Teufel in High Heels
Scheißgewerkschaften an den Hals geschmissen haben.« Der Zorn ließ ihre Stimme anschwellen. »Aber offensichtlich heißt es mitgefangen, mitgehangen! Wie üblich! Diese Scheißfirma blutet mich aus! Na jedenfalls kriegen die Assistenten ab jetzt hundert Piepen mehr pro Monat. Legt euch ins Zeug dafür.«
Alle blickten angestrengt auf den Tisch, um nur ja jeden Augenkontakt zu vermeiden.
»Und?«, fragte Vivian. »Was gibt’s diese Woche Wissenswertes? Auf zum Rapport, einer nach dem anderen.«
Das folgende Schauspiel war erschreckend: Ungläubig sah ich zu, wie sich eine Schar gestandener Lektoren der Reihe nach durch ihre Notizen stammelte, ohne ein einziges Mal
den Kopf zu heben. Als ob die gesamte Belegschaft unter Vivians giftigem Blick auf einen Schlag dahingewelkt wäre.
Nur eine Frau - eine äußerst attraktive, sorgfältig geschminkte Blondine mit Adlernase, in einem elegant geschnittenen schwarzen Kostüm - blieb vollkommen gelassen und professionell, als sie Vivian Bericht erstattete. Von den so schlicht wie teuer aussehenden flachen Schuhen bis zu den zartrosa lackierten Fingernägeln war sie die Verkörperung des Begriffs »beherrscht«. Vielleicht ein Stückchen älter als ich, aber nicht viel. Bei Dawns Büroführung und in den Tagen danach war ich ihr noch nicht begegnet. Hoffentlich fand ich in ihr eine geneigte Verbündete.
»Zu guter Letzt konnte ich den Autor überreden, dass die Kosten für den Ghostwriter, den Fotografen und die Pressearbeit alle mit seinem Vorschuss verrechnet werden sollen, obwohl wir uns ursprünglich bereit erklärt hatten, sie zu übernehmen«, schloss die offensichtlich sehr von sich eingenommene Dame.
»Natürlich sollen sie das, Lulu«, murmelte Vivian abwesend vor sich hin. Dann richtete sie den Blick auf mich.
»Claire!«, trötete sie. »Kennen alle Claire schon?«
Die Köpfe ruckten in die Höhe, die Blicke blieben gesenkt.
»Hallo zusammen«, sagte ich munter. »Freu mich riesig, hier -«
»Oh, Vivian, fast hätte ich es vergessen: Universal hat großes Interesse an den Filmrechten für Die Stripperin trägt Nippies «, unterbrach mich die Frau, die offenbar Lulu hieß.
»Erzählen Sie mir das später«, blaffte Vivian. »Sehen Sie nicht, dass Claire gerade etwas sagen wollte?«
Ich berichtete kurz von einigen übernommenen Projekten
sowie von zwei Büchern, die ich sofort einkaufen wollte, und Vivian strahlte mich an, als wäre mir soeben die Kernspaltung gelungen.
»Hut ab, Claire!«, sagte sie beifällig. »Von so viel Initiative können sich alle an dem Tisch hier eine Scheibe abschneiden. Kaum ein paar Tage da, und schon kommt sie mit tollen Büchern daher! So was suche ich … Leute, die ihren Hintern hochkriegen!«
Was sie im Folgenden anschaulich vorführte - einszweifix war sie vom Stuhl hoch und zur Tür hinaus. Dabei war das Meeting keinesfalls beendet, und ich las aus Dawns Miene ab, dass sie etliches mit Vivian zu besprechen gehabt hätte. Immer noch rührte sich niemand vom Fleck.
Als Vivian verschwunden war, kassierte ich einen bitterbösen Blick von Lulu. »Genießen Sie’s, solange es anhält, Claire«, sagte sie spöttisch, mit purem Gift in der Stimme. Ich schnappte unwillkürlich nach Luft.
Niemand schien von uns Notiz zu nehmen. Die übrigen Mitarbeiter von Grant Books trotteten aus dem Konferenzraum, ohne einen Blick in meine Richtung zu werfen.
»Na, wie macht sich’s so bisher?« Phil Stern steckte den Kopf zur Tür herein. Uns trennten schätzungsweise nur fünf oder sechs Jahre, doch die schweren Tränensäcke und der schon jetzt graumelierte, dichte Haarschopf ließen ihn älter wirken.
»Ganz gut, danke«, druckste ich herum. Lulus unerwartete Attacke bei der Lektoratsbesprechung saß mir noch ein bisschen in den Knochen, aber darüber zu reden und die aufgeladene Atmosphäre im Büro damit weiter anzuheizen, war das Letzte, was ich wollte.
»Machen Sie sich keine Gedanken wegen Lulu, okay?«, sagte Phil und ließ sich auf den Stuhl neben meinem Schreibtisch plumpsen. »Sie war eine Zeitlang Vivians Schoßhündchen. Und das hier war eigentlich ihr Büro - zu Vivians brillanten Methoden gehört es nämlich auch, ihre Angestellten ›Bäumchen, wechsle dich‹ spielen zu lassen und sie so glauben zu machen, sie wären höher oder niedriger gestuft. Jedenfalls hat Lulu die Nase nicht mehr vorn. Aber darüber kommt sie schon weg. Sie ist einfach abartig ehrgeizig, das ist alles.«
Ich nickte - zwar immer noch
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