, das kann ich machen. Bis gleich«, sagt Frieder und legt auf.
    Sie umwickelt sich mit ihrer Decke und legt sich in den Flur, um dort zu warten. Der Schmerz ist kaum auszuhalten. Ein Ziehen und Brennen. Sie fängt leise und verzweifelt an, vor sich hin zu singen, immer der gleiche Refrain.
    Frieders Wangen sind gerötet. Er hat eine kleine Tüte von der Apotheke mit dabei. Er begleitet sie ins Bett und verlässt das Schlafzimmer wieder. Sie hört den Wasserkocher. Er ist in der Küche. Sie schließt die Augen.
    Seine Berührung an ihrem Arm. Sie sieht ihn dankbar an. Mit einem Glas Wasser steht er neben ihr und gibt ihr zwei Tabletten. Sie schluckt brav. Mit dem leeren Glas geht er. Wieder schließt sie die Augen und kämpft mit dem Verlangen, auf die Toilette zu gehen. Sie verliert und steht auf. Das kalte Licht im Bad. Die weißen Fliesen stumpf. Sie beißt sich auf die Lippen. Es brennt beim Pinkeln, sie heult, wenige Tropfen, und die Erleichterung stellt sich nicht ein. Sie spült, sieht sich das Rot in der Kloschüssel klären. Sie legt sich wieder ins Bett. Frieder kommt und reicht ihr den Tee. Sie richtet sich im Bett auf, greift nach der Tasse. Gänsehaut im Gesicht. Er zieht sich seine Hose und seinen Pullover aus und legt sich zu ihr. Sie nippt am heißen, bitteren Tee und verbrennt sich die Zunge.
    Sie drückt sich an ihn, er schiebt die Hand unter ihren Bademantel und streichelt sanft ihren Rücken. Als seine Hände tiefer gleiten, hält sie seine Hand fest und murmelt ein »nein«. Sie ist nicht gewaschen, und alles schmerzt.
    »Kannst du mich einfach weiter streicheln und nur bei mir bleiben?«
    »Ja«, sagt Frieder und küsst sie leicht auf die Stirn.
    »Bleib für immer bei mir, ja?«
    Er stöhnt leise. »Ich weiß nicht, wie das gehen soll.«
    »Du darfst mich nicht verlassen.«
    »Es geht nicht, Tessa, wir können nicht zusammen sein.«
    »Aber warum?«
    »Weil es nicht funktionieren würde.«
    »Dann will ich sterben.«
    »Nein, das willst du nicht«, erwidert Frieder. »Du kriegst das hin.«
    »Und was, wenn ich es nicht hinkriege?« Sie schmiegt sich enger an ihn. »Du musst mich loslassen.«
    »Ich weiß«, erwidert er sanft.
    »Frieder?«, fragt sie.
    »Ja?«
    »Es war schön mit dir.«
    »Was meinst du?«
    »Ach, nichts.«
    Und unter dem Streicheln seiner sanften Hände schläft sie langsam ein.
    Als sie aufwacht, liegt sie alleine im Bett. Frieder ist weg. Dort, wo sein Körper lag, kann sie seine Abwesenheit spüren. Sie streichelt über die leere Stelle. Ein Ziehen im Unterleib erinnert sie an die Blasenentzündung. Es ist dunkel draußen, aber sie hat kein Zeitgefühl. Und will es auch gar nicht wissen. Sie geht auf die Toilette. Erleichterung.
    Am Küchentisch dreht sie sich eine Zigarette. Sie macht sich einen Blasentee, zieht ihre Decke dicht um den Körper und geht auf den Balkon. Tief inhaliert sie den Rauch und versucht alle aufkommenden Gedanken zu streichen. Dumpf schaut sie in den Himmel. Als ihre Beine schwach werden, geht sie zurück in die Wohnung. Legt sich wieder ins Bett. Nicht denken, den Körper nicht spüren, nur träumen will sie, auch wenn nichts Positives in ihren Gedanken erblüht.
    Als sie ein paar Stunden später aufwacht, schleppt sie sich wieder auf die Toilette, ein schwacher Strahl, der Schmerz kaum noch spürbar.

Das fremde Handyklingeln zerreißt die Stille. Tessa schreckt auf. Sie beugt sich zur Lampe, schaltet das Licht ein. Das Handy brummt und zittert auf dem Nachttischchen. Tessa greift sich das Telefon und geht ran. Stumm betet sie, dass es Frieder ist.
    »Hallo?«, fragt sie erwartungsvoll, und ihre Stimme krächzt dabei, weil sie lange nicht mehr gesprochen hat.
    »Tessa?«, erklingt eine heitere Stimme. Es ist nicht Frieder, denkt sie deprimiert, und ihr Blick fällt auf die Kette, die Frieder ihr hingelegt haben muss, bevor er gegangen ist. Es ist vorbei, weiß sie mit Bestimmtheit, und sie muss ein aufkommendes Schluchzen unterdrücken. Ihr Herz zieht sich zusammen.
    »Ja, ich bin’s.« Sie räuspert sich.
    »Uwe hier.«
    »Hi, Uwe«, sagt sie und

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