Teufel - Thriller
nichts anderes angenommen, Major Rubinstein versteht ihr Handwerk.«
Shapiro nahm seine Brille ab und begann sie hingebungsvoll zu putzen. Wer ihn so gesehen hätte, wäre nie auf den Gedanken gekommen, einen der wichtigsten Männer des Mossad vor sich zu haben. Er sah eher aus wie ein gemütlicher Familienvater, der sich in das falsche Büro in dem Gebäude gegenüber dem Verteidigungsministerium verirrt hatte, das den Mossad beherbergte. Unter dem karierten Hemd begann sich ein kleiner Bauch abzuzeichnen, seine Haare hatten sich in den letzten zwei Jahren immer mehr gelichtet.
Shapiro schien ihre Gedanken zu erraten. »An den grauen Schläfen haben Sie einen beträchtlichen Anteil«, stellte er trocken fest.
»Irgendwie erinnern Sie mich an meinen kurzsichtigen Onkel Herschel, der zwei Paar Brillen übereinander trug, weil er sich nicht an neue Gläser gewöhnen wollte«, gab Valerie zurück.
Shapiro setzte die Brille wieder auf, stützte sich auf die Ellenbogen und schaute direkt in die Kamera. Goldmann hatte das unangenehme Gefühl, er sah in ihr Inneres.
»Genug der Nettigkeiten«, stellte der Geheimdienstchef fest. »Kommen wir zur Arbeit. Ich habe Sie nicht zum Vergnügen auf dem schnellsten Wege nach Rom fliegen lassen. Der Gedanke an eine Valerie Goldmann in einem tibetischen Gefängnis hatte, so muss ich gestehen, allerdings auch seine Reize.« Er lächelte ironisch.
»Dafür habe ich jetzt Samuel Weinstein an meiner Seite«, erwiderte Valerie, »ich frage mich, was schlimmer ist.«
»Ich wusste doch, Sie würden es zu schätzen wissen«, grinste Shapiro, »never change a winning team!« Dann wurde er ernst. »Zu Ihrem Einsatz. Im Vatikan gab es gestern und heute eine Reihe von seltsamen Ereignissen. Sagen Sie jetzt nicht, das sei nichts Neues, Major. Drei Tote, die alle im Geheimen Vatikanischen Archiv arbeiteten und die innerhalb weniger Stunden sterben, sind ungewöhnlich. Auch die Art, wie sie umgebracht wurden, ist mehr als auffällig. Aber dazu schicke ich Ihnen alle Einzelheiten später schriftlich.«
Shapiro machte eine Pause, so als wolle er Valerie Zeit für eine Frage geben. Aber sie wartete auf die weiteren Ausführungen Shapiros.
»Es gab gestern ein Sechs-Augen-Gespräch in den Privatgemächern des Papstes, an dem neben seinem Sekretär der Heilige Vater und Kardinal Paolo Bertucci teilnahmen. Bertucci ist so etwas wie der persönliche Kurier des Papstes. Er bereitet derzeit eine Reise nach England vor, die der Heilige Vater im September antreten soll. Bei der Besprechung gestern ging es um ein Geheimnis der Kirche, das durch eine Entdeckung in Österreich ans Tageslicht gebracht werden könnte. Mir fehlen noch die Details, aber unsere Agenten arbeiten daran. Die Offenlegung dieses Geheimnisses könnte die gesamte katholische Kirche erschüttern, und uns beiden ist klar, dass das nicht unbedingt in unserem Interesse sein würde. Das katholische Bollwerk gegen den Islamismus schützt indirekt auch den Staat Israel.«
Shapiro nahm einen Stift und ließ ihn um seinen Finger rotieren. »Kurz davor war der vatikanische Geheimdienst Pro Deo beim Papst. Es liegen mir leider keine Informationen über dieses Gespräch vor. Kurz danach gab es drei Tote.«
»Wie stehen wir zu diesem Pro Deo?«, warf Goldmann ein.
»Neutral beobachtend«, antwortete Shapiro vorsichtig. »Es ist ein kleiner, aber schlagkräftiger Geheimdienst, der nur dem Heiligen Vater verantwortlich ist. Aber, ehrlich gesagt, bezweifle ich das manchmal. Vergessen Sie nicht, dass die Kurie im Vatikan eine starke Position hat. Sie überdauert Päpste. Also, wer mischt noch mit in diesem Spiel? Wo liegen die Interessen von Pro Deo? Was versuchen sie durch die drei Exekutionen zu verbergen?«
»Sie glauben, dass der Geheimdienst hinter den Todesfällen steckt?«, bohrte Valerie nach.
»Ohne jeden Zweifel«, antwortete Shapiro. »Der Vatikan ist eine Welt für sich, abgeschottet und leicht zu kontrollieren. Daher für uns auch schwer zu erfassen. Ich möchte deshalb, dass Sie morgen Außenminister Carlo Lamberti im Vatikan besuchen und ihm auf den Zahn fühlen. Bertucci ist in England, sonst hätte ich ihn als Kontakt vorgeschlagen. Aber nehmen Sie sich in Acht, Major. Lamberti ist ein Vollblutdiplomat, mit allen Wassern gewaschen und danach noch mit Teflon gespült. Sie werden sich als israelische Journalistin ausgeben, alle notwendigen Unterlagen liegen in der Botschaft für Sie bereit. Die Pressestelle im Vatikan weiß
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