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Teufel - Thriller

Teufel - Thriller

Titel: Teufel - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer David Weiss
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Dutzend Bahngleisen stehen bleiben musste, sah er in der Ferne einen der bekannten Wiener Würstelstände. Er war gut besucht, stand aber auf der anderen Seite des Bahndamms und damit unerreichbar weit weg.
    Der Kardinal seufzte und wendete den Audi. Hier nützte sein Navigationsgerät nichts mehr, hier war Ortskenntnis gefragt. Aber dazu hätte er erst einmal jemanden finden müssen, den er fragen hätte können. Das einzige Lebewesen, das er sah, war ein Hase, der seelenruhig vor dem Audi über die offene Fläche hoppelte, auf der Dutzende Rollen von Eisendraht gelagert waren.
    Das ist hoffnungslos, sagte sich Bertucci, hier kann ich tagelang unterwegs sein und am Ende in Sichtweite des Würstelstandes verhungern. Er hielt auf eine Gruppe von hohen Bäumen zu, die er bei seiner Ankunft bereits bemerkt hatte. »Hier muss auch wieder die Ausfahrt aus diesem Labyrinth sein«, murmelte er hoffnungsvoll, doch dann musste er sich eingestehen, dass er sich völlig verirrt hatte. Ein Stück geteerter Straße führte zu einem Ziegelbau mit hohen, grünen Toren. Davor stand ein alter Opel Astra mit Wiener Kennzeichen.
    Bertucci parkte den Audi daneben und stieg aus. An einem der Pfeiler konnte der Kardinal eine gemalte, verwitterte Nummer erkennen. Es war die 43. Sollte er am Ende zufällig die richtige Adresse gefunden haben? Er blickte durch die Scheiben der hohen Türen und erkannte einen älteren Mann, der auf einem Sofa saß und las. Die Grundfläche des alten Hauses war ein einzelner, riesiger Raum.
    Der Kardinal ging um die Ecke und suchte nach einer Klingel oder einem Namensschild, doch er fand weder das eine noch das andere. Achselzuckend drückte er die Klinke der schweren Tür nieder und zog sie auf.
    »Hallo!«, rief er. »Können Sie mir helfen?«
    Der Mann vom Sofa war verschwunden.
    »Aber sicher doch«, brummte da eine Stimme hinter ihm, und er hörte, wie eine Pistole entsichert wurde. »Das ist meine Spezialität. Bewegen Sie sich nur einen Zentimeter, und ich verhelfe Ihnen zu einem Treffen mit Ihrem Schöpfer. Gratis.«
Stiftskirche St. Servatius, Quedlinburg, Sachsen-Anhalt/Deutschland
    D ie engen Häuserzeilen lichteten sich, und schroffe Felsen wuchsen aus dem Pflaster eines kleinen Platzes. Die schlanken Renaissancegiebel des Schlosses ragten weit in den blauen Himmel. Weiße Kumuluswolken zogen über den Dächern und den beiden schroffen Türmen von St. Servatius vorbei. Mit einem Mal wirkten die Menschen am Fuße des Schlossberges winzig, die Touristen wie kleine Farbkleckse auf einem kantigen und grotesk verwitterten Stein.
    Auf den Felsen, auf Klappstühlen oder direkt auf dem Pflaster saßen Kunststudenten, ihre Skizzen- und Aquarellblöcke auf den Knien oder auf Feldstaffeleien. Jeder versuchte auf seine Weise, die Atmosphäre Quedlinburgs auf Papier zu bannen.
    Neugierig blieb Barbara immer wieder stehen und lugte den Zeichnern über die Schulter. Georg indes stand regungslos und betrachtete, den Kopf in den Nacken gelegt, das Schloss rund um seine romanische Stiftskirche. Von diesem Gebäude ging noch immer etwas aus, das schlecht in Worte zu fassen war. Es war beeindruckend, es drückte den Betrachter nieder und erhob ihn zugleich.
    Der steile Steig durch die engen Tore auf den Vorplatz der Kirche hinauf war ernüchternd. »Sieht aus wie jede andere touristisch erschlossene Burg«, seufzte Georg desillusioniert. »Erinnert mich an Meißen oder die Wartburg…« Er zuckte mit den Schultern.
    Das Bild von ächzenden Radnaben und dampfenden Rössern beim Anstieg zum Schlosshof verblasste jäh. Statt der Spuren unzähliger Meißel, die dem Berg Weg und Form abgerungen hatten, rückten die wuchtigen Torflügel mit ihren geschmiedeten Angeln in sein Blickfeld, vor denen eine lange Schlange auf die Benutzung der öffentlichen Toiletten wartete. Männer und Frauen in Regenjacken, den Fotoapparat um den Hals, warteten geduldig vor einem weiß gefliesten Vorraum und einem kleinen Tischchen. Darauf stand ein Teller mit 50-Cent-Münzen. In unmittelbarer Nähe pries ein Wirtshaus auf farbigen Tafeln günstige Menüs und den schönsten Stadtblick auf Quedlinburg an.
    »Guten Morgen, Herr Professor«, sagte Sina zu sich selbst. »Tagtraum beendet. Die Erde hat uns wieder. Pack die Geldbörse aus, der Tourismus ist da.«
    Mit seiner romantischen Stimmung fühlte er auch die Hoffnung schwinden, hier auf diesen von Touristenturnschuhen ausgetretenen Pfaden noch irgendetwas zu finden, das noch nicht auf

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