Tessy 02: Tessy und die Lust des Mörders
gewirkt hatte. Jedenfalls war er locker und entspannt gewesen. Er hat natürlich vorher aufgeräumt, wandte Tessy stumm ein. Der Mann ist nicht blöd. Alles, nur das nicht.
Tessy schloss die Haustür auf und fragte sich, wann Carola Stein bei ihr auf der Matte stehen würde oder aber sie abholen ließ. In einer Stunde? Zwei? Sie setzte sich in ihren Lieblingssessel vor dem Kamin und schloss erschöpft die Augen. Es war früher Nachmittag, aber sie hatte das Gefühl, seit vierundzwanzig Stunden rund um die Uhr im Einsatz zu sein.
Neuntes Kapitel
Die ersten beiden Freier waren in Ordnung gewesen. Ein junger Kerl, der auf dem Bau arbeitete, hatte sich in der Mittagspause etwas Zeitvertreib gewünscht, wofür Honey vollstes Verständnis gezeigt hatte. Er hatte sich in dem billigen Café an der Kurfürstenstraße direkt neben sie an den Tresen gesetzt und mittels unmissverständlichen Gesten darauf hingedeutet, dass sie gemeinsam aufs Klo gehen könnten.
Sie hatte zwei Sekunden gezögert – Ficken auf dem Klo fand sie in der Regel ziemlich übel, aber der Typ hatte fünfzig Euro für zehn Minuten geboten. „Nur Ficken, kein Blasen“, hatte er raunend hinzugefügt, und sie war einverstanden gewesen.
„Ich heiße übrigens Charly.“
„Mich nennen alle Honey.“
Er hatte gegrinst. Wenig später hatte sie sich übers Klo beugen müssen, und Charly hatte ihr seinen Schwanz in die Möse gerammt. Nach zehn Stößen war er gekommen. Wenn’s weiter nichts war …
Der nächste Freier hielt eine halbe Stunde später in einem dicken Benz an der Straße, an der sie sich seit Tagen die Füße abfror und keine guten Geschäfte machte. Er war fett und roch unangenehm, aber er bot einen Hunderter für eine Nummer auf dem Rücksitz – einem beheizten Rücksitz, wie er hinzufügte. Mit Blasen. Das war ein bisschen eklig, aber die Viertelstunde ging schließlich auch um, und ihr war wenigstens warm.
Honey war schon auf dem Rückweg, als ein gut gewachsener großer Mann Ende Dreißig plötzlich neben ihr auftauchte und sie unvermittelt ansprach. „Bist du frei?“, fragte er und fasste sich grinsend in den Schritt.
Der Typ sah gut aus. Eigentlich kein Mann, der es nötig hatte, zu einer Nutte zu gehen, dachte Honey und betrachtete ihn aufmerksam. Er wirkte auch nicht verklemmt oder irgendwie durchgeknallt. Man musste höllisch aufpassen, mit wem man sich einließ. Harmlose Familienväter konnten sich als perverse Spinner entpuppen, wenn sie erstmal so richtig in Gang gekommen waren.
„Heh, du hast es doch nicht nötig, dafür zu bezahlen!“, meinte sie und lächelte.
Er lachte – ein schönes, kraftvolles Lachen, das Honey gefiel.
„Nett von dir, dass du das sagst“, meinte er. „Aber ich gehe gerne auch mal zu einer Nutte. Es gefällt mir zu bezahlen und mir das zu nehmen, wofür ich bezahle, verstehst du? Ein klarer Handel zu klaren Bedingungen. Wenn alles im Leben so einfach wäre, gäb’s weniger Probleme.“
„Klingt gut“, nickte Honey ihm zu. „Was hast du dir so vorgestellt? Im Auto? Ins Hotel?“
Er schüttelte den Kopf. „Können wir nicht zu dir gehen? Das ist garantiert viel gemütlicher.“
Sie zögerte. Sie hatte nur einige auserwählte Freier, zu denen sie echtes Vertrauen hatte und die sie in ihre Wohnung ließ.
„Zweihundert“, fügte er ruhig hinzu. „Eine Stunde.“
Sie überlegte.
„Ich will nichts Großartiges. Einfach nur anständig ficken, möglichst in einem frisch bezogenen Bett. Die Autonummern waren mit achtzehn spannend, und Hotel finde ich öde.“ Er lächelte gewinnend.
Sie lächelte zurück. „Okay, aber nur mit Kondom.“
„Klaro.“ Er nickte. „Wie heißt du eigentlich?“
„Honey. Nenn mich Honey.“
„Okay, Honey. Ich bin Sascha, und ich denke, wir werden uns gut verstehen.“
Zehn Minuten später schloss sie die Tür zu ihrer Wohnung in der Nollendorfstraße auf. Sie wohnte direkt unterm Dach in einer kleinen preiswerten Mansarde. Niemand im Haus kümmerte sich darum, wer wie sein Geld verdiente, und dem Vermieter war es auch egal – Hauptsache, die Miete wurde pünktlich überwiesen.
Honey trat in den Flur und ließ Sascha herein. Dann schloss sie sorgfältig ab. Als sie sich umdrehte, hatte ihr Freier sich verändert. Das Lächeln war verschwunden. Er zog Lederhandschuhe an und ließ sie nicht aus den Augen. Honey schluckte. Vielleicht ein
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