Tessy und das Echo des Todes (Erotischer Krimi) (German Edition)
schoss aus dem Lauf, und es donnerte
wie ein Kanonenschuss. Der eben noch tapsende Alte flog einen Meter durch die
Luft und landete auf dem Bauch. So blieb er in der Mitte des Ganges liegen.
Stille. Selbst die Triebwerke hatten aufgehört zu dröhnen.
Dann begriff Maxi, dass der Knall sein Gehör betäubt hatte. Das Dröhnen kehrte
zurück, dazu ein Klingeln. Passagiere schrien. Ali hob die Waffe über seinen
Kopf. Rauch kräuselte sich von der Mündung hinauf an die Kabinendecke. Das
Schreien und Wimmern wurde weniger, und die Passagiere schauten auf Ali. Ein
bisher unterschwelliges Surren veränderte seinen Klang zu einem Sirren. Die
Klimaanlage saugte Rauch und Geruch des Pistolenschusses aus der Kabine. Zurück
blieb die Angst. 170 Augenpaare verfolgten Ali auf seinem Weg zurück nach vorn.
Die Waffe hielt der Araber über dem Kopf. Mit der freien Hand schob er den
Vorhang beiseite und brüllte Worte zum Cockpit. Die antwortende Stimme des
zweiten Arabers war dumpf zu hören.
"Was meint er mit Dschu ?", flüsterte Maxi.
"Jude", sagte Mergenthal und riskierte einen Blick
auf den Alten, der neben ihm auf dem neuen Velours lag. Die Augen des alten
Mannes schauten leer auf Mergenthals Schuhspitzen. Blut trat unter dem grauen
Bart hervor.
"Er stirbt", sagte eine Frau aus der
gegenüberliegenden Reihe. Sie hatte weißes Haar, das zu einem Knoten hinter dem
Kopf gebunden war.
"Er ist bereits tot", meinte Mergenthal. Der
Flieger legte sich wieder stärker in die Kurve, und das Blut des Alten kroch
dadurch auf Mergenthals Schuhe zu. Mergenthal zog sie nicht zurück.
Ali fuchtelte mit der Pistole. "Poliz!" Unter
seinem Schnauzbart sprudelten weitere Worte hervor.
Die Passagiere duckten sich.
"Jetzt ist er auf der Suche nach Polizisten",
sagte Maxi. Sie kauerten wieder hinter den Rückenlehnen. Ali schritt den
Mittelgang entlang und schaute Reihe für Reihe den Passagieren ins Gesicht.
"Dschuh! Poliz!"
Polizeirat Mergenthal flüsterte. "Er wird mich nicht erkennen!
Scheiße! Manche erkennen Polizisten an ihren Augen oder so." Er fasste
Maxi am Arm. "Sie verraten mich nicht?"
"Ich kann kein Arabisch."
"Stimmt. Das ist von Vorteil."
Maxi sah, dass bei Mergenthal die Haut zwischen Oberlippe
und Nase feucht war. Mergenthal kämpfte darum, die Beherrschung zu behalten.
Wahrscheinlich nützte in so einer Situation die Ausbildung an der
Polizeiführungsakademie in Hiltrup wenig — die Mergenthal bei seinem schnellen
Aufstieg garantiert durchlaufen hatte. Entweder man hatte es oder man hatte es
nicht.
Maxi versetzte es immer noch einen Stich, wenn er daran
dachte, wie er aus der Flugzeugführerausbildung in Schönefeld nach sechs
Monaten entfernt worden war, da er einen Stresstest angeblich nicht
bestanden hatte. Dafür hielt er sich heute ganz gut, fand er. Und dies hier war
das echte Leben und nicht irgendein Test, den sich Psychologen ausgedacht
hatten.
Maxi Wulff sagte zu Mergenthal: "Ich zeige Ali meine
Handschellen, wenn er hier vorbeikommt." Maxi hielt die gefesselten Hände
zwischen den Knien und wackelte, die Kettenglieder klickerten.
"Bist du verrückt, Wulff?! Dann weiß er sofort, dass
der Mann neben dir Polizist ist."
Maxi grinste. "Machst mir die Dinger ab?"
* * *
Montag. Fürchterlich. Peter Heinrichs hatte vier Tage im
Büro vor sich und den Rest von heute. Sechs Tage noch bis zum zweiten Advent.
Vierzehn Tage bis Albert zurückkäme.
Oberinspektor Peter Heinrichs quälte sich aus dem Bürostuhl
und ging zur Fensterbank. Draußen dämmerte es. Der Ficus vor der Fensterbank
verlor Blätter. Sie lagen auf dem Teppich. Heinrichs klappte die Schere aus
seinem Schweizer Taschenmesser und schnitt einen kahlen Zweig ab. Dann goss er
den kleinen Zimmerbaum und überhörte, wie Martha Flossbach eintrat.
"Sie überschwemmen ihn. Sie ersäufen ihr
Bäumchen", sagte sie.
Unsinn. Die Putzfrau hatte den Ficus auf dem Gewissen. Sie
hatte ihn gedreht. Das vertrug er nicht. Der Ficus wollte immer gleich stehen.
Heinrichs hatte keine Lust, es Martha Flossbach zu erklären. Er goss weiter.
Martha Flossbach machte "Pff" und warf Heinrichs
eine Mappe auf den Schreibtisch.
"Sitzungsvorlage von Rutzka", sagte sie.
Heinrichs richtete sich auf und kam sich mit der Gießkanne
in der Hand lächerlich vor. Er stellte sie auf die Fensterbank. "Ich gehe
nicht hin."
"Aber Sie müssen."
"Das Einzige, was ich muss … fünf Jahre hier
absitzen."
"Lassen Sie das nicht den Chef hören."
"Wenn Sie es ihm nicht
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