Teufel - Thriller
und ging suchend in den Nebenraum, in das sogenannte Schreibzimmer. Auf dem kleinen Beistelltisch lag ein rotes, neues Handy, und eine blaue Leuchtdiode blinkte hektisch. »Bitte kümmern Sie sich um meine privaten Anrufe und Mitteilungen«, hatte der Heilige Vater gleich zu Beginn seines Pontifikats zu seinem Sekretär gesagt. »Ich habe keine Geheimnisse, und Sie wissen am besten, wann ich während des Tages die Zeit für Rückrufe habe.«
So fand der langjährige Sekretär Giuseppe auch nichts dabei, auf den »Lesen«-Knopf zu drücken. Es war eine kurze Mitteilung, wenige Zeilen. Was ihn als Erstes stutzig machte, war die Tatsache, dass kein Absender eingetragen war.
Dann begann er zu lesen.
Wenige Augenblicke später stürmte er unter Missachtung jeglicher Konventionen in das Frühstückszimmer des Papstes. Er stammelte: »Es tut mir leid, aber…«, und entschloss sich kurzerhand, einfach das Handy neben den Teller mit dem Marmeladebrötchen zu legen. Der Heilige Vater runzelte wortlos die Stirn und griff nach dem Mobiltelefon.
Der Leiter der Kongregation für die Glaubenslehre war seit der Schaffung der im Volksmund als »Inquisition« bekannten Zentralbehörde der römisch-katholischen Kirche eine gefürchtete Persönlichkeit. Die Liste der Großinquisitoren wies bekannte und berüchtigte Namen auf, die Inquisition selbst blickte auf eine blutige und grausame Vergangenheit zurück.
Die wenigsten wussten, dass es sie noch immer gab.
Seit mehr als sechs Jahren stand ein amerikanischer Kardinal an ihrer Spitze, um die Aufgabe der Behörde mit aller Kraft durchzusetzen: den Schutz der Kirche vor Häresien, vor abweichenden Glaubensvorstellungen.
Kardinal Erzbischof John Frazer, ein stämmiger Kalifornier, war der Präfekt der Kongregation für Glaubenslehre. Er war der rote Papst.
Vor fünfzig Jahren im Vatikan zum Priester geweiht, hatte er im Rahmen seiner Laufbahn lange Zeit in den Vereinigten Staaten gewirkt, war in Großstädten als Priester in den Slums unterwegs gewesen und schließlich in der Hierarchie aufgestiegen, bevor er in den 70er-Jahren wieder nach Rom zurückkehrte. Frazer, ein eher konservativer Kirchenpolitiker, war berüchtigt für seine cholerischen Wutausbrüche und seine Unbeugsamkeit bei der Erfüllung seines Amtes. Er war es auch, der das amerikanische Frühstück mit Steak und Kartoffeln im Vatikan salonfähig gemacht hatte.
So war es nicht verwunderlich, dass der Kardinal etwas unwillig auf sein Mobiltelefon schaute, das ausgerechnet dann summte, als sein Steak frisch auf den Teller kam und verführerisch duftete. Frazer griff nach dem Handy.
Die Nachricht bestand aus wenigen Zeilen.
»Pro Deo ist außer Kontrolle. Drei Morde in einer Nacht, die Blutspur führt direkt in die höchsten Kreise des Vatikans. Die Kirche ist in größter Gefahr. Ein Freund.«
Paolo Bertucci steckte zufrieden sein Handy ein und stieg aus. Er ging rasch hinüber in die Autobahnraststätte, wo an einem Stand nahe der Kasse Mobiltelefone und Zubehör angeboten wurden. Der Kardinal kaufte ein Ladekabel, drei Handys und drei Prepaidkarten. Wie bereits am Tag zuvor, gab er einen falschen Namen und eine nicht existierende Adresse an und zahlte bar. Dann lief er zu seinem kleinen Audi zurück, setzte sich wieder auf den Fahrersitz und verriegelte die Tür. Er kopierte die Telefonnummern von der Karte in ein neues Handy, wie er es gestern gelernt hatte, setzte eine der neuen Karten ein und steckte das Ladekabel an.
Schließlich löschte er alle Daten aus dem ersten Handy, ließ die Karte im Gerät und startete das Auto. Bevor er sich auf die Beschleunigungsspur einreihte, blieb er kurz stehen, öffnete das Fenster und warf das Handy auf den Asphalt.
Dann gab er Gas und rollte mit dem Hinterrad darüber.
Pension Hurikan, Deutschbrod, Ostmähren/ Tschechische Republik
P aul erwachte aus einem tiefen Schlaf und wusste im ersten Moment nicht, wo er war. Es duftete nach Kaffee und warmem Gebäck, nach Spiegeleiern und gebratenen Würstchen. Es muss sich jemand in meine Küche verirrt haben, dachte er, und dem Geruch nach sollte er das öfter machen, egal wer es ist. Doch dann richtete er sich auf, rieb sich die Augen und sah ein gemütlich eingerichtetes Zimmer, ein Bett mit einer groß karierten rot-weißen Bettdecke und einen Fernseher, der seine besten Tage bereits lange hinter sich hatte. Erneut drang Geschirrklappern aus dem Untergeschoss, dazu leises Lachen.
Der Reporter fuhr sich mit der Hand über
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