Teufel - Thriller
Schloss schaut Eddy Bogner nur einmal scharf an und es hisst sofort die weiße Fahne. Da genügt ein Pfadfinder mit Taschenmesser.«
»Was soll von hier auch schon groß verschwinden?«, fragte Burghardt niemanden im Besonderen.
»Der Koffer«, antwortete Berner trocken.
»Aber der lag ja schon seit Jahrzehnten da«, gab Burghardt zu bedenken.
Der Kommissar nickte. »Richtig, aber der wurde nach den letzten Ereignissen offenbar für bestimmte Leute im Ort zur Belastung und zu einem kompromittierenden Beweis. Und lange suchen mussten sie ja auch nicht. Das haben wir ihnen vorher bereits abgenommen, bevor du den Koffer dann gut sichtbar auf der Kellerstiege platziert hast, wie ich annehme.«
»Bernhard, wer sollte schon ahnen, dass…«, versuchte Burghardt eine Entschuldigung, bevor ihn Berner unterbrach.
»Du hast mit dem Kauf dieser Ruine in ein Wespennest gestochen, Burgi. Zuerst taucht der Koffer auf, dann kommen die beiden Leichen ans Tageslicht, Reiter bringt sich um, und damit sind alle Wespen aufgescheucht und fliegen nun kopflos herum. Das war Phase eins. Aber wie wir jetzt sehen, haben sie sich bereits formiert und sind zum Gegenangriff gestartet.« Der Kommissar kletterte aus dem Presshaus auf die Straße, die anderen hinterher. »Bevor sie sich besser organisieren können und auch noch die letzten Beweise vernichten, sollten wir eingreifen und die Phase zwei im Ansatz stoppen.«
»Und bei der Gelegenheit auch den Koffer wieder zurückholen«, stellte Burghardt entschieden fest. »Ich hab etwas dagegen, wenn manche Leute glauben, sie könnten bei mir einfach so ein und aus gehen.«
»Wo fangen wir an?«, fragte Paul und schaute die schmale Weinberggasse hinauf und hinunter.
»Erinnerst du dich an den alten Wichtel mit der krächzenden Stimme, der hier gestern urplötzlich in der Tür stand und alles über das Haus wusste?«, brummte Berner und sah Burghardt zu, der umständlich die Türe zum Presshaus abschloss.
»Ja, der sah aus wie einer von den sieben Zwergen, nur ohne Zipfelmütze«, erinnerte sich Burghardt.
»Rote Knollennase, Bäuchlein, listige Augen und Stock?«, erkundigte sich Wagner. »Den hab ich gesehen, wie die Polizei Reiters Leiche abtransportiert hat. Er stand mit großen Augen dabei und trippelte von einem Bein aufs andere.«
»Vom Alter her ein idealer Augenzeuge der letzten Kriegstage«, stellte Berner fest. »Und wer weiß, was er sonst noch so alles zu erzählen hat. Machen wir uns auf die Suche.«
»Kann ich kurz die Erkennungsmarken der beiden toten Soldaten haben?«, fragte Paul den Kommissar und streckte die Hand aus. »Ich mache ein paar Fotos mit dem Handy und schicke sie an einen Bekannten im Kriegsarchiv in Wien. Dann haben wir in ein paar Stunden die Namen und alle Einzelheiten.«
»Und ich werde inzwischen bei meinem Nachbarn anklingeln und versuchen, die Adresse von Schneewittchen und den sieben Zwergen ausfindig zu machen. Hier kennen sich sowieso alle«, entschied Burghardt und verschwand um die Ecke.
Nachdem er Wagner die beiden ovalen Metallmarken in die Hand gedrückt hatte, lehnte Berner sich an die warme Wand des Presshauses und zündete sich eine Zigarette an. Abgesehen von ein paar wenigen vorbeifahrenden Traktoren, deren Lenker ihm freundlich zunickten, war es in dem kleinen Weinbauort mittäglich ruhig. In dem riesigen Fliederbusch auf der anderen Seite der Straße, dessen Blüten einen schweren Duft verströmten, nistete eine Amselfamilie. Der Kommissar konnte die Jungen hören, die laut tschilpend nach mehr Futter verlangten.
Gerade als Wagner dem Kommissar die beiden Erkennungsmarken zurückgab, kam ein großer, dunkelblauer Volvo langsam die schmale Straße herauf. Die vier Insassen warfen einen kurzen Blick auf Paul und den Kommissar und blickten dann wieder starr geradeaus. Der schwere Wagen rollte fast lautlos vorbei und bog nach hundert Metern in Richtung Hauptplatz ab.
»Wiener Kennzeichen«, murmelte Wagner.
»Leihwagen«, brummte Berner. »Der Aufkleber war auf der Heckscheibe.«
Da bog Burghardt um die Ecke. »Machen wir uns auf den Weg! Ich weiß, wo unser wandelndes Ortslexikon wohnt.«
Nur wenige Minuten später standen die drei Männer vor einem niedrigen, grün gestrichenen Bauernhaus, dessen Verputz an vielen Stellen bereits abblätterte. Das hohe, doppelflügelige Holztor mit dem Sonnendekor hing schief in den Angeln, aber die Fenster waren blitzblank geputzt und die Gardinen dahinter überraschend weiß. Wagner drückte auf
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